Die Saga von Thale 03 - Die Hüterin des Elfenfeuers
dass Maite es nicht hören konnte: »Es gibt keine Hoffnung.«
»Solange ich in deine Augen sehe, deine Stimme höre und dich berühren kann, ist auch noch Platz für Hoffnung!« Yovan zwang sich zu einem Lächeln. »Und solange ich . . . «
In diesem Augenblick öffneten die Cha-Gurrlinen-Krieger das Tor und trieben die Gefangenen unter lauten Rufen und kräftigen Hieben aus dem Innenhof.
»Was geschieht jetzt?«, fragte Maite ängstlich. »Wo bringen sie uns hin?«
»Ich weiß es nicht.« Paira presste die kleine Schwester an sich. Sie war fest entschlossen, Maites Furcht so lange zu dämpfen, wie es ihr möglich war.
Doch so einfach ließ sich das Mädchen nicht abspeisen. Es war nicht dumm und sah die Furcht in den Gesichtern der Mitgefangenen. Immer wieder wandte es den Kopf, um die Menschen zu betrachten, und fragte schließlich: »Werden sie uns töten?«
»Sie sind die neuen Herren Nimrods«, erwiderte Paira ausweichend. »Die Göttin allein weiß, was sie mit uns vorhaben.«
»Ich habe Angst!« Maite klammerte sich verzweifelt an ihre große Schwester.
»Das haben wir alle«, Paira seufzte leise. Diesmal fielen selbst ihr keine tröstenden Worte ein, und sie fühlte, wie ihr die Tränen kamen.
Maite schluchzte auf, dann riss sie sich plötzlich los. »Ich gehe nicht weiter«, rief sie und stemmte sich trotzig gegen den Strom der Nachrückenden.
»Maite!« Mit schreckgeweiteten Augen sah Paira, wie ein Cha-Gurrlinen-Krieger auf Maite aufmerksam wurde und durch die Menge auf sie zustapfte. »Komm schnell«, sagte sie drängend und ergriff ihre Schwester bei der Hand, um sie mit sich zu ziehen.
»Nein!«
»Maite ...« Pairas Stimme hatte einen beschwörenden Ton angenommen. Ängstlich sah sie zu dem Krieger hinüber, der nur noch wenige Schritte entfernt war. »Maite, sei vernünftig. Bitte! Wenn du nicht freiwillig gehst, werden sie dich schlagen und dazu zwingen.«
»Aber ich will nicht sterben. Ich will ...« Die Worte gingen in einen gellenden Schrei über. Der Krieger hatte Maite von hinten gepackt und sich das widerstrebende Mädchen über die Schulter geworfen. Diese schrie und wehrte sich verzweifelt, indem sie mit den Fäusten auf den Krieger einschlug. Doch die gepanzerte Rüstung war hart, und der Cha-Gurrlin schien die hämmernden Kinderfäuste nicht einmal zu spüren.
»Maite!« Die Furcht um die Schwester ließ Paira die eigenen Ängste schlagartig vergessen. »Komm mit!«, rief sie Yovan zu, während sie sich einen Weg durch die Menge bahnte.
»Paira, hilf mir! Pairaaaaaa!« Maites gellende Schreie zerschnitten die Stille des frühen Morgens wie die unheilvollen Vorboten eines grausamen Schicksals. Doch selbst jetzt brachte keiner der Mitgefangenen den Mut auf, sich gegen die Misshandlung und Unterdrückung aufzulehnen. Kein Einziger erhob die Stimme gegen die Cha-Gurrlinen-Krieger, niemand wagte, aus dem Tross auszubrechen. Nicht einer versuchte, Maite zu helfen, oder stand Paira bei. Die meisten blickten betreten zu Boden, während Paira sich bemühte, den Cha-Gurrlin einzuholen, der inzwischen die vordere Reihe der Gefangenen erreicht hatte. Uber die Köpfe der Menschen hinweg sah sie, wie er Maite absetzte und mit unsanften Schlägen und Stößen vor sich her trieb.
»Maite!« Verbissen kämpfte sie sich voran. Noch zwei Reihen! Paira stockte der Atem, als sie sah, wie Maite strauchelte. Dann endlich hatte sie die Schwester eingeholt.
Erleichtert schloss sie Maite in die Arme und zog sie aus der Reichweite des Cha-Gurrlin. Der Krieger stieß ein drohendes Knurren aus, musterte die Schwestern aus bösartig funkelnden Augen und hob das Schwert. Für einen Augenblick sah es so aus, als wollte er zuschlagen, doch dann erregte ein Tumult unter den Gefangenen seine Aufmerksamkeit, und er wandte sich um, um nachzusehen, was vorgefallen war.
»Du dummes, dummes Kind.« Mit Tränen in den Augen schloss Paira Maite in die Arme. Die Kleine zitterte und klammerte sich wie eine Ertrinkende an sie, doch mehr als ein Schluchzen kam ihr nicht über die Lippen. Eng umschlungen setzten die beiden den Weg durch die schmalen Gassen der Inneren Festung fort.
Als Paira den Kopf hob, um nach Yovan Ausschau zu halten, erblickte sie am Ende der Gasse einen großen geschwungenen Torbogen. Unmittelbar dahinter stieg eine gewaltige brodelnde Rauchsäule zum Himmel auf. Im ersten Augenblick dachte sie, der dunkle Qualm stamme von einem Brand, der nach der Schlacht noch nicht hatte gelöscht werden
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