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Die Saga von Thale 02 - Die Macht des Elfenfeuers

Titel: Die Saga von Thale 02 - Die Macht des Elfenfeuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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Raum handelte, der zu Sunnivahs Zeiten dem finsteren Herrscher An-Rukhbar als Thronsaal gedient hatte.
    Der Ratssaal war ein großer achteckiger Raum, aus weiß gekalkten Steinen, sandfarbenen Fliesen und dunklen Eichenbalken errichtet, die in der Mitte der gewölbten Decke sternförmig zusammenliefen. Die fünf hohen, zum Teil mit bunten Mosaiken verzierten Fenster, von denen man einen hervorragenden Blick auf den Vorplatz der Inneren Festung hatte, reichten fast bis zum Boden. Jetzt, am späten Nachmittag, flutete das Tageslicht in farbigen Strahlen hindurch und zeichnete blasse, verschwommene Muster an die Wände.
    In der Mitte des Saals, der, wenn es dunkel war, von tief hängenden, an schwarzen Eisenketten befestigten Öllampen beleuchtet wurde, befand sich ein wuchtiger runder Tisch, mit fünf ebenso wuchtigen, hochlehnigen Stühlen, wo die Mitglieder des Rates ihren Platz innehatten. Rechts und links davon standen zwei kleinere Stehpulte für die Schreiber bereit. In einer der hinteren Ecken sorgte ein aus hellen Steinen gemauerter Kamin dafür, dass der große Saal in der dunklen Jahreszeit nicht zu sehr auskühlte. Zu dieser Stunde brannte kein Feuer, aber die Holzscheite waren schon für die nächste Versammlung aufgeschichtet.
    Zu beiden Seiten der hohen Flügeltür, in respektvollem Abstand zum Ratstisch, befanden sich zwei lange, in Stufen aufgebaute hölzerne Sitzbänke für Gäste und Besucher der Ratsversammlungen. Die fensterlosen Wände dahinter zierten fünf große Bilder, die allesamt Szenen aus der Geschichte Thaies zeigten. Drei von ihnen zeugten von Ereignissen, die sich vor der Eroberung durch den finsteren Herrscher zugetragen hatten; auf den anderen waren Begebenheiten festgehalten, die Erinnerungen an längst Vergangenes in Naemy hervorriefen und sie wehmütig stimmten.
    Beide Bilder zeigten eine junge Frau von außergewöhnlicher Schönheit. Das kupferrote lange Haar fiel ihr offen über das lederne Kriegerinnengewand bis zu den Hüften hinab und wurde vom Wind gezaust. Einen langen Stab in den Händen, an dessen Ende sich eine silberne Scheibe befand, trotzte sie einem tosenden Schneewirbel. Ein zähnefletschender Wolf kauerte sprungbereit an ihrer Seite; seine Augen starrten dem eisigen Wirbel mit tiefstem Hass entgegen.
    Sunnivah! Naemy spürte, wie ihre Augen feucht wurden.
    Das andere Bild zeigte ebenfalls die Auserwählte. Diesmal saß sie rittlings auf einem großen Fels, der wie ein ausgestreckter Finger über einen Abgrund hinausragte, in dessen bodenloser Schwärze die schemenhafte Silhouette eines gewaltigen Vogels zu erkennen war. Auch hier hielt Sunnivah den Stab in den Händen, während sie die Arme zum Himmel erhob, wo sich aus der Dunkelheit zwischen den Sternen ein goldener Nebel auf sie herabsenkte. Unmittelbar vor ihr schwebte eine feurige Kugel, glühender Lava gleich, doch Sunnivah schien die Hitze nicht zu spüren. Sie hatte die Augen geschlossen und ihr Gesichtsausdruck kündete von tiefer Konzentration.
    Das Elfenfeuer! Der Stab der Göttin! Naemy versuchte die aufkommende Trauer hinunterzuschlucken. Oh, Göttin! War das alles wirklich schon längst Vergangenheit?
    »Naemy?« Jemand berührte sanft ihren Arm. Die Nebelelfe wandte sich um und erkannte die Priesterinnenmutter, die zu ihr getreten war. »Einer der begnadetsten Künstler Thaies hat die Bilder noch zu Lebzeiten Sunnivahs nach ihren Erinnerungen geschaffen«, erklärte sie.
    »Sie sind wunderschön.« Verstohlen wischte sich Naemy eine Träne aus dem Augenwinkel. »So lebensnah, dass man glauben könnte, der Maler sei dabei gewesen.« Zögernd, fast unwillig löste sie sich von den Bildern und blickte sich suchend um.
    »Wo ist die Vitrine?«, fragte sie.
    »Hier!« Der Abner deutete auf eine makellos weiß gekalkte Mauer. Sayen und er warteten bereits vor der schmucklosen Wand hinter dem Ratstisch. Als Naemy und die Priesterinnenmutter hinzutraten, machte der Abner eine kurze Handbewegung und murmelte leise einen Spruch. Wenige Augenblicke später wurde das dichte, glatte Weiß der Wand durchscheinend und verschwand schließlich ganz. Dahinter befand sich eine geräumige Nische, in deren Mitte eine hohe sechseckige Säule aus präzise geschliffenem Kristall stand. Und inmitten der Säule erneut fühlte Naemy Trauer in sich aufsteigen schwebte schwerelos Sunnivahs Amulett. Der Talisman war ein ungeschliffener orangefarbener Stein von außergewöhnlicher Schönheit. Er war in einen kunstvoll verzierten

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