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Die Saga vom Eisvolk 09 - Der Einsame

Die Saga vom Eisvolk 09 - Der Einsame

Titel: Die Saga vom Eisvolk 09 - Der Einsame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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wollten, viele waren es, sie riefen und schrien dicht an seinen Ohren, aber sein Schrei war stärker, ein Hundewelpe heulte irgendwo vor lauter Schreck, er wurde an Armen und Beinen gebunden, fühlte Tränen über die Wange laufen, schmachvolle Tränen, konnte sie jedoch nicht zurückhalten.
    »Nicht den Hund wegnehmen«, heulte er. »Nicht den Hund! Er braucht mich. Er braucht mich.« Dann wurde es still.
    Auf seinem Bett saß der Feldscher, ein barscher, rauhbeiniger Mann, der nie darauf hereinfiel, wenn ein Soldat ihm etwas vormachen wollte. Aber hier war es ernst, das konnte er deutlich sehen.
    »Nun, Mikael? Hast du dich beruhigt? Was ist denn los?« Mikaels Stimme war noch nicht wieder ganz da, er flüsterte nur. »Vier Jahre. Seit weit mehr als vier Jahren bin ich jetzt draußen, in einem Leben, das ich von Anfang an gehaßt habe. Ich kann nicht mehr.« Dazu sagte der Feldscher nichts. »Wodurch wurde das hier denn ausgelöst?« »Wo ist mein Hund?«
    »Der hat den Boden verschmiert, da haben die Männer ihn rausgeworfen.«
    Panik war wieder im Anmarsch. Wenn die nun… er versuchte sich zu erheben. »Bring' ihn her! Aber sofort!« Diese nervöse Angst überzeugte den Feldscher. Seufzend erhob er sich.
    Ein Mann brachte den jämmerlichen kleinen Hund zurück. Mikael bat ihn, das Tier ans Fußende zu legen. Der Feldscher setzte sich wieder. »Jetzt erzähl mal!«
    Mikael fühlte, wie der Hund sich mit einem Gefühl der Sicherheit behaglich an seine Knie kuschelte. Das beruhigte ihn. »Es ist etwas passiert… « begann er zögernd. »Dort auf dem Gut. So unsinnig und unglaublich, daß ich es gar nicht erzählen kann, ohne Gefahr zu laufen, ausgelacht zu werden. Aber da wohnen Leute. Wir müssen auch dort hin und ein paar Verbrecher festnehmen, die versucht haben, den Besitzer zu ermorden. Ich hab's versprochen.«
    Der Feldscher glaubte ihm noch nicht so ganz. »Aber wir verlassen diesen Ort jetzt. Meinst du nicht, daß die sich da selbst um alles kümmern können?«
    »Doch«, meinte Mikael nach einer Denkpause. Er war so müde, niedergeschlagen und verwirrt, daß er kaum richtig sprechen konnte. »Aber jemand muß Bescheid sagen. Ich hab versprochen daß …«
    »Ist in Ordnung, wir müssen sowieso Bescheid sagen, daß die Russen im Anmarsch sind.« »Macht das. Am besten gleich!«
    Der Feldscher erhob sich, kam aber schnell zurück. »Ich habe den Befehl gegeben«, beruhigte er ihn. »Aber was machen wir mit dir, Mikael? Du bist jetzt nicht in der Lage, viele Meilen zu reiten.«
    Ein panischer Schrecken ergriff ihn. Verlassen? Hier - in dem Dorf unter dem rufenden Himmelszelt? Mit jemandem, der ihn hinter seinen Rücken verfolgte? Mit Birgitte, die ihn mit Empörung, Abscheu und Scham erfüllte? Auf ewig in diesem verfluchten Dorf bleiben, er, der als einziger wußte, warum es so war?
    »Doch, ich kann reiten«, sagte er heiser. »Laßt mich nicht an diesem Ort der Hölle zurück. Ich kann mitreiten, ich bin jetzt ganz ruhig.« Der Feldscher sah sehr skeptisch drein.
    »In deinem Fall möchte ich wohl behaupten, daß vier Jahre zu viel sind. Es gibt Söldner, die sind schon zwanzig Jahre nicht mehr zu Hause gewesen, aber das ist etwas anderes. Du bist kein geborener Soldat! Du bist etwas ganz anderes, weiß Gott. Von dir hat die Armee nicht mehr viel Nutzen, glaube ich. Wir werden sehen, daß wir dich nach Hause schicken.« »Kein Feldzug in Polen?« »Für dich nicht, nein.«
    Mikael sank zurück. »Danke Allmächtiger!«
    »So, so, der Allmächtige bin ich also auch«, lächelte der Feldscher bitter. »Die Männer nennen mich sonst bei einem ganz anderen Namen, wenn ich ihnen im Fleisch herumschneide.«
    Er rief zwei Soldaten herbei. »Bindet den Mann hier los. Die Krise ist vorbei.«
    Tagelang ritten sie nach Westen. Für den Hund hatte Mikael einen kleinen Korb gemacht, damit er ihn mit aufs Pferd nehmen konnte. Seine ganze Zeit widmete er dem kleinen Kerlchen, isolierte sich völlig von seiner Umwelt, und die anderen ließen ihn gewähren. Einen Sonderling nannten sie ihn deswegen, wenn sie unter sich waren. Aber da irrten sie sich. Schließlich hatte der Hund ihn davor bewahrt, die Grenze der Normalität zu überschreiten.
    Der Feldscher gab ihm Salben für das Tier, und so langsam aber sicher erholte sich der Kleine. Das Ohr eiterte nicht mehr, die Wunden begannen zu heilen, und das Tierchen bekam wieder lebenslustige Augen. Den großen, klumpigen Pfoten nach zu urteilen, würde er wohl ziemlich groß

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