Die Saga vom Eisvolk 08 - Die Henkerstochter
sprechen?«
»Und mir, wenn ich bitten darf, sagte der Vogt. »Gern. Mit Herrn Andreas auch. Können wir nach nebenan gehen?« Im Nebenzimmer angekommen, sagte sie:
»Ich muß an das dort in der Waldkate heran. Es ist kein Ding, versteht Ihr, nichts was direkt zu dem Schuldigen führen würde. Aber wenn ich da rankäme und es mit dem zusammenbringen könnte, was mir vorschwebt, dann würde ich alles herausfinden. Hört sich das sehr verzwickt an?«
»Ja«, sagte Kaleb. »Aber ich verstehe, was du meinst.« »Ich finde, das hört sich an wie der reine Papperlapapp«, brummte der Vogt. »Wir können doch auch ohne dich da hinaufgehen.«
»Nein, genau das könnt Ihr nicht, das habe ich doch gerade eben erklärt. Aber ich dachte, wenn alle aus der Gemeinde wissen, daß ich heute abend dorthin gehe, dann können wir den Schuldigen fangen.«
»Gütiger Gott, Hilde, du kannst doch nicht den Lockvogel spielen!«
»Doch. Ich habe mir gedacht, wenn Ihr entlang des Weges auf der Lauer liegt…«
»Nein!« sagte Andreas entschieden. »Das ist viel zu riskant! Und Mattias würde es nie im Leben erlauben.« »Mattias erfährt davon nichts.«
»Doch, das muß er«, sagte der Vogt. »Denn er ist einer der am meisten Verdächtigen, und wenn wir es schaffen, daß er uns in die Falle geht… «
»Ach haltet doch den Mund!« sagte Andreas, der diesen sturen Bock von Vogt gründlich satt hatte. »Mattias kann keiner Fliege etwas zuleide tun. Hilde, rein theoretisch ist dein Vorschlag ganz ausgezeichnet. Aber wir haben nicht genug Leute, um das ganze Gebiet im Auge zu behalten, wenn alle verdächtig sind.«
»Ich kann meine Männer holen«, sagte der Vogt eilig. »Ich bin einverstanden, die Verhaftung von Herrn Tarald bis zum Abend auszusetzen, wenn Hilde den Lockvogel macht.«
»Nein, nein, nein!« sagte Kaleb. »Mattias wird es uns nie verzeihen, wenn ihr etwas zustößt.«
»Aber all diese ungeheuerlichen Verdächtigungen müssen endlich aufhören«, sagte Hilde. »Ich gebe zu, daß der Gedanke mir ganz schreckliche Angst macht, besonders das mit dem Werwolf, aber wir können es nicht bei Tage tun. Dazu ist der Weg zu überschaubar. Aber in der Dunkelheit… wenn Ihr Leute in den Roggenfeldern und im Wald und an unserem kleinen Hof aufstellt. Aber es müssen viele sein! Ach, so viele gibt es gar nicht!« »Ich bekomme wohl zehn Mann aus der Nachbargemeinde zusammen«, sagte der Vogt. »Wenn Ihr beide… und Herr Brand und Herr Are…«
»Großvater nicht«, sagte Andreas schnell. »Er ist zu alt. Aber Jesper?«
»Nein, wo denkst du hin?« sagte Kaleb. »Der macht sich doch vor Angst in die Hosen. Aber den Pastor können wir fragen, er kann sich nicht weigern.«
»Und den Totengräber«, sagte Hilde. »Ja, dann reicht es vielleicht.«
Plötzlich wurde ihnen allen bewußt, daß sie tatsächlich dabei waren, einen Plan für die Vollmondnacht zu schmieden.
Sie sahen einander ziemlich erschrocken an. Hilde zitterte von Kopf bis Fuß.
»Wir stehen dicht an dicht, Hilde«, versprach Andreas. »Keine Maus wird da durchschlüpfen.«
Das war eine beruhigende Vorstellung. Aber der Vogt machte sie schnell zunichte.
»Das geht nicht. So dunkel ist die Nacht nicht.« »Nein, da habt Ihr recht. Wir sollten wohl bewaffnet sein?«
»Natürlich«, sagte der Vogt. »Hauptsache, wir haben keine schießfreudigen Männer dabei, denen der Finger am Abzug juckt, wenn einer von uns sich im Gebüsch rührt.« »Wir werden sie schärfstens ermahnen.«
»Ich übernehme die Wache bei der Waldkate«, sagte Andreas. »Das ist vermutlich die gefährlichste Stelle.«
»Vielen Dank«, flüsterte Hilde erleichtert. »Ach, daß ausgerechnet mir das einfallen mußte!«
»Hast du es dir anders überlegt?« sagte Andreas schnell. »Anders überlegt? Ich will Mattias und seinen Vater von den Verdächtigungen befreien. Alles andere ist unwesentlich.«
Kaleb sagte nachdenklich: »Wir könnten jemand anderes als Hilde schicken. Ich bin sicher zu groß, aber Mattias…« »Ausgeschlossen«, sagte der Vogt. »Erstens steht er selbst unter Verdacht, und zweitens wollte Hilde ja dort hinauf und den Beweis finden, war es nicht so?« »Doch, ja, natürlich«, sagte sie hastig.
Um ein Haar hätte sie verraten, daß es gar keinen Beweis gab.
»Dann nehmen meine Männer und ich den Wald«, entschied der Vogt. »Da müssen wir eine dichte Kette bilden.«
Kaleb nickte. »Ich lege mich in den Roggen. Das kann Brand auch tun. Aber wir brauchen noch mehrere dort.
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