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Die Saga von Thale 02 - Die Macht des Elfenfeuers

Titel: Die Saga von Thale 02 - Die Macht des Elfenfeuers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Monika Felten
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noch nicht.« Hinter Naemys Stirn überschlugen sich die Gedanken. Lya-Numi lebte, aber sie war verletzt und brauchte dringend Hilfe. Naemy musste so schnell wie möglich zu ihr gelangen. Mit Zahir dorthin zu fliegen, kam nicht infrage, weil Kiany noch tief und fest schlief. In diesem Zustand konnte sie auf keinen Fall mitfliegen. Naemy durfte das Mädchen aber auch nicht allein lassen. Zudem würde ein Flug zu Lya-Numi bis weit in den nächsten Morgen hinein dauern
    viel zu lange. Mit Zahir dorthin zu fliegen, wäre schon deshalb sinnlos, weil ein Riesenalp nicht auf der Lichtung landen konnte. Dann blieb nur Naemy überlief es eiskalt eine Reise durch die Zwischenwelt!
    Die uralten Pfade der Elfen schienen der einzige Weg zu sein, Lya-Numi in Sicherheit zu bringen.
    Zahir sollte derweil auf Kiany Acht geben, denn Naemy würde ja nicht lange fort bleiben. Die Zwischenwelt! Naemy hatte diesen Weg für lange Reisen bisher immer gemieden, aus Furcht, der Quarlin könne noch immer irgendwo in der Düsternis lauern. All die Sommer war es nur ein Quarlin gewesen, den sie fürchtete. Und jetzt? Wenn sie Chantus Bericht glaubte, waren es gut hundert Raubkatzen gewesen, die Caira-Dan überfallen hatten hundert Quarline, die jetzt auch in der Zwischenwelt lauern konnten.
    Naemy zögerte. Sie wusste, dass jeder Augenblick, der ungenutzt verstrich, für Lya-Numi den Tod bedeuten konnte, doch noch hielt ihre Furcht sie zurück. Verzweifelt suchte sie nach einer dritten, weniger riskanten Möglichkeit, der Elfenpriesterin zu helfen vergeblich. Schließlich hob sie einen Stock vom Boden auf und zeichnete ein Pentagramm, jenen fünfzackigen Stern, der den Elfen das Tor zur Zwischenwelt öffnet, in den feuchten Boden. Ihre Hand zitterte, als sie die magischen Symbole an die Spitzen des Sterns schrieb und als sie die rituellen Worte in der uralten Sprache ihres Volkes flüsterte.
    Als sie fertig war, nahm auch sie Langbogen und Köcher an sich und prüfte kurz ihr Schwert. Dann wandte sie sich an Zahir, der ihr Tun mit seinen ausdruckslosen dunkeln Vogelaugen schweigend beobachtet hatte. »Gib gut auf das Mädchen Acht«, bat sie, während sie in das Petragramm trat. »Ich hole jetzt Lya-Numi. Ich bin . . . « Sie schloss die Augen und sandte ein kurzes Gebet an die Gütige Göttin, dass es wirklich so sein möge. »Ich bin bald zurück!« Sie schluckte und fuhr fort: »Sollte ich bis Sonnenaufgang nicht zurück sein, musst du das Mädchen wieder nach Nimrod bringen. Ich hoffe, sie vertraut dir.«
    Zahir nickte und Naemy schenkte ihm ein schmerzliches Lächeln. »Ich weiß, dass ich mich auf dich verlassen kann«, sagte sie und es klang fast wie ein Abschied. »Du bist der beste Freund und Begleiter, den ich mir wünschen kann.« Dann erhob sie die geöffneten Hände zum Himmel und ihre Lippen bewegten sich lautlos, während sie die uralten Worte der Elfen sprach, die das Tor zur Zwischenwelt öffnen würden. Der Wald und Zahirs Gestalt verschwammen allmählich und es wurde dunkel. Die Kälte der Zwischenwelt griff mit eisigen Fingern nach Naemy, doch sie zögerte nicht, die geheimen Pfade ihres Volkes zu betreten, die sie zu Lya-Numi bringen sollten.
    Mit ernster Miene schritt die Gütige Göttin durch die ewigen Gärten des Lebens. Auf der Stirn ihres alterslosen Gesichtes zeigte sich eine steile Falte, die auf der makellos weißen Haut seltsam fremd und störend wirkte und von den düsteren Gedanken zeugte, die sie auf ihrem Weg durch die Herrlichkeit des Gartens begleiteten. Kummer und Trauer umgaben die anmutige, in schimmerndes Weiß gekleidete Gestalt wie eine dunkle Aura, die ihre beklemmenden Schatten auch auf die lebensfrohe Blütenpracht warf.
    Wo immer sie vorüberging, verblasste das großartige Farbenspiel der Blumen. Die bunten Blüten färbten sich schwarz und die weichen tiefgrünen Halme des Schöngrases überzogen sich mit dickem Raureif. Selbst die liebliche Melodie verstummte, die wie ein Windhauch durch die Gärten strich, und die zarten Schmetterlingswesen, die sich am Nektar der Blütenkelche labten, flüchteten in entlegenere Teile des Gartens.
    Als die Göttin sich schließlich auf der kleinen Bank am Weiher niederließ, über dem wie an jedem Morgen der Nebel der Weisheit schwebte, hatte die aufgehende Sonne ihr Antlitz hinter den Wolken verborgen. Doch auch dies schien die Göttin nicht zu bemerken. Traurig starrte sie auf die wogenden Schleier und dachte nach.
    Das Volk der Nebelelfen gab es nicht mehr!

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