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Die Salzbaronin

Die Salzbaronin

Titel: Die Salzbaronin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Bärenjagd geben, habe ich gehört. In dieser Hinsicht wäre ich froh, wenn Rehbach mit Polen Gemeinsamkeiten hätte!« Frederick lachte erneut. »Wie halten Sie es mit der Jagd, verehrter Freund?« wollte er von Richtvogel wissen, während sein Blick von einem zum andern schweifte und jedem bedeutete, dass nun genug über Salz, Bergwerke und medizinische Untersuchungen geredet worden war. Neumodische Launen - allesamt! Damit konnte man ihm gestohlen bleiben.

13
    Seit sie das Speisezimmer verlassen hatte, schwirrte dieselbe Frage durch Dorotheas Kopf: Wie sollte das gehen? Salz wie Kohle abzubauen. Ihre Ohren waren auf das Gespräch im Nebenraum gerichtet gewesen, doch außer einem gelegentlichen lauten Lachen von Georg oder ihrem Vater hatte sie nichts gehört. Wahrscheinlich hatte sich die Konversation der Männer längst anderen Themen zugewandt, doch dieses Wissen trug nichts dazu bei, ihre innere Verzweiflung abzubauen. Sie war sich vorgekommen wie jemand, der als einziger ein alles verschlingendes Feuer entdeckt hatte, und dem der Mund so gefesselt war, dass Hilferufe unmöglich waren. Nur dass es sich in ihrem Fall nicht um ein tödliches Feuer handelte, sondern um die größte, die aufregendste, die wichtigste Nachricht ihres Lebens: Salz konnte bergmännisch abgebaut werden! Warum erkannte niemand außer ihr die unglaublichen Möglichkeiten, die hinter Richtvogels so harmlos dahingeworfenen Worten steckten? Wenn dieses Verfahren in anderen Ländern funktionierte, warum hatte es dann in Schwäbisch Hall bisher keine Nachahmer gefunden? Allein dieser Gedanke ließ sie nicht mehr zur Ruhe kommen, sie fühlte sich einsam, isoliert von allen, unverstanden.
    Wie gern hätte sie diesen Richtvogel gefragt, ob in dieser polnischen Saline denn überhaupt Sole floss! Aber niemand hatte mehr über das Salz reden wollen. Wehe, du fängst wieder damit an! hatte ihr Viola mit zusammengekniffenen Augen signalisiert und statt dessen auf einer ausführlichen Beschreibung des Heilungsprozesses der polnischen Adelsblasen bestanden. Woraufhin das Gespräch zu den Geschichten anderer Adelshäuser abgedriftet war.
    Womöglich handelte es sich in Polen um einen Berg, in dem das Salz trocken wuchs, ohne verwässert zu sein, sponn Dorothea ihren Faden weiter. Das konnte nicht seih, widersprach sie sich im selben Moment, Salz gab es doch nur in Verbindung mit Wasser. Oder?
    Mitten in der Nacht verließ Dorothea ihr Bett. Die Lichter im Garten waren längst erloschen, nur der Mond funkelte wie die Hälfte einer Goldmünze. Sein Schein warf einen breiten Lichtstrahl ins Fenster, als sie hellwach die Augen öffnete. Ohne eine Kerze anzuzünden, setzte sich Dorothea mit nackten Füßen an ihren Sekretär und kramte nach Papier und Feder. Doch als sie beides vor sich liegen hatte, wusste sie plötzlich nicht mehr, was sie so eilig hatte aufschreiben wollen. Sie schob den steifen Papierbogen derart heftig von sich weg, dass er das Tintenfass ins Wanken brachte und einige Tröpfchen der schwarzen Farbe über den Rand schwappten. Sofort sog das polierte Birnbaumholz wie ein Schwamm die Tinte auf. Na wunderbar! Dorothea konnte schon jetzt Violas Gezeter wegen der ruinierten Tischplatte hören. Erfolglos wischte sie mit einem Taschentuch über die sich ausbreitenden Flecken. Sie spürte, wie ihr Hals enger wurde. Ihre Augen begannen zu brennen, und ihre Lippen zitterten. Als hätte sie nach etwas Unappetitlichem gegriffen, warf sie das Taschentuch von sich. Das fehlte noch, wegen solch eines lächerlichen Malheurs zu heulen!
    Mit eiskalten Beinen stieg sie wieder ins Bett. Was brauchte sie Papier und Feder - ihre Gedanken konnte sie auch so ordnen. Seufzend warf sie sich auf ihre linke Seite, drückte ihr Gesicht tief ins Kissen und Schloss die Augen. Im Schlaf würde die Zeit sicherlich am schnellsten vergehen. Und am nächsten Morgen wollte sie einen geschickten Moment abpassen, um Martin Richtvogel weiter auszufragen - sollte er doch seine Augenbrauen hochziehen, soviel er wollte! Zur Not würde sie ihm irgendwelchen Honig ums Maul schmieren, bis er ihr erzählte, was sie hören wollte.
    Als Dorothea aufwachte, war es schon fast zehn Uhr am Morgen. Ihre Unruhe, ihre Träume, die vielen Bilder, die sich ihr im Halbschlaf aufgedrängt hatten - dies alles hatte sie schließlich so ermüdet, dass sie noch einmal tief und fest eingeschlafen war. Sie konnte sich nicht erinnern, jemals so lange im Bett geblieben zu sein! Doch statt hektisch

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