Die Saga von Thale 02 - Die Macht des Elfenfeuers
von Atumi, der Heilerin unseres Dorfes. Doch zuvor benötigt sie eine umfassende Ausbildung in Dingen, die sie nur hier erlernen kann.«
Die Priesterin nickte lächelnd und als sie Kiany die Hand zum Gruß entgegenstreckte, war alle Förmlichkeit aus ihrer Stimme gewichen. »Ah, dann bist du sicher Kiany!«, sagte sie in einem Tonfall, als hätte man das Mädchen aus dem Grasland schon erwartet. »Ich freue mich, dass du bereit bist, den Weg der Novizinnen zu gehen.« Dann fuhr sie an Banor gewandt fort: »Kommt herein, ich werde euch in das Empfangszimmer führen und die Priesterinnenmutter benachrichtigen.«
In seinen weiten rubinroten Mantel gehüllt, saß Asco-Bahrran, den die Cha-Gurrline unterwürfig ihren Meister nannten, auf einem thronähnlichen geschnitzten Stuhl, während drei seiner menschlichen Berater schweigend in einer Ecke des Zeltes beisammen standen und die Ankunft des verletzten Magiers beobachteten.
Skynom neigte ehrfürchtig den Kopf und trat mit gesenktem Blick auf den Meister zu. Ohne den pochenden Schmerz in der Schulter zu beachten, sank er vor dem Thron unterwürfig auf die Knie, presste die Stirn an den Boden und wartete.
»Du kommst spät!« Die Stimme des Meisters aus dem gesichtslosen Dunkel der weiten Kapuze glich dein Rascheln spröden Pergamentes. Und sie klang kalt. So kalt und grausam, wie er das Volk der Cha-Gurrline regierte, die ihn vor vielen Sommern zu ihrem Herrscher erkoren hatten.
Skynom fröstelte. An den unmenschlichen Klang der Stimme würde er sich wohl nie gewöhnen. Er räusperte sich und antwortete demütig: »Verzeiht, Meister. Ich wurde aufgehalten.«
»Aufgehalten!« Aus den Tiefen der rubinroten Kapuze drang ein krächzendes Geräusch, das wohl ein Lachen sein sollte. »Eine wahrlich bescheidene Antwort für jemanden, der den Tod vor Augen hatte.«
»Ich habe Euch mein Leben zu verdanken, Meister«, bekannte Skynom, dem das lähmende Gefühl der Todesangst noch im Nacken saß. Wie die traditionelle Dankesrede der Cha-Gurrline es verlangte, fügte er rasch hinzu: »Ich stehe tief in Eurer Schuld, Meister.« Zu spät erkannte Skynom die tiefere Bedeutung dieser Worte, denn nach den Gesetzen der Cha-Gurrline oblag es dem Lebensretter, über Leben und Tod des Geretteten zu entscheiden. Oft waren die Geretteten für den Rest ihres Lebens nichts weiter als Sklaven, die ihrem Retter zu dienen hatten, bis dieser ihre Schuld für abgetragen erklärte, und ihr Weiterleben ungleich schlimmer als der Tod. Schon mancher Gerettete hatte den Tag verflucht, da ihm durch einen Dritten das Leben geschenkt wurde.
Skynom biss sich auf die Lippen, doch es war zu spät; er hatte die Worte bereits ausgesprochen.
Bisher hatte er sich unter den Cha-Gurrlinen immer als freier Mensch gefühlt, der seinen eigenen Zielen folgte und dem Meister aus freien Stücken diente. Doch jetzt...
»Wie wahr, mein junger Freund.« Der Meister lachte so selbstzufrieden, dass Skynom sich plötzlich des Eindrucks nicht erwehren konnte, selbst Opfer einer hinterlistig eingefädelten Intrige geworden zu sein.
»Armer Skynom. Wie ich sehe, behagt es dir gar nicht, die Schuld lange mit dir herumtragen zu müssen«, fuhr der Meister fort und obwohl Skynom es nicht sehen konnte, hätte er geschworen, dass er dabei lächelte. »Nun, du hast Glück. Ich will dich nicht lange mit der Last quälen und dir die Möglichkeit geben, deine Schuld umgehend abzutragen.« Der Magier horchte auf. »Ich höre«, sagte er leise.
»Du wirst nach Nimrod reisen!«
Skynom erstarrte. Was der Meister von ihm verlangte, war so ungeheuerlich, dass Skynom vor Schreck der Atem stockte. Er wollte erwidern, dies sei unmöglich. Es werde seinen Tod bedeuten, wenn man ihn entdecke. Der Meister indes hatte einen seiner Berater herangewinkt und sprach weiter. »Hier habe ich ein Geschenk für den Rat der Fünf. Du wirst es für mich nach Nimrod bringen.« Er lachte heiser und deutete auf eine kleine Schatulle in den Händen des Beraters, aus der ein schwaches grünliches Leuchten hervordrang. »Und noch etwas wirst du in Nimrod für mich tun. Wenn du zurückkehrst, wirst du mir von dort etwas mitbringen. Etwas sehr Wichtiges, etwas, das ich dringend benötige.«
Das Empfangszimmer der Priesterinnen war ein lichtdurchfluteter großer Raum, der lediglich mit einem massiven Holztisch und vier gepolsterten Stühlen ausgestattet war. Ein gemauerter Kamin befand sich in der Mitte der rückwärtigen Wand und sorgte im Winter für
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