Die Saga von Thale 03 - Die Hüterin des Elfenfeuers
drangen wie von weit her an seine Ohren, und mit einem Mal war er am Ende seiner Kräfte. »Nein! Nein!« Er schrie die Wut und Verzweiflung in den Wind hinaus und sammelte noch einmal alle Kraft, doch schon nach wenigen Schritten strauchelte er und fiel zu Boden, wo er benommen und mit rasendem Herzen liegen blieb.
Plötzlich gellte ein schriller, spitzer Schrei durch die zunehmende Dunkelheit und bohrte sich wie ein Messer in Fedeons Herz. Mit letzter Kraft schaffte er es, sich ein wenig aufzurichten, um Paira anzusehen, doch er wünschte sogleich, es nicht getan zu haben. Der Anblick war entsetzlich: Das Mädchen, das er über alles liebte, war in lodernde Flammen gehüllt. Ein mächtiges Feuer hatte das Gewand ergriffen und züngelte an den schwarzen Haaren empor, während Paira wie eine lebende Fackel noch immer aufrecht stand und Fedeon Hilfe suchend die Hände entgegenstreckte.
»Nein!« Tränen verschleierten Fedeons Blick, und Pairas Gestalt verschwamm, aber das Bild des brennenden Mädchens hatte sich tief in sein Gedächtnis eingegraben, und er wusste, dass er es niemals würde vergessen können.
»Verzeih mir!« Die Stimme strich wie ein Windhauch durch seine Gedanken, leise, seufzend und so unendlich traurig, dass sich das Herz des jungen Skalden schmerzhaft zusammenkrampfte. Er wusste, dass es ein Abschied war - ein Abschied für immer. Schluchzend schloss er die Augen, ballte die Fäuste und wischte die Tränen mit dem Ärmel seines Gewandes fort, doch als er die Lider wieder öffnete, war Paira verschwunden . . .
»Paira!« Fedeon schreckte auf. Ihm raste das Herz in der Brust, und sein Atem ging so keuchend und stoßweise, als wäre er eine lange Strecke gelaufen. Rings um ihn herum war es dunkel. Er brauchte eine Weile, um sich zurechtzufinden, doch die vertrauten Gerüche der Jagdhütte halfen ihm dabei, von der Traumwelt in die Wirklichkeit zurückzukehren.
Der Göttin sei Dank, es war nur ein Traum, dachte Fedeon erleichtert. Nur ein Traum! Er schloss die Augen, ließ sich seufzend auf das Lager zurücksinken und horchte auf den hämmernden Herzschlag in seiner Brust, der sich nicht beruhigen wollte. Ein Traum? War es wirklich nur ein Traum gewesen? Ein Spiegelbild der Furcht um Paira und eine Folge der grauenhaften Bilder, die er im Verlauf der Schlacht hatte mit ansehen müssen? Alles nur ein Traum? Oder steckte mehr dahinter?
Je länger Fedeon darüber nachdachte, desto rastloser wurde er. Etwas war oder würde geschehen, etwas Furchtbares, Endgültiges. Mehr und mehr gelangte er zu der Überzeugung, dass der Traum eine Vision gewesen sein musste, das verzerrte Abbild eines vergangenen oder künftigen Ereignisses, das ihn für immer von Paira trennen würde.
... von Paira trennen würde! Fedeon überlief es eiskalt. Es war, als träte er urplötzlich aus einem undurchdringlichen Nebel, der seine Erinnerungen eingehüllt hatte, ins Licht. Das Gefühl, zu spät zu kommen, drohte ihn zu überwältigen. Er wollte sich aufrichten, doch ein heftiges Schwindelgefühl machte den Versuch augenblicklich zunichte. Paira! Der Name kreiste unaufhörlich in seinen Gedanken, und das Bild der geliebten Gefährtin, deren Körper von lodernden Flammen verzehrt wurde, raubte ihm fast den Verstand. Wie hatte er nur tatenlos zusehen können, als Nimrod den schwarzen Kriegern in die Hände fiel? Warum hatte er nicht versucht hinunterzureiten, um Paira aus der brennenden Festungsstadt zu retten? Wie konnte er hier seelenruhig schlafen, während sie ein ungewisses Schicksal erlitt?
Ich muss zu ihr! Ohne auf das heftige Schwindelgefühl zu achten, richtete sich Fedeon auf und tastete sich im Dunkel der Hütte zur Tür. Er musste nach Nimrod. Sofort! Wenn er noch die geringste Aussicht haben wollte, Paira zu retten, durfte er nicht länger säumen. Er hatte schon viel zu viel Zeit vergeudet - so unverzeihlich viel Zeit, dass er . . .
In diesem Augenblick wurde die Tür von außen aufgerissen, und Naemy schaute herein. »Wo ist Shari?«, fragte sie atemlos und blickte sich gehetzt in der Hütte um.
»Ich weiß es nicht.« Fedeon antwortete automatisch. Das Auftauchen der Nebelelfe verwirrte ihn und brachte den soeben gefassten Entschluss ins Wanken. Was tat er hier? Er konnte doch nicht einfach fortreiten. Anthork hatte ihn mit einer wichtigen Mission betraut. Er sollte . . . musste . . . hatte die Aufgabe bekommen . . . ? Hinter Fedeons Stirn tobte das schiere Chaos. Er besaß ein ausgeprägtes
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