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Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe

Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe

Titel: Die Saga vom Eisvolk 06 - Das böse Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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Knut ging es so schlecht, daß sie schon Angst hatten, er würde sterben.
    Mattias weinte in den Nächten immer noch viele Stunden lang. Er hatte großes Heimweh nach dem hellen, freundlichen Grästensholm, Lindenallee und all den Lieben daheim. Und er hatte jedesmal eine Todesangst, wenn er in einen engen Stollen kriechen und Erzstücke losbrechen mußte, er fühlte, wie das enorme Gewicht des Berges seinen Rücken aufschürfte, und ihm war, als müsse er ersticken. Er wußte, daß jeden Augenblick ein falscher Steinbrocken herunterbrechen konnte, und dann würde alles ganz schrecklich und furchtbar sein - und schließlich aus und vorbei. Viele Male hatte er sich die Lippen blutig gebissen, um nicht vor Angst und Panik laut zu schreien. Aber der Gedanke daran, eines Tages hier rauszukommen, ließ ihn durchhalten.
    In der Zeit, seit er hier unten war, waren zwei neue Jungen dazugekommen, aus der ärmsten und erbärmlichsten Schicht der Bevölkerung. Beide waren zu ängstlich und ungeschickt gewesen und hatten einen Steinschlag ausgelöst. Niemand verlor noch ein Wort über sie… Ab und zu schoß Wasser in die Grube, wenn die Männer auf eine Wasserader gestoßen waren. Dann hieß es schnell sein, sich auf einen höher gelegenen Vorsprung retten, damit man nicht vom Wasser eingeschlossen wurde. Zwar lag ihre Schlafhöhle mit dem Ofen ziemlich hoch, aber bei solchen Überschwemmungen quoll die Feuchtigkeit immer aus allen Spalten und Ritzen. Es wurde wieder ein wenig wärmer. Sommer, sagten die Männer.
    Knut war fast blind. Bisher hatte er wenigstens im Dunkeln sehen können. Inzwischen konnte er selbst das nicht mehr.
    »Bleib bei mir, Mattias«, sagte er des Abends oft. »Du hast so eine warme Stimme. Und so sanfte Hände.« »Du solltest erstmal seine Augen sehen!« murmelte Kaleb.
    »Kaleb umsorgt dich doch genauso gut«, sagte Matthias zu dem blinden Jungen.
    »Ja, das ist wahr. Danke, lieber Gott, für Kaleb«, flüsterte Knut.
    Eines Tages nahmen Kaleb und Mattias all ihren Mut zusammen und sprachen Hauber an.
    »Knut muß nach oben zurück«, sagten sie. »Er hält nicht länger durch. Und er kann auch nichts mehr sehen.« »Na und? Wozu braucht der hier unten sehen zu können!« schnarrte Hauber.
    »Aber… «
    »Na, das wäre ja noch schöner! Daß der nach oben kommt! An die Arbeit, ihr Faulpelze, oder wollt ihr wieder die Peitsche schmecken!«
    Im Spätherbst geschah ein Unglück. Ein Hauer geriet unter einen herabstürzenden Steinblock.
    Niemand konnte etwas für ihn tun. Es hätte Tage gedauert, den Felsbrocken wegzuschaffen.
    »Kann ich mit dem kleinen Mattias sprechen?« flüsterte der Mann.
    Hauber murrte, aber die anderen holten Mattias. »Bete für mich«, wisperte der Mann. »Bete für meine arme Seele! Und wenn du vor unseren Herrgott trittst, und das wirst du bald müssen, mein Junge, dann bitte um Gnade für mich!«
    Mattias war ein wenig überrascht über die Bitte, aber er faltete die Hände und betete das Vaterunser zusammen mit dem Mann, der kaum noch sprechen konnte. Die anderen standen stumm dabei und sahen zu.
    Mattias schloß: »Und nimm diesen Mann zu Dir, lieber Gott, denn er hat so große Schmerzen, und er hat schwer gearbeitet und war immer freundlich zu uns.« »Amen«, sagten die anderen.
    Als der Mann tot war, schloß Kaleb ihm die Augen. Mattias schluchzte untröstlich an Kalebs Schulter. »Genug!« schnauzte Hauber, und aus irgend einem Grund brüllte er lauter und heftiger als sonst. »An die Arbeit! Wollt ihr hier den ganzen Tag vertrödeln, oder was?«
    Die Jungen vergaßen niemals ihren Großen Plan. Auch wenn sie keine Möglichkeit sahen, ihn in die Tat umzusetzen, phantasierten sie wilder als jemals zuvor über die Freuden, die sie erwarteten, wenn ihnen die Flucht gelingen sollte.
    Obwohl sie eigentlich nicht recht an ihren Plan glaubten, begannen sie mit kleinen, heimlichen Vorbereitungen. Beispielsweise fragten Kaleb und Mattias eines Tages einen der freundlichen Hauer:
    »Wie sieht es eigentlich über uns aus? Das haben wir uns schon oft gefragt. Da, wo der Schornstein rauskommt. Ist das vielleicht mitten in der Stadt Kongsberg?« »Bewahre, nein«, lachte der Mann. »Dieser Schornstein kommt tief im Wald heraus!« »Bei der Grube?«
    »Aber nein! Da ist weit und breit kein Haus in der Nähe!« Das wußten sie also nun.
    Jetzt war es beinahe fest beschlossen, daß sie den Plan durchführen wollten. Aber das verlangte großen Mut. Und sie hatten schreckliche Angst,

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