Die Saga von Thale 02 - Die Macht des Elfenfeuers
ihm überhaupt nicht gefiel.
Spät am Nachmittag erreichte Skynom endlich die Ausläufer des gewaltigen Heerlagers, das die hünenhaften schwarzen Krieger im Laufe der letzten Mondläufe um ein kleines Dorf inmitten der staubtrockenen Finstermark errichtet hatten. Als er aufgebrochen war, hatte das Lager bereits eine stattliche Größe aufgewiesen, doch während der Zeit, die er in Nimrod verbracht hatte, schien es um ein Vielfaches gewachsen zu sein.
Skynom erschauerte bei dem Gedanken an die gewaltige Streitmacht, die sich hier im Schutze der magischen Dunkelheit versammelt haben musste. Ein Heer, das auch ohne die Magie Asco-Bahr-rans mächtig genug wäre, die schutzlosen Provinzen Thaies zu überrennen und Nimrod im Sturm zu erobern.
Ein verächtliches Lächeln huschte über das Gesicht des Magiers, als er an die dilettantischen Maßnahmen der Druiden dachte, die nach dem Verschwinden der versteinerten Cha-Gurrline in aller Eile versuchten, ihre lächerlichen Grenzposten zur Finstermark mit schlecht ausgebildeten Rekruten zu verstärken. Auch fünfhundert zusätzliche Krieger konnten den Vormarsch der Cha-Gurrline nicht aufhalten, sofern sie sich überhaupt dem Kampf stellten und nicht angesichts der erdrückenden Übermacht feige die Flucht ergriffen. Bei dem Gedanken an die verweichlichte Bevölkerung Thaies, die sich unter dem vermeintlichen Schutz der Gütigen Göttin sicher und unverwundbar fühlte, musste Skynom unwillkürlich lachen. Wie konnten die Menschen nur so dumm sein, ihr Leben in die Hand einer friedliebenden Göttin zu legen, statt selbst für ihren Schutz zu sorgen? Kopfschüttelnd ließ er die Eindrücke, die er in Nimrod gesammelt hatte, noch einmal an sich vorüberziehen, während er sich seinen Weg zwischen den ersten Feuerstellen des Lagers hindurch suchte.
Überall herrschte rege Betriebsamkeit. Die meisten Krieger waren damit beschäftigt, ihre schwarzen Rüstungen und übergroßen Waffen zu polieren und zu schärfen. Dazwischen sah Skynom immer wieder Krieger, die Proviant und Gerätschaften zu hölzernen Karren schleppten, so gewaltig groß, dass Skynom sich unweigerlich fragte, welches Wesen wohl in der Lage sein mochte, ein solch schweres Gefährt zu ziehen. Einige der Karren waren bereits so voll, dass sie längst hätten zusammenbrechen müssen. Doch das schien die Cha-Gurrline nicht zu kümmern und sie verstauten weiterhin Gerätschaften auf den Ladeflächen.
Unbeachtet von den geschäftigen Kriegern, die sich offensichtlich auf einen baldigen Aufbruch vorbereiteten, strebte der Magier auf den Mittelpunkt des Lagers zu, wo Asco-Bahrran ihn vermutlich schon erwartete. Das Amulett der Auserwählten hatte er sich für den langen Ritt um den Hals gehängt, um es nicht zu verlieren. Obwohl er es nun schon mehr als zwei Sonnenläufe unter seinem Gewand trug, lag es noch immer kalt auf seiner Haut. Wie in stummem Protest gegen den Frevel, den man ihnen angetan hatte, schienen sich der silberne Ring und der orangefarbene Stein zu weigern, die Wärme seines Körpers aufzunehmen. Nicht zum ersten Mal fragte sich der Magier, was Asco-Bahrran wohl mit dem Amulett vorhatte. Immer wieder hatte Skynom den Talisman unterwegs mithilfe seiner Magie auf besondere Fähigkeiten untersucht. Doch alle Versuche, hinter das Geheimnis des Amuletts zu kommen, waren erfolglos geblieben. Was er auch tat, der Stein blieb kalt und zeigte keine Regung. Kein Funke entschlüpfte ihm, wie es in der Legende der Auserwählten überliefert war, und auch der magische Schein, welcher die Auserwählte angeblich unsichtbar gemacht hatte, ließ sich nicht erwecken. Wie es aussah, hatte der Stein seine Magie verloren und war nichts weiter als ein hübsches Schmuckstück.
Da Asco-Bahrran den Stein aber unbedingt haben wollte, lag die Vermutung nahe, dass in ihm noch ein wenig von der alten Macht schlummerte, und Skynom war zu dem Schluss gekommen, dass seine magischen Fähigkeiten wohl nicht ausreichten, um die Kraft des Amuletts zu wecken. Seufzend griff er mit einer Hand unter seinen Umhang, um das Kleinod hervorzuziehen führte die Bewegung aber nicht zu Ende, denn in diesem Augenblick strauchelte sein Pferd und stürzte zu Boden, wo es mit gelbem Schaum vor dem Maul zuckend liegen blieb.
»Bei den Toren, steh auf!«, fluchte Skynom und zerrte mit aller Kraft an den Zügeln, während er sich mit einem raschen Seitenblick davon überzeugte, dass noch keiner der Cha-Gurrline auf das erschöpfte Tier aufmerksam
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