Die Saga vom Eisvolk 07 - Das Spukschloß
er auf den Tisch neben dem Sofa stellte. Danach verließ er das Zimmer.
Im Zimmer nebenan rollte Tancred sich auf der Matratze eines unbezogenen Bettes zusammen. Er fand einen Vorhang, den er sich als Bettdecke auslieh.
Das Einschlafen fiel ihm schwer. Er war viel zu wach und aufgeregt.
Was soll ich nur tun? dachte er mutlos. Die kleine Molly vertraut mir - und ich bin viel zu unerfahren um zu wissen, was ich tun könnte.
Wen kann ich nur um Hilfe bitten? Von wem wage ich zu sagen, daß er mein Freund ist?
Dieter? Nein, er ist genau solch Grünschnabel wie ich. Außerdem will ich ihn nicht in Mollys Nähe haben. Er sieht zu gut aus. Quatsch! Er sieht doch nicht so viel besser aus als die meisten anderen. Trotzdem lasse ich ihn lieber außen vor.
Der Vogt? Nein danke, ein Vogt hat immer die falsche Person in Verdacht und ist erst dann zufrieden, wenn er jemanden hängen kann, egal wen.
Wenn nur Vater hier wäre! Er war immer so sicher, und alle hörten auf ihn.
Und Mutter! Als eine vom Eisvolk könnte sie vielleicht erklären, was er in der letzten Nacht erlebt hatte. Oh, meine wunderbaren Eltern! Euer unreifer Sohn braucht euch jetzt!
Er fühlte sich so verzweifelt, so hilflos. Klein-Molly hatte nur ihn. Und das war nicht gerade viel.
Und das arme Kind Jessica Cross? War sie jetzt in Not? Wenn er sich nur mit dem Vater beraten könnte! Außerdem bekümmerte ihn noch etwas anderes, etwas mehr Prosaisches. Er hatte gerade eine ernsthafte Grippe gehabt, mit allem, was dazu gehörte. Jetzt merkte er, daß es hinten im Hals wieder ganz rauh wurde, und Kopfschmerzen hatte er auch. Die gleichen Symptome wie letztes Mal. Nein, um Gotteswillen, nicht schon wieder! Nicht jetzt! dachte er.
Aber die letzte Nacht, in der er draußen im Wald gelegen hatte, war für seinen von Krankheit geschwächten Körper wohl zuviel gewesen. Molly…
Er durfte doch jetzt keine Erkältung kriegen. Was hielt das Schicksal denn noch alles für ihn bereit?
4. KAPITEL
Zuhause auf Gabrielshus sagte Alexander: »Was ist mir dir, Cecilie? Du hast letzte Nacht überhaupt nicht geschlafen, und jetzt kannst du nicht eine Minute still sitzen.«
Sie antwortete rastlos und irritiert: »Ich weiß es nicht, Alexander. Ich versuche herauszufinden, was in mir vorgeht.« »Wie meinst du das?«
Sie fiel ihm gegenüber in den Stuhl, die Hände völlig mutlos im Schoß.
»Erinnerst du dich daran, daß es mir einmal gelungen ist, Tarjei herbeizurufen, indem ich an ihn dachte?« »Als ich krank war? Ja, ihr habt es mir erzählt.« »Alexander, du hältst mich vielleicht für verrückt. Aber ich fühle einen unheimlichen Drang, zu Tancred zu fahren.
»Aber Cecilie«, lächelte ihr Mann. »Er ist doch erst vor ein paar Tagen abgereist! Du Glucke!«
»Ich weiß. Aber ich bin so unruhig, so etwas habe ich noch nie empfunden. Es ist ja auch so dumm, denn Tancred hat nichts von unserer Empfindlichkeit. Er ist ein nüchterner, klardenkender Junge, genau wie du.« Alexander war ernst geworden. »Aber er ist einer vom Eisvolk. Genauso wie du. Worauf warten wir noch?« »Alexander!« rief sie erleichtert aus. »Bedeutet das, daß ich fahren kann?«
Er hatte sich erhoben. »Wir reiten gleich los, alle beide. Ich habe den größten Respekt vor der Intuition des Eisvolkes.«
Cecilie legte die Arme um ihn und lehnte sich ganz still an seine Schulter. »Danke, Liebster«, flüsterte sie. »Und wenn sich alles als falscher Alarm erweist…?« »Um so besser! Und ein Ausflug nach Jütland wird uns auch gut tun. Wir werden nur träge, wenn wir immer zu Hause herumsitzen.«
Tancred träumte von der Hexe Salina. Es war ein schrecklicher Traum…
Er erwachte zu einer äußert unbehaglichen Wirklichkeit. Sein Hals war trocken und zusammengeschnürt, und er begann zu husten, da er während seines unruhigen Schlafes auf dem Rücken gelegen hatte. Er setzte sich auf und schnappte nach Luft. Jetzt wurde es erst richtig ungemütlich. Er nieste, und die Nase lief und lief, so daß seine Oberlippe schon ganz wund war. Der Hals schmerzte, und er fühlte sich elend und am ganzen Körper zerschlagen.
Als der Husten endlich abgeklungen war, fiel ihm wieder ein, warum er in diesem Zimmer lag. Sein Herz klopfte unregelmäßig.
Molly! Und er in einem so elenden Zustand!
Mutlos und jämmerlich zog er sich an und klopfte an die Tür zu seinem eigenen Zimmer. Keine Antwort.
Er putzte sich die Nase mit einem bereits völlig nassen Taschentuch und öffnete vorsichtig die Tür - und
Weitere Kostenlose Bücher