Die Saga von Thale 02 - Die Macht des Elfenfeuers
Grasländers. »Und schaff mir diese nichtsnutzige Kreatur aus den Augen«, höhnte er. »Die Quarline freuen sich sicher, ihn zu sehen.«
»Na sorr-gekukk. Wie Ihr befehlt!« Der Wachtposten straffte sich, warf sich den jungen Grasländer mühelos über die Schulter und trug ihn aus dem Zelt.
»Das war der Letzte«, wagte Methar vorsichtig zu bemerken, während er das magische Quarlinfell wieder in der Truhe verstaute. »Es gibt keinen Grasländer mehr im Gefangenenlager, der Euch als Medium dienen könnte.«
»Ich brauche kein Medium! « , hörte er Asco-Bahrran murmeln. »Jedenfalls zurzeit nicht. Noch bevor die Sonne über dem Ylma-zur-Gebirge aufgeht, werden wir aufbrechen und bald ... « Methar hob erstaunt den Kopf und sah, wie Asco-Bahrran das Amulett der Auserwählten in den Händen drehte. » ... bald wird der wahre Herrscher Thaies zurückkehren.«
»Nein! « Naemy griff sich mit beiden Händen an den Kopf. Alle Farbe war aus ihrem Gesicht gewichen und sie schwankte, als könnten die Beine ihr Gewicht nicht mehr tragen. »Bei der Göttin, das darf nicht wahr sein! «
Tabor, der gerade mit einem Arm voll trockenem Feuerholz aus dem Wald kam, ließ seine Last fallen und eilte seiner Mutter zu Hilfe. »Was ist geschehen?«, fragte er beunruhigt, während er ihr half, sich hinzusetzen. Doch Naemy antwortete ihm nicht. Regungslos starrte sie in das fast heruntergebrannte Feuer, als wären dort die Antworten auf alle Fragen zu finden. »Mutter!«, drängte Tabor besorgt. »Was ist?«
»Quarline!«, hauchte Naemy tonlos. Mehr sagte sie nicht. Nur dieses eine Wort. Mit weit geöffneten Augen starrte sie in die Glut, als sei ihr Geist in einem schrecklichen Wachtraum gefangen, dem sie nicht entfliehen konnte. »Mutter!« Tabor erfasste sanft ihren Arm, doch Naemy antwortete nicht.
»Lass sie! « , ertönten Leiliths Worte in seinen Gedanken. Tabor fuhr herum und starrte das Riesenalpweibchen verblüfft an. Täuschte er sich oder klang auch Leiliths Stimme traurig? »Was ist mit ihr?«, fragte Tabor verwirrt. Waren hier plötzlich alle verrückt geworden? So lange war er doch gar nicht fort gewesen. An Kiany konnte es nicht liegen. Das Mädchen schlief in dicke Pelze gehüllt tief und fest auf einem behelfsmäßigen Lager neben dem Feuer.
»Leilith! Was ist geschehen?« Allmählich wurde Tabor ärgerlich. Doch auch das Riesenalpweibchen schien plötzlich nicht gewillt, ihm Auskunft zu geben. Betreten schloss es die Augen, um Tabors bohrenden Blicken zu entgehen, und schwieg. »Leilith! « Das war schon fast ein Befehl und Tabor ärgerte sich, dass er so grob werden musste.
»Wir haben traurige Kunde von Chantu erhalten«, mischte sich Zahir in den Gedankenaustausch ein. »Hundert Quarline sollen Caira-Dan überfallen haben.« Der Riesenalp machte eine Pause, um Tabor Zeit zu geben, die ganze Tragweite seiner Worte zu erfassen. »Und?« Die Frage schoss durch Tabors Gedanken, ohne dass er sie wirklich stellen wollte. »Und?«, fragte er noch einmal, als Zahir ihm nicht sofort antwortete.
»Er hat alles versucht, aber er konnte ihnen nicht helfen . . . «
»Heißt das . . . « Tabor wagte den schrecklichen Gedanken nicht zu Ende zu denken.
»Ja! « Große Trauer schwang in diesem einen Wort mit. Überwältigt von den grauenhaften Bildern, die Chantu ihm übermittelt hatte, konnte Zahir nicht weitersprechen.
»Sind alle . . . alle tot?« Fassungslos starrte Tabor den felsengrauen Vogel an. Niemand antwortete ihm, doch das betretene Schweigen der Riesenalpe ließ keinen Zweifel daran, dass es so war.
»Nein! « Plötzlich hatte Tabor das Gefühl, die Beine trügen ihn nicht länger. Kraftlos sank er zu
Boden und schlug die Hände vor das Gesicht. »Das ist nicht wahr«, murmelte er. »Das kann nicht wahr sein. Es gibt doch gar keine Quarline mehr ! «
»Doch, es ist wahr, Tabor!« Naemys Stimme klang müde und sie sprach, ohne den Blick vom Feuer zu wenden. »Zeig es ihm, Zahir.«
»Willst du es wirklich sehen?«, fragte Zahir zaghaft in Tabors Gedanken. Der junge Elf nickte matt. Er war fest davon überzeugt, dass Chantu nicht die Wahrheit gesagt hatte, doch als er die grausamen Bilder sah, die Chantu seinen Geschwistern übermittelt hatte, wurde seine Zuversicht jäh zerstört.
Für endlose Augenblicke blieb das Wispern des Windes in den kahlen Ästen der Bäume das einzige Geräusch. Die Riesenalpe schwiegen bedrückt und Naemy starrte weiter in die Glut, während Tabor seine Gedanken zu ordnen
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