Die Saga von Thale 01 - Elfenfeuer
Garten, um die beiden Frauen zu begrüßen. Der Morgen war wolkenverhangen, aber ein Blick zum Himmel sagte ihr, dass sich die hohe, dünne Wolkendecke schon bald auflösen würde. Spätestens am Nachmittag würde die Sonne wieder ungehindert scheinen.
In einem abgelegenen Teil der gewaltigen Festungsanlage von Nimrod hallten an diesem Morgen die gequälten Schreie einer Frau durch die menschenleeren Gänge.
Selbst die beiden Wachen, die der Sequestor an dem einzigen Zugang zu diesem Teil der Burg postiert hatte, erschauerten bei den unmenschlich klingenden Lauten. Man hatte ihnen nicht gesagt, was hinter den schweren, eisenbeschlagenen Türen am Ende des langen Flures vor sich ging, und keiner der beiden war neugierig darauf, es zu erfahren. Ihre Aufgabe bestand allein darin, Unbefugte zu hindern, den langen Flur zu betreten. Und wie alle Soldaten An-Rukhbars taten sie ihre Pflicht ohne zu fragen und interessierten sich nicht für das, was um sie herum geschah.
Noch vor Sonnenaufgang war der Sequestor mit seinen engsten Vertrauten und zwei Magiern hierher gekommen. In ihrer Mitte führten sie eine gefesselte junge Frau mit stark gerundetem Leib, die sich immer wieder ängstlich nach allen Seiten umsah. Ihre Haare waren schmutzig und die Kleidung zerrissen. Sie roch stark nach Pferden, an ihrem Rock hingen Gräser und ihr Zustand wies darauf hin, dass sie gerade erst angekommen war. Als die Männer sie den langen Flur entlang führten, wehrte sie sich heftig und flehte den Sequestor mit schriller Stimme um Gnade an.
Sie war nicht die Erste, die diesen Weg ging. Fünf Frauen hatte der Sequestor in den vergangenen Mondläufen schon in den Raum am Ende des Flures geführt und jedes Mal hatten die beiden Soldaten hier Wache gehalten.
Als die lauten, schrillen Schreie der Frau nach einer kleinen Ewigkeit endlich verstummten, atmeten die beiden erleichtert auf. Es war ihnen gleich, ob die Frau noch lebte, Hauptsache, der Lärm war vorbei. Die Tür am Ende des Ganges wurde geöffnet und einer der Magier huschte eilig an ihnen vorüber. Schon bald kam er in Begleitung des obersten Kriegsherrn zurück. Als die Wachen Tarek die gewundene Treppe vor ihnen herunterkommen sahen, nahmen sie sofort Haltung an und salutierten gehorsam. Doch dieser beachtete sie nicht, sondern folgte dem Magier, der mit schnellen Schritten den Flur entlang hastete.
Am Ende des Flures blieb Tarek vor der halb geöffneten Tür stehen und verzichtete darauf, den Raum zu betreten. »Ist es diesmal das richtige?«, fragte er von draußen.
Der Sequestor kam heraus und schüttelte bedauernd den Kopf. »Ich fürchte, nein. Diesmal ist es zwar ein Junge, doch ihm fehlt das Mal«, erklärte er und winkte einen der Magier heran. »Seht selbst«, forderte er Tarek auf, worauf der Magier dem obersten Kriegsherrn ein blutbeflecktes Leintuch entgegenhielt, in das etwas sehr Kleines eingewickelt war. Er wollte es öffnen, doch Tarek hob abwehrend die Hände und schüttelte den Kopf. »Das ist nicht nötig«, sagte er schnell. »Ich bezweifle nicht, dass Ihr mir die Wahrheit sagt.« Angewidert blickte er auf das blutige Bündel. »Bringt es zu den anderen nach unten«, befahl er dem Magier, der sich daraufhin verbeugte und sich sofort auf den Weg machte.
Tarek wandte sich wieder an den Sequestor. »Die Zeit läuft uns davon«, sagte er nachdenklich. »In wenigen Sonnenläufen wird der Traumflüsterer seine Suche beenden und wir haben das Kind noch immer nicht gefunden.«
Der Sequestor schien die Sorge des obersten Kriegsherrn jedoch nicht zu teilen. »Wenn es dieses Kind überhaupt gibt«, antwortete er lächelnd und deutete mit seiner Hand in den Raum hinein. »Ihr müsst mich nun entschuldigen, Tarek, wir sind noch nicht ganz fertig«, sagte er und verschwand, ohne eine Antwort abzuwarten, hinter der Tür, während Tarek sich verdrossen umdrehte und sich auf den Rückweg in seine Gemächer machte.
Ilahja war missmutig, denn nach dem Frühstück bestand Tassea wieder darauf, dass sie sich hinlegen sollte, um ihre Kräfte für die weite Reise zu schonen. Als Ilahja widersprechen wollte, verbot die Heilerin ihr energisch jede Anstrengung. Tassea und Xara waren hingegen sehr beschäftigt und eilten eifrig im Haus umher.
Gegen Nachmittag konnte Ilahja es nicht mehr ertragen, tatenlos herumzusitzen, und bedrängte Tassea so lange, etwas helfen zu dürfen, bis diese schließlich kopfschüttelnd nachgab. Sie hatte alle Vorräte für die Reise auf
Weitere Kostenlose Bücher