Die Saga von Thale 01 - Elfenfeuer
bisher noch nicht erreicht hat. Sonst hätte er dich sicher entdeckt. Die einzige Möglichkeit, die wir haben, ist, vor ihm zu fliehen.« Sie sah Ilahja fest in die Augen. »Du musst das Dorf so schnell wie möglich verlassen, Ilahja«, sagte sie beschwörend. »Das ist unsere einzige Hoffnung.« Ilahja war entsetzt und brachte kein Wort heraus. »Ich habe lange darüber nachgedacht. Willst du meinen Plan hören?«, fragte Tassea.
Ilahja nickte stumm. Dass sie das Dorf für eine Weile verlassen musste, damit sie ihre Tochter unbemerkt zur Welt bringen konnte, hatte sie gewusst, doch nun ging alles so schnell.
»… werde darüber mit deiner Pflegemutter sprechen…« Ilahja hatte die ersten Worte der Heilerin nicht mitbekommen, wagte aber nicht nachzufragen, denn Tassea sprach bereits weiter und schien auch nicht zu bemerken, dass Ilahja ihr nicht zugehört hatte.
»… Auch sie wird annehmen, dass du Xara und meine Ziegen auf die Weiden in den Bergen begleitest und den Sommer dort mit ihnen verbringst. So wird sich niemand darüber wundern, dass du länger fort bist.«
Ilahja wünschte, sie könnte Tasseas Zuversicht teilen. Doch das wollte ihr nicht gelingen. Verbissen blickte sie zu Boden und rang mit ihren Gefühlen. »Was habe ich vorher noch zu tun?«, presste sie hervor und versuchte die Tränen zurückzuhalten, die in ihren Augen brannten.
»Ich werde dich jetzt nach Hause begleiten und mit Tha-Ury sprechen«, erklärte Tassea. »Du wirst in dieser Zeit alles zusammenpacken, was du für die Reise benötigst. Und danach werden wir hierher zurückkehren.«
»Aber Ihr sagtet doch, dass wir erst übermorgen aufbrechen«, rief Ilahja erschrocken aus. Nun ging ihr doch alles viel zu schnell.
»Ilahja! Wir dürfen von nun an kein Risiko mehr eingehen«, mahnte die Heilerin. »Jederzeit kann der Traumflüsterer unser Dorf erreichen. Bei Tha-Ury wärst du ihm schutzlos ausgeliefert. In meinem Haus kann ich zumindest versuchen, uns vor ihm zu schützen.« Tassea sah, wie Ilahja bei ihren Worten die Stirn runzelte. »Ja, du hast richtig gehört«, sagte sie. »Auch ich befinde mich in großer Gefahr. Ich kenne dein Geheimnis und der Traumflüsterer könnte aus meinen Gedanken alles über dich erfahren. Deshalb müssen wir beide schon bald das Dorf verlassen.«
Ilahja war noch immer nicht mit dem überstürzten Aufbruch einverstanden, doch tief in ihrem Innern wusste sie, dass Tassea Recht hatte.
Tha-Ury war zunächst strikt dagegen, ihre Pflegetochter gehen zu lassen. Doch es gelang der Heilerin, sie davon zu überzeugen, dass ein Sommer in den Bergen für Ilahjas Gesundheit sehr wichtig sei, und versicherte ihr, dass sie danach gesund heimkehren würde. So erhielt Ilahja schließlich doch die Erlaubnis für ihre Reise. In der Zwischenzeit hatte sie die wenigen Sachen zusammengesucht, von denen sie glaubte, sie auf ihrer Reise zu benötigten. Dazu kamen dann noch all die Dinge, von denen Tha-Ury behauptete, dass man sie in den Bergen unbedingt brauchte. Als endlich alles gepackt war, begann es draußen zu dämmern und Tassea drängte zum Aufbruch.
Im Haus der Heilerin angekommen, beobachtete Ilahja, wie Tassea ein dickes Bündel halb getrockneter Kräuter über die Flamme einer Kerze hielt. Gierig griffen die Flammen nach den langen Halmen und setzten sie in Brand.
»Du solltest dich jetzt besser hinlegen«, riet die Heilerin und deutete auf Ilahjas Lager. Dann erstickte sie die Flammen an dem Kräuterbündel mithilfe einer tönernen Schale und hielt Ilahja die schwelenden Halme entgegen.
»Atme den Rauch tief ein«, erklärte sie. »Er wird deine Gedanken in einen dichten Nebel hüllen und sie vor Eindringlingen verbergen.«
Ilahja tat, wie ihr geheißen, und zog den Rauch tief in ihre Lungen. Der beißende Geruch der verbrannten Kräuter ließ sie husten und ihr wurde schwindelig. Trotzdem atmete sie so lange weiter, bis Tassea erklärte, dass es genug sei.
»Schlaf jetzt«, sagte Tassea und Ilahja tastete benommen nach ihrer Decke. Aufatmend wickelte sie sich darin ein, schloss die Augen und war augenblicklich eingeschlafen.
Sie schlief tief und traumlos und erwachte am nächsten Morgen so ausgeruht wie schon lange nicht mehr.
Umständlich erhob sie sich und sah sich um. Tassea war bereits aufgestanden. Ihr Lager war verlassen, aber die Tür in den Garten stand einen Spalt offen und Ilahja hörte, wie die Heilerin draußen leise mit Xara sprach. Mit wiegendem Schritt machte sie sich auf den Weg in den
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