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Die Saga vom Eisvolk 07 - Das Spukschloß

Die Saga vom Eisvolk 07 - Das Spukschloß

Titel: Die Saga vom Eisvolk 07 - Das Spukschloß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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bekam vor Enttäuschung weiche Knie.
    Das Sofa war leer. Die Decke lag schön zusammenlegt wieder auf dem Bett.
    Aber die kleine Mahlzeit hatte sie aufgegessen. Er ging ins Zimmer. Auf dem Tisch lag ein Zettel.
    Lieben lieber Tancred! Wollte Dich nicht kompromittieren, hab' mich rausgeschlichen, bevor jemand aufgewacht ist. Ich habe auch keinen Mut, irgend jemanden zu treffen, hab' vor allen Angst, außer vor Dir, darum verstecke ich mich am Tage. Wenn du mich wiedersehen willst, komme ich zum Waldrand gegenüber dem Gut, wenn die Glocken den Sonntag einläuten. Deine treue Freundin. PS. Danke für das Essen!
    Wenn die Glocken den Sonntag einläuten? Aber das war ja erst am späten Nachmittag! Was sollte er den ganzen Tag machen? Und was machte sie?
    Ziemlich bedrückt kroch er in sein Bett und zog die Bettdecke bis über die Ohren. Hier fühlte er sich jetzt am wohlsten.
    Die Dienstboten kümmerten sich sehr um ihn, brachten gute Ratschläge und warme Getränke, konnten aber nicht verhindern, daß seine Nase rot, blank und geschwollen wurde, und daß es aus rotgeschwollenen Augen in einem bleichen Gesicht nur so lief.
    »Macht was ihr wollt, aber brigt mir kei Spiegel«, stöhnte er. »Ich ka dieses Eled icht seh. Gebt mir Bescheid, we die Sotagsglocke läutet!«
    Sie deuteten seine Sprache richtig und versprachen es. Tancred war sehr schlapp, als er sich am Nachmittag unter dem Geläut der Glocken dem Waldrand näherte. Ihn fröstelte, und er fühlte sich völlig elend. Es war, als hätte er Watte in den Ohren, der Kopf brummte und er hatte das Gefühl, er könne jeden Moment das Gleichgewicht verlieren. Ihm war, als wäre eine Wand zwischen ihm und der Umwelt.
    Und in dem Zustand sollte er Molly treffen!
    Aber er konnte sie nicht im Stich lassen, konnte nicht wegbleiben - das ging wirklich nicht! Wenn Molly nun nicht kam? Er würde vor Sorge sterben!
    Am Waldrand? Das war nun ein sehr dehnbarer Begriff. Irgendwann im Laufe des Tages war einer der Diener gekommen und hatte berichtet, daß Dieter nach ihm gefragt habe. Der Diener hatte geantwortet, daß Herr Tancred erkältet sei und das Bett hüten müsse. Er könne keinen Besuch empfangen. Dieter hatte ihm »gute Besserung« ausrichten lassen und war gegangen. Tancred hatte dem Diener herzlich dafür gedankt.
    Schlapp und elend ließ er sich am Waldrand fallen. Er schnaufte, als hätte er einen Dauerlauf hinter sich. Eine kleine Elfe trippelte zwischen den Bäumen herum. »Tancred«, flüsterte eine Stimme. »Bolly!« jubelte er heiser.
    So tauchte sie direkt vor ihm auf. Einige Büsche verdeckten die beiden für fremde Augen.
    »Bolly, ich seh' etsetzlich aus«, nuschelte er.
    »Aber Tancred, bist du auch erkältet? Ich war schon ganz unglücklich über meine heisere Stimme.«
    »Meine Liebe, und du bußt draußen ib Wald sei! Das geht doch nicht!« rief er erschreckt aus. »Hast du Halsschmerze?«
    »Ja. Alles zu. In der Brust tut es auch weh.« »Oh meine Liebe, du bußt ins Haus!« »Aber wo? Ich traue mich nicht.«
    »Bolly, du bist bezauberd, auch wed du erkältet bist. Ich seh dur biserabel aus.« »Das tust du nicht! Du siehst schick aus.«
    »Dake, beie Liebe. Ich hab dich so lieb. Verzeih, daß ich icht äher kobbe.«
    Sie sahen einander strahlend glücklich tief in die Augen, solange, bis Tancreds Nase wieder zu laufen begann und er sich entschuldigte.
    »Du bußt ach dribbe«, begann er wieder. »Willst du icht doch bit bir ach Hause?«
    Sie sah plötzlich ganz traurig aus, und er fragte sich, warum.
    »Nein, ich kann nicht. Wage nicht, anderen zu vertrauen.«
    »Da kobb id die Rebise! Da ist och ei kleies Zibber, hab ich gesehen.«
    Dazu sagte sie ja, und da es inzwischen schon recht dunkel geworden war, schlichen sie entlang eines Grabens mit Weiden zu beiden Seiten hinunter zum Gut. Tancred ging heimlich mehrere Male vom Haus aus in die Remise, in der er Molly in einem kleinen und ungemütlichen Raum untergebracht hatte. Die Dienstleute standen am Fenster und sahen, wie er Essen und Bettwäsche hinübertrug.
    »Er schwankt ja«, stellte die Haushälterin fest. »Der arme Junge!«
    »Laß ihn nur machen«, sagte der Diener. »Er ist jung und romantisch, und das Mädchen ist wohl obdachlos. Der junge Herr Tancred ist der geborene Ritter. Da geschieht nichts Unpassendes.«
    »Nein, sieh nur, jetzt bleibt er stehen und trocknet sich den Schweiß von den Augen. Er gehört augenblicklich ins Bett.«
    »Ja, du hast recht. Wir müssen die Sache wohl selbst

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