Die Saga von Thale 02 - Die Macht des Elfenfeuers
Elfenpriesterin neigte sich über sie. In der Hand hielt sie eine behelfsmäßige Fackel, die aus einem Stock und den brennenden Streifen ihres Gewandes bestand. Das Haar hing ihr wirr ins Gesicht und ihre grauen Augen blickten besorgt. »Komm zu dir, Kind. Es ist vorbei! « , sagte sie und strich Kiany sanft über die Wange.
Vorbei? Es dauerte eine Weile, bis Kiany die Bedeutung des Wortes erfasste. Vorbei? Erinnerungen tauchten auf, wirre Fetzen von Tod und Verderben. Da waren ein Magier mit einem Dolch, ein grünes Leuchten, Blut und Schreie ... So viele entsetzliche Schreie. »Wo ist Asco-Bahrran?«, fragte sie mit bebender Stimme.
»Er ist tot!« Lya-Numi lächelte. »Du braucht keine Angst mehr zu haben. Am Ende tötete ihn seine eigene Waffe.«
Tot? Kiany hätte erleichtert sein sollen, doch sie empfand nur Verwirrung. Ihr Kopf dröhnte und die Gedanken ließen sich einfach nicht ordnen. Was war geschehen? Wieso wusste sie nichts mehr? Plötzlich kehrte die Erinnerung an einen grellen Blitz zurück und mit ihm ein verschwommenes Bild von Naemy, die in der Höhlendecke verschwand.
Verschwand!
»Naemy?«, hauchte Kiany und spürte, wie die Elfenpriesterin zusammenzuckte. »Sie ist fort!«
»Fort? Wann kommt sie wieder?«
»Das kann ich dir nicht sagen«, erwiderte Lya-Numi betrübt. »Vielleicht schon bald. Vielleicht nie! « »Wo ist sie ? «
»Auch das weiß ich nicht.« Lya-Numi schüttelte traurig den Kopf. »Sie hat das Dimensionentor geschlossen und sich damit den Rückweg abgeschnitten. Sie tat es, um Thale zu retten und ohne an ihr eigenes Schicksal zu denken.« Die Elfenpriesterin seufzte tief. »Wir alle haben ihr so viel zu verdanken.«
»Sie ist hinter dem Tor?« Was Lya-Numi berichtete, klang für Kiany so verrückt, dass sie es einfach nicht glauben konnte. »Was ist dahinter?«
»Nicht einmal wir Elfen wissen, wohin die Tore führen«, erwiderte Lya-Numi bedauernd. »Sie waren schon hier, als wir in dieses Land kamen. Vor langer Zeit kam durch sie großes Unheil über Thale. Deshalb haben wir Elfen die Tore verschlossen, wo immer wir sie fanden. Dieses Tor« sie deutete auf die Obsidianplatte im Boden » wurde zu einer Zeit entdeckt, als mein Volk hier das Sternenebulit abbaute. Es war besonders mächtig und gefährlich. So gefährlich, dass sich der Elfenkönig entschloss, das wertvolle Sternenebulit, das mein Volk zu dieser Zeit hier in den Höhlen gewann, der Sicherheit des Landes zu opfern und die Stollen zu fluten. « Sie stöhnte leise.
»Ihr blutet ja! « Erst jetzt bemerkte Kiany im schwachen Schein der Fackel, dass die Elfenpriesterin schwer verletzt war. Ihr Gewand war zerrissen und ein Bein dunkel von geronnenem Blut. Den ganzen Körper bedeckten zahllose Schnittund Schürfwunden und Kiany fragte sich, wie
Lya-Numi die Schmerzen bloß aushielt. »Es ist nichts«, winkte Lya-Numi ab, doch Kiany spürte, dass sie log. Die Elfenpriesterin brauchte schnellstens Hilfe, sonst würde sie verbluten.
»Eure Wunden müssen dringend versorgt werden«, sagte Kiany und setzte sich auf. Ihr schwindelte, aber sie achtete nicht darauf. Auch wenn ihr Geist noch schwach war, körperlich war sie gesund. Sie musste Lya-Numi helfen. »Aber wie kommen wir von hier fort?« Plötzlich fiel ihr ein, dass sie die Höhle nur mithilfe von Asco-Bahrrans Magie hatte betreten können, und für einen Augenblick beschlich sie das beklemmende Gefühl, in der Falle zu sitzen.
Doch Lya-Numi wusste Rat. »Dort oben befindet sich ein Pentagramm, das ich vorsorglich in den Staub des Höhlenbodens gezeichnet habe « , erklärte sie mit matter Stimme und zeigte auf eine Stelle im Dunkeln. »Es ist die einzige Möglichkeit, um von hier wegzukommen.« Sie deutete auf die glatt gefegte Obsidianplatte. »Hier unten gibt es nichts, worein ich zeichnen könnte.«
»Könnt Ihr gehen?«, wollte Kiany wissen.
»Nein! « Lya-Numi schüttelte den Kopf. »Ich habe schon eine Ewigkeit gebraucht, um die wenigen Längen bis zu dir zurückzulegen.« Sie verzog das Gesicht. »Mein Bein ist gebrochen . . . «
»Gut! Dann will ich Euch stützen! « Entschlossen stand Kiany auf. Ungeachtet ihrer eigenen Schwäche biss sie die Zähne zusammen, half Lya-Numi auf und führte sie langsam in die angegebene Richtung.
Die Fackel war schon fast erloschen, als die beiden endlich das Pentagramm erreichten. Vorsichtig traten sie in den fünfzackigen Stern und Kiany blickte Lya-Numi an. »Was nun?«, fragte sie. »Wohin gehen wir?«
»Ich
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