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Die Salzbaronin

Die Salzbaronin

Titel: Die Salzbaronin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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unsere gemeinsame Zukunft reizt?«
    Der Gedanke, dass er in ihr eine Art Zeitvertreib sah, gefiel Dorothea nicht sonderlich. Doch dann musste sie grinsen. »Wie hat Viola sich immer geärgert, wenn ich nach so einem Ausflug nach Hause kam! Ich würde aufwachsen wie ein Bauernkind, und sie müsse dabei zusehen, hat sie Vater immer wieder vorgeworfen. Aber einsperren hab’ ich mich nicht lassen.« In der Art, wie sie ihre Stirn kräuselte, spiegelte sich der kindliche Trotz vergangener Zeiten. Doch ihr Blick hatte seine Verspieltheit verloren - was harmlos klingen sollte, hörte sich fest entschlossen an. »Manche Dinge im Leben ändern sich nicht.«
    Es war früher Abend, als ein müde und alt aussehendes Paar Rösser, das vor ein ebenso altes Gefährt gespannt war, in die Auffahrt einbog. Als Martin Richtvogel ausstieg, war Dorotheas erster Gedanke: Was für ein eleganter Mann! Doch sofort schob ein kleiner Teufel in ihrem Geist den Zusatz nach: … kein Wunder, dass so einer nichts taugt.

12
    Kaum war Viola der Neuankömmling vorgestellt worden, ließ sie ihn und Georg wieder allein und rannte in die Küche. Einem Mann dieses Formats konnte sie nicht einfach nur kalte Speisen vorsetzen! Also musste sie das Diner für den Abend noch einmal umwerfen. Statt geräuchertem Schinken und getrüffelter Pastete musste der Koch samt seiner Magd nun ein vollständiges, mindestens dreigängiges Menü aus dem Handgelenk schütteln, was ihm nur fluchend und auf die letzte Minute gelang.
    Glückselig saß Viola später an Fredericks Seite. Die Kerzen in den dreiflammigen Leuchtern warfen kleine Lichtkegel in den Raum, von draußen wehte hin und wieder der süße Duft der Rosen zu ihnen, und der Wein in den Kristallkelchen war von einem besonders tiefen Rot. Während die anderen an ihren Gläsern nippten und sich über das Reisen im allgemeinen und das Reisen in Württemberg im besonderen unterhielten, genoss Viola einfach den Augenblick. So stellte sie sich eine Tafelrunde vor! Geistreiche Herren, elegante Damen, dazu das beste Kristall und handgemaltes Porzellan - so wurde auf Gut Rehbach für ihren Geschmack viel zu selten gefeiert!
    Sie selbst trug eines ihrer besten Kleider, dazu eine dreireihige Perlenkette, die sie seit Jahren nicht mehr angelegt hatte - wozu brauchte man auf Gut Rehbach eine dreireihige Perlenkette? Elisabeth sah ebenfalls bezaubernd aus, auch wenn Viola im stillen anmerken musste, dass der Goldton ihres Gewands sie etwas farblos erscheinen ließ. Elisabeths Frisur machte jedoch jede Schlichtheit wett: Sie hatte sich ein Diadem aufgesetzt, auf dem kleine Perlen und Diamanten um die Wette funkelten. Wenn sie nur etwas weniger ernst dreinschauen würde!
    Nur Dorothea kam wie üblich in einem ihrer Leinenkleider daher. Am liebsten hätte Viola ihre Missbilligung kundgetan, als ihr Blick auf Dorotheas Dekollete fiel: War es Einbildung, oder saß ihr Ausschnitt ein wenig tiefer als sonst? Und sah sie nicht sogar eine zarte Goldkette darin glänzen? Ha, ihre Stieftochter schien endlich erkannt zu haben, welch fetten Fisch sie mit Alexander von Hohenweihe an der Angel hatte! Oder hatte womöglich das weltmännische Auftreten des Arztes Dorothea zu diesem für sie ungewöhnlichen Putz veranlasst?
    Während Luise die Teller des Fleischganges abräumte, nutzte Viola die entstandene Pause, um sich wieder ins Gespräch einzumischen. »Wir freuen uns sehr, Sie endlich als unseren Gast begrüßen zu dürfen«, sagte sie zu Martin Richtvogel. »Georg hat Sie uns als solch brillanten Zeitgenossen geschildert, dass wir es kaum abwarten können, mehr von Ihrem aufregenden Leben zu erfahren.«
    Richtvogel ließ sein Dessertbesteck sinken. »Die Freude ist ganz auf meiner Seite, das können Sie mir glauben! Ein wenig ländliche Ruhe kann ich gut gebrauchen, vor allem, nachdem ich fast eine ganze Woche lang im Schacht einer polnischen Saline gesessen habe!«
    »Ach, Sie sind auch Salinenarzt?« Mit einem Mal hatte Violas Stimme ihren Schmelz verloren. Sie dachte an Friedrich Neuborn, den kleinen, gebeugten Mann, der tagtäglich nichts anderes tat, als hustende und bucklige Kranke zu behandeln. Und dass er wegen der »ländlichen Ruhe« nach Rehbach gekommen war, traf sie ebenfalls in ihrer Ehre als Gastgeberin.
    Richtvogel schüttelt den Kopf. »Wenn man die Zeit betrachtet, die ich in den letzten Monaten unter Tage verbracht habe, könnte man das zwar glauben, aber dem ist nicht so. Ich führe lediglich medizinische

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