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Die Saga vom Eisvolk 09 - Der Einsame

Die Saga vom Eisvolk 09 - Der Einsame

Titel: Die Saga vom Eisvolk 09 - Der Einsame Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Margit Sandemo
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langsam weiter und setzte sich überall fest. Aber noch war es so unbedeutend, daß Mikael kaum etwas von seiner Existenz ahnte.
    In der Nähe von Königsberg trennte Mikael sich von der Truppe, die weiter nach Südosten ritt. Nachdem König Karl Gustav mit seinen Soldaten Warschau eingenommen hatte, waren sie weiter nach Krakau gezogen und hatten dort die unermeßlichen Schätze von Kirche und Schloß geplündert.
    Für die Schweden bedeuteten die Russen noch keine Gefahr. Aber in Polen sammelte man sich zum Widerstand.
    Und das Land hatte unerschöpfliche Reserven an Soldaten: Die ganze Ukraine gehörte zu Polen. Von dort kam jetzt ein Sturm von Kosaken und Tataren, die sich unter das Kommando der polnischen Adligen stellten. Karl X. Gustav kam zu der Einsicht, daß eine Eroberung des Landes schwieriger werden würde, als er angenommen hatte.
    Mikael ging das alles nichts an. Er lebte hinter einer schützenden Mauer. Daß sein Pflegevater Gabriel Oxenstierna sich jetzt in Südpolen befand, und daß Marca Christiana bei ihm war, ahnte er ebenfalls nicht. Er interessierte sich nur für seinen kleinen Hund.
    Mit tiefliegenden, brennenden Augen, die ihn todmüde aussehen ließen, kam er nach Königsberg, wo ein Schiff zum Abtransport schwedischer Verwundeter bereitlag. Man wartete noch auf weitere.
    Nach einer anstrengenden Auseinandersetzung gelang es ihm, auch den Hund mit an Bord zu schaffen (das kostete ihn sein bestes Hemd und alle seine Waffen), und mit unendlicher Erleichterung merkte er zwei Wochen später, daß das Schiff Anker lichtete und Polen verließ. Für ihn war der Krieg zu Ende.
    Hoffte er jedenfalls. Inzwischen hatte der Frühling seinen Einzug gehalten und das Eis entlang der Ostseestrände aufgetaut.
    Die Überfahrt dauerte ihre Zeit, und es wurde immer wärmer. Schiffe kreuzten ihren Weg, ohne daß Mikael ahnte, daß eines davon mit einer traurigen Botschaft auf dem Weg zu Marca Christiana und ihrem Mann war. Die zwei jüngsten Söhne waren an den Masern gestorben. Man hatte sie in der Riddarholmskirche begraben und ihre Wappen in der Fasterna Kirche bei Mörby aufgestellt. Jetzt gab es nur noch den ältesten Sohn. Als Marca Christiana die Botschaft erhielt, war es zur Heimreise zu spät, Sie erwartete wieder ein Kind. Gabriel Oxenstierna sorgte dafür, daß sie bei Verwandten im preußischen Marienburg unterkam. Dort verbrachte sie die Wartezeit in abgrundtiefer Trauer, verzweifelt darüber, daß sie nicht zu ihrem einzigen Sohn reisen konnte, in panischer Angst, daß auch ihm etwas passieren könnte, bevor sie wieder zu Hause war.
    Mikael wußte nichts von Marca Christianas Tragödie, als er 1656 an einem frühsommerlichen Tag Anettes Haus in der Nähe von Schloß Mörby erreichte. Mit klopfendem Herzen ging er den Gartenweg hinauf. Seine Schritten waren langsam, sein Geist erfüllt von Unlust.
    Der Hund, inzwischen schon recht groß, sprang schnüffelnd herum, ein Auge auf Mikael gerichtet, damit ihm sein geliebtes Herrchen nicht verloren ging. Mehrere Monate hatten die beiden Freud und Leid geteilt, gemeinsam den Spott und die Schimpfworte an Bord ertragen und hatten zu Fuß und zu Pferd Schweden durchquert. Manchmal hungerten sie, aber Mikael hatte stets mit dem Hund geteilt, egal wie wenig er hatte.
    Es war ein schönes Haus, das frühere Jagdschloß, aber etwas anderes hätte Marca Christiana auch nicht für sie ausgesucht. Aus der Sicht der Adligen war es nur klein, aber gewöhnliche Leute würden es als fürstlich bezeichnen.
    Das ist nicht mein Zuhause, dachte er. Ich kenne es nicht einmal. Auch die Frau kenne ich nicht oder… das Kind, das hier wohnt. Die wollen mich gar nicht. Hier bin ich nicht willkommen.
    Mit einem tiefen Seufzer ging er die Treppe hinauf und klopfte an. Ihm wurde von einem Dienstmädchen geöffnet, das erschrocken aufschrie, als er seinen Namen nannte.
    Vor fast fünf Jahren, als er in den Krieg gezogen war, war er ein gerade siebzehnjähriger Jüngling gewesen. Was jetzt sein eigenes aber unbekanntes Haus betrat, war ein Mann. Anette kam herbeigeeilt. Sie starrte ihn an. Er kam völlig unerwartet, und sie dankte dem Himmel, daß der französische Vicomte sie gestern besucht hatte und nicht heute. Nicht, daß zwischen ihnen etwas wäre, aber man hätte die Situation leicht mißverstehen können.
    Es war ihr völlig entfallen, daß ihr Mann so groß war, so fesch! Mikael hatte einen gepflegten Bart, der ihm gut stand. Er war kräftiger, sicherer geworden - und

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