Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Salzbaronin

Die Salzbaronin

Titel: Die Salzbaronin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
Vom Netzwerk:
den Schultern. »Schaden tut es ihnen scheinbar nicht. Aber ob’s was hilft?«
    Wie unweiblich Dorothea aussah, wenn sie ihre Lippen zu zwei schmalen Strichen zusammenkniff! Wenn ihre Schwägerin sich nur einmal die Zeit nehmen würde, vor ihrem Toilettenspiegel ein paar feminine Gesten und Posen einzustudieren! Warum Alexander von Hohenweihe Dorotheas Gehabe nicht abschreckend fand, war Elisabeth ein Rätsel. Statt sich an dem Gespräch zu beteiligen, saß er nur stumm da. Seiner Miene nach schien er sich jedoch ganz wohl zu fühlen. Er konnte doch unmöglich das Verhalten seiner zukünftigen Gattin amüsant finden, oder?
    »Und mit solchen Beobachtungen verbringen Sie Ihre Zeit? Dafür gehen Sie auf Reisen?« Ruckartig warf Dorothea ihren Zopf nach hinten. In dieser Geste lag so viel Verächtlichkeit, dass Elisabeth nicht wusste, wofür sie sich mehr schämen sollte: für Dorotheas höhnischen Ton oder für ihr ganzes Verhalten. Mit ihrer Fußspitze suchte sie Georgs Wade.
    »Nein, Dorothea. Damit allein verbringt Martin nicht seine Zeit.« Georgs Stimme klang blechern, fast böse, so dass Elisabeth im selben Moment bereute, ihn unter dem Tisch angestoßen zu haben. Wenn es um seinen Freund ging, reagierte Georg ungewohnt heftig, das war ihr schon mehr als einmal aufgefallen. »Hättest du Martin gestern nicht dauernd mit deinen unhöflichen Fragen unterbrochen, würdest du längst wissen, worin seine Arbeit zum größten Teil besteht! Er berät nämlich die Betreiber von Salinen in ganz Europa. Und zwar diejenigen, die ihre Saline in ein Heilbad umbauen wollen!«

14
    Wie es Dorothea gelungen war, den Entschluss zu fassen, aufzustehen und aus dem Haus zu rennen, konnte sie später nicht mehr sagen. Sie hatte es einfach getan. Während Elisabeth kindisch kicherte, hatte sie mit einem Ruck ihren Stuhl nach hinten geschoben und ohne ein Wort der Erklärung das Zimmer verlassen. Sie hatte Alexander ihren Namen rufen hören, hatte gehört, wie er ebenfalls seinen Stuhl zurückschob, sanfter natürlich, um ihr zu folgen. Ihre Füße waren daraufhin schneller geworden, ihre Schritte länger.
    Ohne sich umzuschauen oder auf Alexander zu warten, war sie vom Haus weggerannt, in Richtung Saline.
    Erst als sie am fünften Siedehaus vorbei war und auf Nummer vier zusteuerte, hielt sie inne. Ihr Speichel schmeckte metallisch. In ihrem Hals pochte es, und sie zwang sich, tief Luft zu holen. Dann drehte sie sich um und lief in Richtung Kocher. Einem der Salinenarbeiter zu begegnen hätte sie nicht ertragen. Zuzusehen, wie die jungfräuliche Sole aus den Erdleitungen gepumpt wurde, aus den Leitungen schäumte und wie jeden Sonntag eimerweise in die Siedepfannen gegossen wurde, ebenfalls nicht.
    Sie eilte zügig an Violas Parklandschaft entlang, hinab zum Kocherufer, zum wilden Teil des Gartens. Zu einem klaren Gedanken war sie noch immer nicht fähig, dafür war sie so voller Empfindungen, dass sie glaubte, ihre Brust müsste bersten, wenn sie nicht einen Teil davon sofort loswurde. Sie war fuchsteufelswild!
    Langsamer als zuvor ging sie weiter, zwang sich endlich, das Tischgespräch noch einmal Satz für Satz zu durchleben. Erinnerte sich an ihre Fassungslosigkeit, als Georg ihr eröffnet hatte, dass auch er erwäge, aus Rehbach ein Kurbad zu machen. Es war Zeit, sich der Realität zu stellen!
    Die Saline Rehbach - ein Kurbad!
    Auf den ersten Schreckmoment war Amüsement gefolgt, dann Ungläubigkeit. Sie hatte laut herausgelacht, im Glauben, dass es Scherze dieser Art gewesen waren, welche die Tischrunde vor ihrem Eintreffen so erheitert hatten. Auch angesichts von Elisabeths verklärtem Blick und deren Gefasel von Badegästen, von Tanzveranstaltungen und einem Teehaus neben dem Heilbad, hatte sie nachsichtig gelächelt. Als Viola dann in Elisabeths Geschnatter eingestimmt hatte, war ihr das Gerede von Salzwasser, das aus geschliffenen Kristallpokalen getrunken werden sollte, lästig geworden. Krampfhaft hatte sie nach einer Möglichkeit gesucht, das Gespräch in eine andere Richtung zu wenden, doch vergeblich.
    Dann hatte Georg begonnen, diesen Richtvogel nach Einzelheiten auszufragen, und Dorothea war das Lachen vergangen.
    Kniend hockte Dorothea im Gras, als sie einen Schatten im Gebüsch links von ihr zu erkennen glaubte.
    Alexander! Der Schreck ließ sie die Augen weit aufreißen. Doch niemand kam. Sie sackte zusammen wie ein Blasebalg, der seine Luft verlor. Gott sei Dank! Alexander hätte ihr jetzt gerade noch gefehlt.

Weitere Kostenlose Bücher