Die Saga von Thale 01 - Elfenfeuer
ersten Mal verzweifelte sie fast daran, wie sich die Dinge entwickelten. Ein Quarlin in der Zwischenwelt. Sie selbst schwer verletzt und an einen Ort gebunden, an dem man ihre Hilfe nicht annehmen wollte. Seufzend legte sie sich zurück und schloss die Augen.
Rojana deutete Naemys Schweigen als Zeichen der Erschöpfung und verließ leise den Raum. Doch die Nebelelfe war nicht müde. Ihre Gedanken kreisten um Sunnivah und die anderen, die den Weg zum Himmelsturm jetzt ohne sie antreten mussten.
Nun, dann muss ich eben versuchen, sie von hier aus zu unterstützen, dachte Naemy bitter und öffnete ihren Geist, um die Gedankenverbindung zu Sunnivah herzustellen. Das Rauschen und Knistern, das sie daraufhin empfing, war ihr nicht ganz unbekannt. Doch im Gegensatz zu den Geräuschen, die ihre Verbindung zu Sunnivah in den Stollen unter der Festung gestört hatten, war der Lärm diesmal unerträglich laut und Naemy musste ihren Versuch, Sunnivah zu erreichen, sofort abbrechen.
4
Sunnivah, Fayola und Vhait lenkten ihre Pferde langsam durch das lockere Unterholz des lichten Laubwaldes, durch den sie nun schon seit dem Morgengrauen ritten. Die Sonne hatte sich früh hinter den dicken Wolken verborgen, die am Morgen heraufgezogen waren, und Regen lag in der Luft.
Sunnivah war missmutig. Regen war das Letzte, was sie jetzt brauchen konnten. Ebenso wie ihre Gefährten war sie müde und erschöpft und schaffte es kaum noch, die Augen offen zu halten. Die ganze Nacht hatten sie ohne Schlaf auskommen müssen und ihr Körper forderte nun nachdrücklich sein Recht auf Ruhe ein. Doch an eine Rast war nicht zu denken. Sie mussten Nimrod so schnell wie möglich hinter sich lassen, denn die Gefahr, entdeckt zu werden, war hier besonders groß. Mehrmals hatten sie auf ihrem Weg Krieger gesehen, die sich entweder auf Patrouille befanden oder ihr Lager neben einer Straßensperre errichtet hatten.
Bisher schien das Glück jedoch auf ihrer Seite zu sein. Mehrfach war es ihnen gelungen, sich unbemerkt an den Kriegern vorbeizuschleichen, auch wenn sie dafür oft einen gewaltigen Umweg hatten in Kauf nehmen müssen. Sunnivah fragte sich, wie lange das wohl noch gut ging. Ein rascher Blick auf ihre Begleiter zeigte, dass auch Vhait und Fayola völlig erschöpft waren und sich nur noch mühsam auf den Pferden hielten. Sunnivah ließ ihr Pferd anhalten und wartete, bis Vhait zu ihr aufgeschlossen hatte. »Wir müssen dringend rasten und schlafen«, sagte sie leise und unterdrückte ein Gähnen. »Ich kann meine Augen kaum noch offen halten.« Vhait schüttelte den Kopf. »Hier nicht! Es ist zu gefährlich!«, erklärte er. »Der Wald bietet uns keine Deckung.« Er deutete voraus, »Sieh selbst, wie weit man sehen kann. Außerdem wimmelt es hier geradezu von Kriegern. Ich bin auch todmüde, aber hier können wir wirklich nicht rasten.«
Am frühen Nachmittag begann es zu regnen. Zunächst waren es nur wenige Tropfen, die den Weg durch das dichte Blattwerk der Bäume bis zum Boden schafften. Doch dann wurde der Regen immer stärker und schließlich machte es keinen Unterschied mehr, ob sie durch den Wald oder über freies Feld ritten. Auf den Blättern der Bäume, die den Regen zunächst fern gehalten hatten, sammelte sich das Regenwasser nun zu großen Tropfen, die schwer zu Boden fielen und die Gefährten schon bald völlig durchnässten.
»Ein Goldstück für eine Herberge.« Vergeblich strich sich Fayola mit den Händen das Wasser aus dem Gesicht. »Wir werden uns den Tod holen, wenn wir noch lange durch den Regen reiten.«
Sunnivah dachte das Gleiche. Unter ihrem dünnen durchweichten Umhang fror sie entsetzlich und wünschte, Naemy hätte auch daran gedacht, für alle Regenumhänge zu besorgen. Der einzige Vorteil, den der Regen hat, ist, dass jetzt keine Patrouillen unterwegs sind, dachte sie mürrisch, während sie spürte, wie ihr das Wasser in einem dünnen Rinnsal den Rücken hinunterlief. »So können wir nicht weiter, Vhait«, sagte sie. »Wir brauchen dringend ein Dach über dem Kopf, damit wir unsere Sachen trocknen können. Gibt es in dieser Gegend nicht irgendeine Hütte, in der wir warten können, bis der Regen aufhört?«
»Eine Hütte nicht…« Vhait überlegte kurz. »Aber an der Straße nach Daran gibt es einen Gasthof, der den Eltern eines Kameraden gehört. Dort hinzugehen ist aber nicht ganz ungefährlich. Der Gasthof wird häufig von Kriegern besucht. Sicher weiß der Wirt schon, dass ich gesucht
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