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Die Saga vom Eisvolk 07 - Das Spukschloß

Die Saga vom Eisvolk 07 - Das Spukschloß

Titel: Die Saga vom Eisvolk 07 - Das Spukschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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schloß die Tür ab. Erst dann machte er Licht. Da war sie. Seine kleine Molly! Ein warmer und starker Beschützerinstinkt ergriff ihn. »Dem Himmel sei Dank, daß du kommst«, sagte er und atmete erleichtert auf. »Ich hab' mir solche Sorgen gemacht.« Er hatte so oft an sie gedacht, daß er sie automatisch mit ›du‹ ansprach. Außerdem war sie ein Dienstmädchen, da war das nur natürlich.
    Aber er betrachtete sie nicht als solches. Sie war seine Molly. Das war genug. Sie wirkte sehr erregt.
    »Zieh' den Mantel aus«, sagte er freundlich. »Hier bist du sicher.«
    »Nein, nein, das schickt sich nicht im Zimmer eines Herren. Ich sollte eigentlich gar nicht hier sein.« »Vergiß die Etikette. Dies ist eine ungewöhnliche Situation.«
    Sie behielt den verschlissenen Mantel jedoch an. Und sie nennt man Dirne, dachte er gerührt. Er führte sie zu dem kleinen Sofa und nahm selbst neben ihr Platz. »Erzähl!« »Ach Herr, ich bin so verzweifelt! Meine Freundin ist weg! Verschwunden!«
    Er sah sie nachdenklich an. »Wo war sie gestern, als wir uns getroffen haben?«
    »Da war sie schon weg. Darum bin ich ja so schnell weggelaufen - um sie zu suchen.« »Du hättest mich um Hilfe bitten sollen.«
    »Aber ich kannte Euch nicht, Herr. Und wir müssen vorsichtig sein.«
    »Du solltest doch im nächsten Kirchspiel Arbeit bekommen.«
    »Das hab ich nur erfunden, verzeiht mir! Nein, wir sind völlig hilflos, meine Freundin und ich. Wir wollten nur weg - und so verschwand sie, und ich bin überall herumgelaufen. Jetzt kann ich mich nur noch an Euch wenden.«
    »Gut, daß du gekommen bist. Sag' mir, warum lauft ihr immer wieder weg?«
    Ihre Augen wurden dunkel. »Das kann ich Euch nicht erzählen.« »Hast du denn kein Vertrauen zu mir?«
    »Das muß ich wohl, wo ich doch hergekommen bin!« »Natürlich. Verzeih mir!«
    Sie war so unglaublich süß. Tancred versuchte, sie nicht so unverwandt anzusehen, aber es rührte sich etwas in seinem Herzen - oder in der Gegend, er war sich nicht ganz sicher. Es tat ihm innerlich weh, so entzückt war er von ihr. Ihr Haar war blond und ganz glatt. Es war deutlich zu sehen, daß sie versucht hatte, alle Tannennadeln und Grashalme zu entfernen. Ihre Augen waren ungewöhnlich ausdrucksvoll, und die Nase zeigte eine sehr feine Form. Nur die Mundwinkel hatte sie jetzt nach unten gezogen, so daß sie wie ein kleines bedrücktes Mädchen wirkte.
    »Nun?« fragte Tancred in einem aufmunternden Ton. »Ja, wir sind gestern nacht davongelaufen. Erst haben wir uns im Stall auf Askinge versteckt, aber ich mußte dann noch einmal zurücklaufen, weil wir kein Geld mitgenommen hatten. Und als ich dann wiederkam… als ich wieder in den Stall kam, war sie nicht mehr da. Ich hab' lange gewartet und ihren Namen geflüstert, aber sie war spurlos verschwunden. Dann, so gegen Morgen, mußte ich den Hof verlassen. Ich dachte, sie sei in den Wald gegangen und hab' dort gesucht. Aber gefunden hab' ich sie nicht.« »Aber mich hast du gefunden«, lächelte Tancred.
    »Ja, Herr«, antwortete sie mit einem scheuen Lächeln. »Und seitdem bin ich auf der Suche. Meistens lag ich still am Waldrand bei Neu-Askinge, dort könnte ich sie wohl noch am ehesten finden. Ich verstehe das nicht!« »Nein, auf Askinge ist sie nicht, da war ich heute. Weißt du, ich wollte mehr über euch wissen.« »Habt Ihr etwas erfahren, Herr?«
    »Nein. Aber willst du nicht ,du‹ zu mir sagen? Ich heiße Tancred, wie du weißt.« Sie nickte, stumm und geniert. »Gut!« sagte er. »Was machen wir jetzt?«
    »Ich weiß nicht. Ich weiß es einfach nicht!« Tancred wartete einen Augenblick.
    »Kannst du nicht erzählen?« fragte er leise. Sie zuckte zusammen. »Nein«, flüsterte sie. Er wartete noch immer. Plötzlich sagte sie: »Ich glaube, sie haben sie gekriegt, Tancred.« »Was sagst du?« »Die haben sie. Glaube ich.« »Was meinst du damit? Sie wohnt doch auf Askinge! Wieso können die sie denn haben?« Molly begann zu weinen.
    »Darum sind wir ja weggelaufen. Weil sie Angst hatte, daß… daß jemand … ihr etwas tun würde.«
    Tancred legte seine Arme um das weinende Mädchen. »Versteh doch«, schluchzte sie, »als ich in den Stall zurückkam, waren da Kampfspuren.«
    »Du lieber Gott«, wisperte er bleich. »Wie lange warst du weg?«
    »Ich mußte erst nach dem Geld suchen. Das dauerte eine Weile - weiß nicht wie lange.«
    »Sag' mal, was wollen die eigentlich von ihr? Und wer ist überhaupt ›die‹?«
    »Das wissen wir nicht.

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