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Die Saga vom Eisvolk 08 - Die Henkerstochter

Die Saga vom Eisvolk 08 - Die Henkerstochter

Titel: Die Saga vom Eisvolk 08 - Die Henkerstochter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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kann, ich brauche das Gefühl, geliebt zu werden, all das geben zu können, was unerweckt in mir liegt und wartet. Ich will nicht behaupten, daß es Liebe ist, was ich fühle, denn sie ist mir noch fremd, aber ich habe nur eine einzige große Sehnsucht, und die ist, bei dir sein zu dürfen. Vergib mir meine Schamlosigkeit, aber es ist so. Was ist Liebe? Ist es genug, jemanden grenzenlos gern zu haben und diesen Menschen auf eine Weise zu brauchen, über die man nicht sprechen darf? Ich weiß es nicht, ich bin mir nicht sicher.
    Das war ein ganz schrecklicher Brief, den sie da aus der Hand geben wollte, aber morgen würde er allein einer furchtbaren Anschuldigung gegenüberstehen. Er brauchte sie jetzt. Brauchte das Gefühl, daß sie an seine Unschuld glaubte.
    Sie kritzelte Deine guteste Freundin Hilde darunter mit dem unbestimmten Gefühl, daß dieser Ausdruck nicht ganz korrekt war, aber jetzt war keine Zeit, noch etwas daran zu ändern. Er hatte ohnehin schon viel zu lange warten müssen.
    Aber ein P.S. mußte sie noch hinzufügen. Alles was ich möchte ist, daß du als mein treuer Freund meine Sehnsucht verstehst. Daß du weißt, wieviel du mir bedeutest. Du hast einmal von dem Feuer gesprochen, das in mir brennt. Du hattest vollkommen recht. Ich schäme mich zwar schrecklich, aber nun sollst du den Brief so bekommen, wie er ist.
    Sie eilte mit dem zusammengerollten Brief nach draußen. Er wartete immer noch, stand geduldig neben seinem Pferd.
    »Hier, nimm, bevor ich es bereue«, sagte sie atemlos. »Und lies ihn erst, wenn du zu Hause bist! Es wird dir sicher schreckliche Mühe bereiten, denn er ist voller Fehler und durchgestrichener Stellen und wohl ganz unleserlich, aber ich wollte dich nicht allzu lange warten lassen… «
    Er lächelte. »Dann kommt er also direkt vom Herzen? Ohne Verschönerungen?« »Da kannst du ganz sicher sein!« »Hilde, du weinst ja!«
    Das war ihr gar nicht bewußt, und sie konnte nicht sagen, warum. Wahrscheinlich vor Kummer über sein Schicksal, vermischt mit Resignation und Müdigkeit nach all den schlimmen Ereignissen, die die ganze Zeit um sie herum passierten. »Es ist nichts. Beeil dich jetzt!«
    Dann lief sie so schnell sie konnte ins Haus und verriegelte die Tür hinter sich.
    Aber drinnen blieb sie gleich dahinter stehen und hörte, wie er vom Hof galoppierte, daß die Pferdehufe nur so auf der Erde dröhnten.
    Habe ich jetzt das Richtige getan? dachte sie. Habe ich nicht Liebe mit Mitleid verwechselt?
    Es war, wie sie geschrieben hatte: Sie konnte ihre Gefühle für Mattias nicht erklären. Weil er ein Mann war, den sie bewundern und respektieren konnte, bei dem sie sich geborgen fühlte. Sie liebte seine seelischen Eigenschaften, das wußte sie. Aber ihn als Person? Er war nicht wie Andreas von einer solchen Männlichkeit, die sie unwiderstehlich anzog.
    Und trotzdem hatte sie Mattias um Hilfe gebeten, sie aus dem Gefängnis der Leidenschaft zu befreien, die sie nach all den Jahren der Unterdrückung zu ersticken drohte. Sie hatte ihn gebeten, ihn und niemand anderen.
    Weil sie wußte, daß er anständig und verständnisvoll war und so viel menschliche Erbärmlichkeit gesehen hatte? Oder weil sie wußte, daß er sie nicht auslachen würde? Oder weil sie ihn wirklich liebhatte?
    Oder… war es doch Liebe von ihrer Seite? Sie wußte es nicht.
    »Gott hilf mir, ich weiß nicht, ob das Liebe ist«, flüsterte sie. »Wenn ja, was habe ich dann für Andreas empfunden? Dieses Fiebern danach, ihn zu sehen. Und daß dann auf einmal alles Fieber erlosch, als ich begriff, daß seine Gedanken bei einer anderen waren. Lag das nur daran, daß ich einen solchen Mangel an männlichen Bekanntschaften hatte und am Anfang einfach nur blind herumtastete? War es wirklich nichts anderes als ein brennendes Fieber im Körper?«
    In dem Fall waren die Gefühle, die sie jetzt für Mattias hegte, unendlich viel tiefer. Wenn sie es nur wüßte! »Gott im Himmel«, wisperte sie. »Nichts auf der Welt wünsche ich mir weniger, als Mattias zu verletzen!«

9. KAPITEL
    Am nächsten Tag zur Mittagszeit wurden sie nach Grästensholm gerufen - nicht unerwartet. Nachdem die anderen gegangen waren, mußte Hilde noch eine Weile daheim bleiben, um den Kindern beim Essen zu helfen und ein wenig an Jonas' Bett zu sitzen. Dem Jungen ging es bedeutet besser, obwohl die Masern nun voll ausgebrochen waren. Doch Tengels Wundermedizin schien ihre Wirkung zu tun.
    Aber dann überließ sie alles den Dienstmägden und

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