Die Saga von Thale 02 - Die Macht des Elfenfeuers
der Tat, das ist nicht gut.« Methar runzelte die Stirn. »Das Ereignis steht unmittelbar bevor. Wir können es uns nicht leisten, auch nur eines der ausgewachsenen Tiere zu verlieren.« Er schickte sich an, das Gehege zu verlassen. »Ich berichte dem Meister von den Vorfällen«, verkündetet er, »und ich bin ganz sicher, er findet eine Lösung.«
Auf seinem Weg durch das Dorf der Cha-Gurrline überdachte Methar noch einmal den Stand der Dinge. Skynom war in Nimrod und hatte zumindest den ersten Teil seiner Aufgabe erfüllt. Nicht mehr lange und der Meister könnte sein Versprechen einlösen, die seinerzeit im Kampf um Nimrod versteinerten Cha-Gurrline zu befreien. Dafür, so war es in einem geheimen Abkommen vor vielen Sommern vereinbart worden, würde ihm der Stamm der Cha-Gurrline bedingungslos in den Kampf folgen, um Rache zu nehmen und die erlittene Schmach ihrer Vorfahren nach über zweihundert Sommern zu vergelten.
Zuvor musste aber dafür gesorgt werden, dass die verhassten Nebelelfen aus den Sümpfen von Numark nicht in den Kampf eingreifen konnten und dafür brauchte man die Quarline. Fast zweihundert Sommer hatte es gedauert, um aus dem einzigen noch lebenden Quarlin ein riesiges Rudel zu züchten. Anfangs gelang das nur mithilfe der Magie, denn es galt, den Raubkatzen die angeborene Fähigkeit zu nehmen, in die Zwischenwelt zu gehen. Als dies erreicht war, konnten sie sich auch auf natürlichem Wege vermehren. Jeder einzelne Quarlin war von den Wärtern in vielen Sommern mühsamer Arbeit abgerichtet worden und daher überaus wertvoll. Mit allen Mitteln musste verhindert werden, dass sie sich so kurz vor dem Angriff gegenseitig töteten.
Methar hatte das rubinrote Zelt des Meisters fast erreicht, als ein lautes, röhrendes Hornsignal durch das Dorf hallte. Es kündigte ein wichtiges Ereignis an und rief alle Cha-Gurrline dazu auf, sich in der Dorfmitte zu versammeln. Dem Ruf hatten auch die Menschen in dem Lager Folge zu leisten und obwohl Methar lieber sofort mit dem Meister gesprochen hätte, machte er sich widerstrebend auf den Weg.
Von überall her strömten die Krieger herbei und der Boden dröhnte unter den Schritten zahlloser Männer, Frauen und Kindern. Methar musste sein ganzes Geschick aufwenden, um ihnen aus dem Weg zu gehen, sonst hätten sie ihn einfach über den Haufen gerannt.
Als einer der Letzten erreichte er den Versammlungsplatz und hatte kaum noch die Möglichkeit, einen Blick auf die obsidianfarbene Kriegerstatue zu werfen, die einen früheren Cha-Gurrlinen-Herrscher darstellte. Um die Skulptur hatte sich ein dichter Ring aus hunderten
von Kriegern gebildet, die aufgeregt durcheinander redeten und den eher kleinwüchsigen Menschen den Blick auf das Geschehen verwehrten.
Methar blickte sich suchend um und tatsächlich: Ein abgestellter Holzkarren mit einem hohen geflochtenen Käfig auf der Ladefläche war genau das, was er brauchte. Er hastete hinüber und erklomm den Wagen. Keine Minute zu früh. Kaum hatte er das Dach des Käfigs bestiegen und einen halbwegs festen Stand gefunden, wurde es auf dem Platz totenstill. Fast gleichzeitig wandten sich die Gesichter der Cha-Gurrline nach Süden, wo sich schiebend und drängelnd eine breite Gasse in dem geschlossenen Ring der massigen Leiber auftat.
Methar reckte den Kopf und entdeckte in der Ferne den wirbelnden Trichter eines heftigen Sandsturms, wie er in der Finstermark häufig vorkam. Doch dieser verhielt sich äußerst merkwürdig. Während sich die üblichen Sandsturmwirbel meist ungehemmt über der Ebene austobten, bis ihre Kraft verbraucht war, näherte er sich zielstrebig den wartenden Kriegern, die ihn freudig zu erwarten schienen.
Selbst als der Sog so stark wurde, dass er an Haaren und Kleidern zerrte und Staub und Erdbrocken vom Boden aufwirbelte, zeigten die Cha-Gurrline keine Furcht.
Gebannt beobachteten sie, wie sich der Wirbel, dessen Spitze die Wolken zu berühren schien, durch die schmale Gasse in die Dorfmitte schob.
Das Brausen des Windes dröhnte Methar in den Ohren. Nadelspitze Staubkörner schlugen ihm schmerzhaft ins Gesicht und zwangen ihn, die Augen zu schließen. Am liebsten hätte er sich die Hände schützend vors Gesicht gehalten, doch daran war nicht zu denken. Er brauchte beide Hände, um sich an den Karren zu klammern und dem Sog des Wirbels zu widerstehen.
Dann war es vorbei.
Innerhalb eines Wimpernschlags fiel der Wirbel in sich zusammen und ein vielstimmiger, tosender Jubel hallte durch die
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