Die Saga von Thale 01 - Elfenfeuer
drei Sommern warten wir auf dieses Ereignis. Wenn Ihr Recht behaltet und es im Frühling tatsächlich eintreten wird, bedeutet das, dass wir nur noch weniger als drei Mondläufe Zeit haben, das Ungeborene zu finden«, rechnete er nach. »Das ist nicht viel und wir dürfen keine Frau übersehen. Die Gefahr, dass sich Anthorks Prophezeiung erfüllt, ist zu groß.«
Der Sternendeuter legte seine rechte Hand auf die Brust und senkte unterwürfig sein Haupt. »Tarek, mein Gebieter, erlaubt mir, Euch darauf hinzuweisen, dass wir in den vergangenen Mondläufen immer weniger Meldungen über die betreffenden Frauen erhalten«, sagte er vorsichtig. »Es scheint sich inzwischen herumgesprochen zu haben, was mit den verbotenen Kindern geschieht. Unsere Berichte deuten darauf hin, dass einige der Frauen ihren Zustand verheimlichen und ihre Kinder im Verborgenen gebären. Und es gibt vermehrt Hinweise darauf, dass sie dabei Unterstützung erhalten.«
Tareks nachtblauer Umhang bauschte sich und fegte einige Pergamente vom nahen Schreibpult, als er sich mit einer ungehaltenen Bewegung zu seinem Sternendeuter umdrehte. »Dies alles ist mir wohl bekannt, Nahfarel. Doch von nun an muss sich das ändern!« Aufgebracht schlug er mit seiner Faust so hart auf das Schreibpult des Astronomen, dass Feder und Tintenfass einen Satz machten und zu Boden fielen. Dort hinterließen sie einen großen dunklen See und verteilten gleichzeitig eine Vielzahl hässlicher, schwarzer Flecke auf Möbelstücken und Pergamenten. Hastig trat der Sternendeuter einige Schritte vor und bückte sich, um seine wertvollen Aufzeichnungen zu retten und Schlimmeres zu verhindern.
Tarek selbst war so aufgebracht, dass er dem Missgeschick keinerlei Beachtung schenkte. Seine wichtigste Aufgabe war es, von nun an zu verhindern, dass in der Nacht der Zwillingsmondfinsternis ein Kind geboren wurde. Er durfte nicht versagen. Zu viel stand für ihn auf dem Spiel. Tarek hatte den Posten des obersten Kriegsherrn erst vor kurzem und gegen den Willen des Sequesters erhalten. Und der oberste Richter An-Rukhbars war längst nicht der Einzige, der ihn für zu jung und zu unerfahren für diese Aufgabe hielt. Aber jetzt bot sich Tarek endlich die Gelegenheit, seinen Gegnern zu beweisen, dass er eher als jeder andere in der Lage war, die Rückkehr der verbannten Göttin zu verhindern und die Macht An-Rukhbars zu sichern.
Mit einer leichten Bewegung zog er eine versiegelte Schriftrolle aus seinem Umhang hervor. »Geht sofort zu Asco-Bahrran«, befahl er dem Sternendeuter. Die Zeit drängte und er würde sein Ziel niemals ohne die Unterstützung des Meistermagiers von Nimrod erreichen können. »Auch wenn Ihr ihn dafür wecken müsst. Berichtet ihm von Eurer Entdeckung und richtet ihm aus, dass er bis morgen Mittag alle Vorbereitungen dafür treffen muss, um einen seiner Traumflüsterer zu beschwören.« Er reichte dem Sternendeuter die Schriftrolle. »Hier findet der Meistermagier meine genauen Anweisungen. Und richtet ihm aus, dass ich in dieser Sache keine Verzögerung dulde.«
Nahfarel wog die Schriftrolle nachdenklich in der Hand, machte jedoch keine Anstalten, den Raum zu verlassen.
»Worauf wartet Ihr noch?«, fragte der oberste Kriegsherr ungehalten.
»Ein Flüsterer wird für seine Dienste einen hohen Lohn verlangen, mein Gebieter«, wagte der Sternendeuter vorsichtig einzuwenden. »Was gedenkt Ihr ihm als Bezahlung anzubieten?«
Diese Frage war durchaus berechtigt. Auch Tarek wusste, dass Traumflüsterer ihre Dimension nur dann verließen, wenn ihre Belohnung interessant genug war. Er überlegte und ließ sich mit seiner Antwort ein wenig Zeit. Meist gaben sich solche Kreaturen damit zufrieden, einige der Gefangenen aus der Festungsstadt mit in ihre eigene Welt zu nehmen. Doch Tarek hatte bereits eine Belohnung gefunden, die den Traumflüsterer dazu bringen würde, seine Aufgabe besonders sorgfältig auszuführen. »Sagt Asco-Bahrran, er kann dem Flüsterer alle ungeborenen Kinder versprechen, die er findet«, antwortete Tarek mit unbewegter Miene. »Nur das eine, welches das Mal der Zwillingsmonde trägt, muss hier bleiben, damit es dem Erhabenen übergeben werden kann.«
Nahfarel war mit dieser Art von Lohn offensichtlich nicht einverstanden, doch er lächelte gezwungen und verbeugte sich noch einmal, um dem Blick des obersten Kriegsherrn auszuweichen. »Ich bin sicher, bei einer solch großzügigen Bezahlung wird jeder Flüsterer sofort mit seiner Arbeit beginnen
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