Die Saga vom Eisvolk 07 - Das Spukschloß
prachtvolle Räubergeschichte! Davon kann nichts bewiesen werden.«
»Oh doch! Wir haben die Erklärung des jungen Tancreds. Und Jessicas…« »Jessicas?« Der Graf erwachte.
»Ja, sie ist in Sicherheit. Außer Reichweite Eurer schmutzigen Hände und der Mordlust Eurer Ehefrau. Und wir haben das Geständnis des Kutschers. Er hat sich gerade im Wald erhängt.«
»Die Aussage eines toten Mannes? Welchen Wert hat die?«
»Wir haben ihn abgeschnitten. Er lebt und ist bereit, den Mord an Molly zu bezeugen. Ich glaube, Euer Mann möchte auch gerne aussagen. Es gibt noch vieles, was gegen Euch verwendet werden kann. Wie zum Beispiel, daß das große Bett auf Alt-Askinge in kleine Stücke zersägt war. Das war nur notwendig, weil eine Frau es allein in den Keller tragen wollte. Ihr kommt uns nicht davon, Gräfin Holzenstern.«
Tancred dachte an die Worte seiner Tante. Daß es in der Familie von Stellas Großmutter viel schlechtes Blut geben.
Ja, beide Töchter waren aus schlechtem Holz. Der Graf war auch nicht viel besser. Stella kam nicht gerade aus einer guten Familie.
Möge es ihr gut ergehen, dachte er in einem Anfall von Mitleid.
Plötzlich hob die Gräfin den Kopf. »Das war es wert!« rief sie trotzig und fuhr mit bissiger Stimme fort: »Mein Gott, das war es wert! Endlich die jämmerliche Jessica zu schlagen, von der wir so abhängig waren! Es macht nichts, daß es statt dessen Molly war, denn die Dirne verdiente es genauso. Und dem Luder in der Burg das Messer hineinzujagen… Eine herrliche Erlösung, die ich im ganzen Körper gespürt habe! Das war es wert. Alles!«
Nun, dableibt nicht viel, dachte Alexander unangenehm berührt. Der Henker wird sich der Gräfin annehmen. Und der Graf? Er wird für seinen Ehebruch und die versuchte Vergewaltigung wohl bestraft werden - aber sein Leben wird er nicht verlieren. Tortur und Schande, vielleicht eine Zeit im Zuchthaus, vielleicht auch nicht. Dann ist er wieder frei, und Jessica muß vielleicht weitere liebenshungrige Angriffe von ihm ertragen.
Das darf nicht geschehen, dachte Alexander, ich muß mit Cecilie sprechen!
Und Cecilie hatte wie immer das Herz auf dem richtigen Fleck. Sie nahm das Mädchen mit nach Seeland. Sie fuhr mit ihr schon voraus, damit sie die Unannehmlichkeiten der Gerichtsverhandlung und Urteile nicht zu erleben brauchte. Sie besorgten einen neuen Verwalter für Stella, die solange auf Neu-Askinge bleiben konnte, bis Jessica bereit war, es zu übernehmen. Jetzt wollte sie nur weit weg. Dem Grafen wurde verboten, sich auf Askinge zu zeigen.
Cecilie verschaffte Jessica eine gute Stellung als Kindermädchen bei Leonora Christina. Besonders die zweijährige Eleonora Sofia Ulfeldt brauchte eine Pflegerin, denn sie war oft krank. Wenn die Eltern in den Niederlanden waren, fühlte das Kind sich immer so ängstlich. Jessica und sie verstanden sich sofort. Alexander und sein Sohn Tancred blieben in Jütland, bis alles erledigt war. Dann ritten auch sie heim.
Auf dem Schiff über den Großen Belt fragte Alexander: »Na, hast du Jessica ihren ›Verrat‹ verziehen?« »Verrat?« sagte Tancred langsam. »Wenn Vater ihren Mangel an Vertrauen meint, dann muß ich sagen, daß es mich so tief gekränkt hat, daß ich sie nicht mehr wiedersehen möchte.«
»Die Gefahr besteht wohl auch nicht. Mutter wollte etwas für sie weit weg von Gabrielshus finden.« »Das ist gut. Sie weiß ja auch gar nicht wo wir wohnen, ich habe ihr nämlich nie erzählt, wer ich bin, und daß wir ein Schloß haben. Ich wollte, daß sie mich um meiner selbst willen liebt und nicht wegen meines Namens.« Alexander starrte seinen Sohn eine Weile wortlos an. Sie standen an der Reling und sahen die Küste Seelands näherkommen. Die Schultern des Jungen wurden von starken Händen umfaßt.
»Jetzt hör mal zu, Tancred«, sagte der Vater weiß vor Wut, wie der Junge es noch nie gesehen hatte. »Hör gut zu, du kleiner selbstgefälliger Richter! Hörst du nicht, was du selber sagst? Du hast Jessica nicht erzählt, wer du bist. Aber das war ganz in Ordnung, obwohl du kaum einen Grund hattest, sie anzulügen. Sie hatte Todesangst, und hat zu ihrer eigenen Verteidigung über ihren Namen geschwiegen. Und das war in deinen Augen eine Todsünde.«
Alexander schob ihn von sich. »Pfui, Tancred, jetzt bin ich aber von dir enttäuscht und möchte nicht mehr mit dir sprechen.« Tancred stand allein da.
»Mein Gott, was habe ich getan?« rief er reuig, »Vater, Vater! Ich muß sie wiedersehen
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