Die Saga von Thale 03 - Die Hüterin des Elfenfeuers
und Zehen waren längst taub, und der Magier fürchtete, dass es nicht mehr lange dauern würde, bis sie endgültig abstarben.
Ringsumher war es sehr still, nur ein animalisch grunzendes Geräusch ganz in der Nähe verriet ihm, dass er nicht allein war.
Es klang ganz so, als befände sich nur noch ein Krieger bei ihm -und der schien zu schlafen. Der Gedanke ließ das Herz des Magiers höher schlagen. Wenn die anderen wirklich fort waren und nur einen schlafenden Wachtposten zurückgelassen hatten, war dies eine einmalige Gelegenheit, die er sich nicht entgehen lassen durfte. Obwohl er sich schwach fühlte, würde er einen Fluchtversuch wagen. Wenn das Glück ihm wohl gesonnen war, konnte es gelingen.
Blinzelnd versuchte er, den Kopf zu heben und sich umzublicken, hatte damit aber nur wenig Erfolg. Die Schläge und Hiebe der Krieger hatten sein Gesicht zu einer bläulich rot schimmernden Maske anschwellen lassen, aus der die Augen nur durch schmale Schlitze hervorblicken konnten. Das Nasenbein war vermutlich gebrochen, und der Bart von getrocknetem Blut verkrustet. Jede Bewegung bereitete Asco-Bahrran höllische Schmerzen, doch er biss die Zähne zusammen und sah sich um.
Es war dunkel. Der Nieselregen, der den Dämmerzustand des Magiers lange Zeit begleitet hatte, hatte aufgehört, aber der Himmel war noch immer - oder schon wieder? - verhangen.
Den Bulsak konnte er nirgends entdecken, aber etwas anderes erregte seine Aufmerksamkeit: In der Ferne glomm ein Unheil verkündender, rötlich gefärbter Schein über der Ebene und erhellte die Nacht bis hinauf zu den niedrigen Wolken.
Vielleicht ein Steppenbrand, überlegte Asco-Bahrran, verwarf den Gedanken jedoch sogleich wieder. Das Gras und der Boden waren viel zu nass und durchweicht, um zu brennen. Weder die Funken eines Lagerfeuers noch ein Blitzschlag vermochten die Steppe in diesem Zustand in Brand zu setzen. Der Feuerschein musste eine andere Ursache haben - nur welche?
Asco-Bahrran seufzte leise und ließ den Kopf wieder zu Boden sinken. Die unbequeme Haltung war äußerst schmerzhaft, und das Grübeln verursachte ein hämmerndes Pochen in seinem Kopf, das nur schwer zu ertragen war. Ermattet schloss er die Augen und wartete darauf, dass der Schmerz nachließ. Den Gedanken an eine Flucht gab er auf. Erschöpft und hungrig, wie er war, würde er keine hundert Längen zurücklegen können, vorausgesetzt, dass ihn die gefühllosen Füße überhaupt noch trugen. Abgesehen davon war der Versuch, sich der Fesseln zu entledigen, von vornherein zum Scheitern verurteilt. Asco-Bahrran besaß weder ein Messer, noch konnte er darauf hoffen, in der Dunkelheit irgendwo in der Nähe einen scharfkantigen Stein zu finden, an dem er die Stricke durchtrennen konnte.
Plötzlich erbebte der Boden unter schweren Schritten. »Nubut norrat angrat der larrfas!« Die knurrende Stimme eines Kriegers dröhnte wütend durch die Nacht. Er stampfte heran und blieb nur wenige Längen hinter Asco-Bahrran stehen. Leder knarrte und die eisernen Beschläge der schwarzen Rüstung klirrten, dann folgte ein dumpfer Schlag, und jemand stöhnte auf.
»DarrarU«, brüllte der Krieger den schlafenden Wachtposten an, und selbst Asco-Bahrran, der kein Wort verstand, gewahrte den Zorn, der in der raubtierähnlichen Stimme mitschwang.
»Musarad nerradftr«, hörte er den Wachtposten murmeln, worauf der neu hinzugekommene Krieger ein wütendes Knurren ausstieß. »Saggras!«, befahl er knapp, und Asco-Bahrran spürte, wie sich der Wachtposten erhob. Mit wenigen Schritten war der Krieger bei ihm, riss ihn in die Höhe und warf sich ihn wie einen Tierkadaver über die Schulter. Mit seiner Last stapfte er über die Steppe und folgte seinem Kameraden, der mit weit ausholenden Schritten auf das feurige Leuchten zueilte.
Übelkeit und Schmerzen drohten den Magier zu überwältigen, während er unsanft über die Steppe getragen wurde. Der Eberkrieger verströmte einen säuerlichen Raubtiergestank, der Asco-Bahrrans Geruchssinn aufs Äußerste reizte, und das rauschende Blut in seinem Kopf vermittelte ihm das Gefühl, als brächte es den Schädel zum Platzen. Doch bei aller Pein und demütigenden Behandlung war sein Stolz noch nicht gebrochen. Er würde sich nicht die Blöße geben, zu wimmern und zu jammern oder diese widerlichen Kreaturen um Gnade anzuflehen. Im Gegenteil. Sobald er wieder ein wenig zu Kräften gekommen wäre, würden diese abscheulichen Bestien ihr blaues Wunder erleben. Die rohe Gewalt
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