Die Saga vom Eisvolk 07 - Das Spukschloß
geht es dir? Ich bin hier, weil ich das starke Gefühl hatte, daß du uns rufst. Hast du das? Durch Gedankenübertragung meine ich?« Tancred wurde stumm.
»Ja«, sagte er zum Schluß matt und ängstlich, »das habe ich wohl getan.«
»Oje, oje«, murmelte Alexander. »Meint ihr…«, stammelte der Sohn. »Bin ich einer der Auserwählten des Eisvolkes?«
»Möge uns der Himmel davor bewahren!« rief Cecilie aus. »Nein, ich habe gewisse telepathische Anlagen, und du und ich können wohl miteinander in Kontakt kommen. Warst du denn in Not?« »Das sind wir«, sagte er eifrig. »Wir?«
»Molly und ich. Molly ist auch erkältet. Sie liegt im anderen Zimmer. Alles ist sehr ehrbar, Vater, ich habe nichts getan, was Ihr nicht gutheißen würdet.« »Das glauben wir auch nicht.«
»Ich habe sie noch nicht einmal geküßt. Das wäre auch nicht gegangen, da hätte ich keine Luft mehr gekriegt, dicht wie meine Nase ist«, lachte er verlegen. »Du hast uns doch wohl nicht gerufen, weil ihr erkältet seid?« fragte Cecilie.
»Nein, nein, die Erkältung ist gar nichts. Nur so verdammt lästig. Nein, es sind so viele schreckliche Dinge passiert. Und wir sind so hilflos. Jessica ist irgendwo in diesem schrecklichen Geisterwald, und sie hat nur uns, und wir liegen hier!«
»Also, jetzt wollen wir das mal etwas organisieren«, sagte Alexander resolut. »Wo ist das Mädchen? Molly, meine ich, denn anscheinend gibt es in dieser Geschichte mehrere.«
Nach einer Weile saßen beide Kranken in einer Decke eingewickelt in Tante Ursulas schönem Salon. Die Neuankömmlinge hatte etwas Warmes zu trinken bekommen und forderten die jungen Leute auf, zu erzählen.
»Also, auf Askinge gehen mystische Dinge vor sich«, begann Tancred.
»Was ist Askinge?« fragte Alexander streng. »Erkläre jetzt alles ordentlich!«
Nachdem er endlich die ganze Geschichte über Holzensterns und die verschwundene Jessica Cross aus ihnen herausbekommen hatte, war er alles andere als zufrieden.
»Das wirkt alles nur wie die halbe Wahrheit«, sagte er. »Was verschweigst du, Molly?«
Das Mädchen senkte den Kopf. »Es tut mir leid, aber mehr darf ich nicht sagen.«
Alexander sah sie eine Weile forschend an und fragte dann: »Warum habt ihr denn nicht um Hilfe gebeten? Der Vogt hätte sich doch darum kümmern müssen.« »Zu Vögten habe ich kein Vertrauen«, antwortete Tancred.
»Nein, das kann schon sein«, bestätigte sein Vater.
Cecilie sagte mit warmer Stimme: »Du hast also versucht, mit uns Verbindung aufzunehmen, weil ihr das Problem nicht selber lösen könnt?«
»Oh, da war noch mehr, Mutter«, sagte Tancred eifrig und vergaß völlig, daß er das gar nicht erzählen wollte. »In der ersten Nacht hier habe ich etwas Schreckliches erlebt. Etwas völlig Unbegreifliches! Hinterher hatte ich Todesangst!« »Erklär!«
Tancred erzählte von seinem ersten Treffen mit Molly, von den Leuten auf dem Fest, die von ihr und Jessica Cross gesprochen hatten, und wie er in der Nacht hinausgegangen war, um die zwei Mädchen zu suchen. Und wie er dann in dem makabren Gespensterwald gelandet war - und die Burgruine gesehen hatte. Er berichtete von der Begegnung mit der unglaublichen Hexe - übersprang allerdings ihre Nacktheit und augenscheinlichen Absichten…, von den furchteinflößenden Erscheinungen im Traum und von seinem Erwachen am Waldrand. Von dem jungen Dieter, der gesagt hatte, daß es eine solche Ruine nicht gäbe, aber daß er wohl Alt-Askinge und die Hexe Salina gesehen habe. Er erzählte von seinem Besuch auf Neu-Askinge, bei dem Holzenstern bestätigt hatte, daß von dem alten Schloß nichts übrig war. Von der Hexe Salina, so, wie ein Historiker sie beschrieben hatte…
Das alles floß aus Tancred in einem ununterbrochenen Wortschwall heraus, ohne Pause.
Molly starrte ihn die ganze Zeit mit großen Augen an. Sie versuchte hier und da ein Wort einzuflechten, ohne daß es ihr gelang.
Alexander war böse. »Wie hast du dich dieser Sache eigentlich angenommen, Junge? Als erstes hättest du ja wohl diesen Historiker aufsuchen sollen.«
»Verzeihung«, sagte Molly mit zitternder Stimme. »Hier gibt es keinen Historiker, das kann ich beschwören. Nur gewöhnliche Bauern. Und den Pastor, aber der kümmert sich nicht um solche Dinge.«
»Was?« rief Tancred aus. »Aber Holzenstern hat doch gesagt…«
»Das ist ja interessant«, sagte Alexander und lehnte sich zurück.
Molly hatte rote Flecken auf dem Wangen. »Warum hast du mir das nicht
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