Die Saga vom Eisvolk 10 - Wintersturm
Suche nach Villemo.«
»Letzte Woche war er auf Elistrand. Er hatte gehört, dass sich eine starke Gruppe auf einen Hof bei Romerike konzentriert«, sagte Kaleb.
»Das klingt zwar bedrückend, aber es ist weit weg von uns«, meinte Brand erleichtert.
»Er sagte noch, dass sie einen Anführer hätten, der aus altem norwegischen Adel stamme.«
»Nein«, sinnierte Brand, »das kann ich mir nicht vorstellen, in Romerike gibt es keinen Amtmann.« Er wüsste es sicher.
»Vielleicht hat der Anführer dort Freunde oder Vertraute.«
»Wie heißt der Hof?«
»Ich weiß es nicht«, sagte Kaleb.
Auf jeden Fall war es für Kaleb ein schwerer Schlag, dass seine Tochter in diese gefährliche Auseinandersetzung geraten konnte.
»Wäre Villemo daheim, dann wäre die ganze Freiheitsbewegung für mich erledigt. Aber so ist es möglich, dass sie mitten in diesem Hexenkessel steckt.«
»Wir wissen es nicht, vielleicht ist sie gar nicht dabei«, sagte Brand tröstend.
»Dass Eldar ein Mitglied der Aufrührer ist, wissen wir genau, und ich mag nicht daran denken, dass Villemo mit diesem gewissenlosen Schuft zusammen ist. Was soll das werden, Gott sei uns gnädig!«
10. Kapitel
Villemo stolperte todmüde in ihr Bett, nachdem das Fest vorbei war. Trotzdem wachte sie nach einer Weile auf. Sie verstand klar, weshalb, denn sie hörte die gedämpften Hilferufe, die sie schon ein paar Mal gehört hatte. Sie ging zur Luke und öffnete sie, da sie dachte, dass die Rufe aus dem Keller kamen. Es war eine helle Nacht mit Vollmond, im Mondschein sah sie die lange Prozession weit draußen auf den Äckern. Die Notrufe kamen nicht von dort draußen, auch nicht aus dem Keller, wo die anderen untergebracht waren. Die kamen von einem anderen Haus. Sie konnte es von ihrem Zimmer aus nicht sehen und zögerte noch einen Moment. Dann kleidete sie sich warm an und schlich sich aus dem Haus. Sie hoffte, dass die Hilferufe nicht die Bauersleute aufwecken würden. Es wäre nicht gut, wenn sie um diese Zeit hier draußen überrascht würde. Sie glaubte nicht, dass die fetten Alten etwas hören konnten, ihr Zimmer lag auf der anderen Seite des Hauses. Es war ein hoffnungsloses Jammern, das aus einem der kleinen Häuser drang, die oberhalb des Bauernhauses lagen. Aus verständlichen Gründen hatte sie eine Lampe und Zündhölzer mitgenommen. Hurtig lief sie durch die kühle Nacht zu der Gruppe von keinen Häusern. Wir bekommen Schnee, dachte sie, der Sonnenuntergang gestern war brandrot und der Wind blies ziemlich scharf, alles Anzeichen für einen Sturm. Mit Verwunderung stellte sie fest, dass es in den Dezember ging. Sie hatte sich fast immer im Haus aufgehalten, niemals in der Küche, sie hatte gesehen, dass Fleisch ins Haus getragen wurde, das Schlachten musste in aller Stille stattgefunden haben. Vielleicht in der Nacht? Da war sie in jedem Fall dankbar. Villemo war wie Silje, ihr Herz schlug für die Tierwelt, sie hatte so manches von Silje und - das wusste sie noch nicht - von Sol. Bei dem Gedanken an Dominic bekam sie Sehnsucht, sie erinnerte sich an seine Ironie ihr gegenüber, an seine Arroganz und seine Überlegenheit. Sie stand nun zwischen den Hütten, alles war still. Der Hof schlief nach einem hektischen Fest. Die Knechte und Mägde waren entweder draußen auf den Äckern oder schliefen, hoffte sie. Eldar konnte sie nicht erwischen. Sie fühlte sich einsam und verlassen. Sie wartete unruhig, und ihr wurde kalt. Dann hörte sie es wieder - einen bitteren, klagenden Laut aus Hilflosigkeit, ganz nahe bei ihr. Es war ein sehr kleines Haus, sie musste eine Steintreppe nach unten gehen, um an die Tür zu kommen, nur ein Kind oder ein Zwerg konnte aufrecht stehen. Natürlich war sie abgeschlossen. Als Villemo das Schloss mit ihren Fingern suchte, verstummten die Rufe. Eine entsetzliche Stille war im Haus. Villemo stand und überlegte. Rein muss ich, das ist klar, aber wie? Es war eine schwere Tür, und sie war nicht übermäßig stark. Ein Sturmangriff würde ihrer Schulter nicht gut bekommen. Mit ein bisschen Kenntnis der Gepflogenheiten auf einem kannst du dich verlassen.
Hier scheint ein Teil zu fehlen – Villemo trifft in diesem Haus jedenfalls auf Kristine, die dort gefesselt und angebunden ist.
»Ich kann dich nicht mehr besuchen«, sagte Villemo, »das ist zu gefährlich für uns beide, ich werde es den Menschen erzählen, und die werden dich retten.«
Kristines Hand, hängend in den Riemen, lag wie eine Klaue um Villemos Arm.
»Und
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