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Die Salzbaronin

Die Salzbaronin

Titel: Die Salzbaronin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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Keinen Ton hatte er zu Georgs aberwitzigen Plänen gesagt - aus Feigheit, Desinteresse oder womöglich einfach deshalb, weil er sie guthieß?
    Dann hörte sie ein Knacken.
    »Ist da wer?«
    Zwei dunkle Hände schoben die holzigen Äste eines Holunderbusches und einer Berberitze zur Seite.
    Dorothea hielt den Atem an.
    Als vor ihr Rosa mit einem Korb über dem rechten Arm erschien, wusste sie nicht, was sie dazu sagen sollte.
    »Tut mir leid, wenn ich Sie erschreckt habe.« Mit einer hastigen Bewegung warf die Heilerin ihre offenen Haare nach hinten, die sich wie eine pechschwarze Flut den Rücken hinab ergossen.
    Obwohl ihre Worte wohl entschuldigend klingen sollten, sah das Weib eher so aus, als fühlte sie sich selbst gestört. »Was machst du hier im Garten? Hier hast du nichts verloren!« fauchte Dorothea die Frau an. Gleichzeitig konnte sie ihren Blick nicht von ihr wenden. Wie lange war es her, dass sie Rosa, die Hagezusse, zum letzten Mal gesehen hatte?
    »Ich war dabei, Kräuter zu pflücken, die nur im Schutz der Hecke wachsen. Und die Haselnüsse sind auch schon reif.« Rosa zeigte mit dem Kinn auf die braun glänzenden Früchte in ihrem Korb. Statt sich für ihre Anwesenheit zu entschuldigen, sich mit eingezogenem Kopf hastig zu entfernen, machte sie einen Schritt auf ihr Gegenüber zu, bis sie nur noch wenige Handbreit von Dorothea entfernt war. Der Stoff über ihren Brüsten spannte sich in einer herausfordernden Art, und ihr Körper strömte einen starken Duft nach an der Sonne getrocknetem Heu aus.
    Unwillkürlich wich Dorothea zurück. Rosa war auf den Tag genauso alt wie sie, aber das war nichts, was die beiden Frauen verbunden hätte. Ganz im Gegenteil. Als Dorothea noch ein kleines Mädchen gewesen war, hatten ihr die Weiber aus der Saline irgendwann einmal - auf ihr ewiges Quengeln hin - vom Tag ihrer Geburt erzählt. Dem Tag, an dem Harriet, die Heilerin, zur gleichen Zeit niedergekommen war wie Dorotheas Mutter und ihr deshalb nicht helfen konnte. »Ein Unglück, ein Unglück«, hatten sie immer wieder kopfschüttelnd gemurmelt, und Dorothea hatte geglaubt, einen Vorwurf herauszuhören. Sicher hatte Rosas Mutter wegen dieses Unglücks ein schlechtes Gewissen, hatte sie sich daraufhin zusammengereimt und dies auch als Grund dafür betrachtet, dass Harriet ihre Tochter Rosa nicht mit den anderen Kindern hatte spielen lassen. Dorothea selbst hatte keinen Groll gehegt, weder gegen Rosa noch gegen ihre Mutter. Irgendwie hatte das ganze »Unglück« nichts mit ihr zu tun - zu Hause war jedenfalls nie darüber geredet worden. Weder sie noch die Salzkinder hatten sich um den schwarzhaarigen Schopf gekümmert, der fast täglich über die dichte Hecke hinweg vom Haus am Waldrand zu ihnen herübergestarrt hatte.
    Als Harriet dann vor ein paar Jahren gestorben war, war Rosa einfach in die Fußstapfen ihrer Mutter getreten. Die Leute aus der Saline gingen nun zu ihr. Dorothea Riss sich aus ihren Erinnerungen. »Du bist auf meinem Land«, sagte sie heftig. »Pflück deine Kräuter sonstwo!«
    Rosas Miene war verschlossen, nicht gerade feindselig, aber auch keine Spur furchtsam. »Das hier ist Almende. Mit eurem Garten hat der Boden nichts mehr zu tun.«
    Das Weib hatte etwas so Elementares an sich, als sei es gerade erst sattem, fruchtbarem Erdreich entstiegen! Dorothea schaute sich um und erkannte, dass tatsächlich sie es war, die sich auf fremdem Gebiet befand! Ohne es zu merken, hatte sie den Grund von Rehbach verlassen. Als sie sich nun umdrehte, erkannte sie die schmale Öffnung in der Hecke, die das Graauwsche Land einfasste. Blind vor Wut und außer Atem musste sie durch dieses grüne Portal gerannt sein!
    Rosa drehte sich wortlos um und ging weiter.
    Dorothea wusste nicht, wie lange sie der Heilerin nachschaute. Langsam fühlte sie sich ein wenig besser. Geradeso, als hätte das Weib ihr neue Kraft eingehaucht. Weggeblasen war das Durcheinander, weg auch die Wut. An ihre Stelle war eine Gewissheit getreten, die sich gut anfühlte. Nie und nimmer würde sie Rehbach im Stich lassen. Nie und nimmer würde sie zulassen, dass Georg das zerstörte, was Generationen von Graauws über Jahrhunderte aufgebaut hatten. Wenn schon Vater, der gutmütige Tölpel, Georg nicht in seine Schranken wies - ihr würde etwas einfallen!
    Vor der Hecke, die ihr Land umschloss, blieb sie stehen. Auf einmal hatte der Augenblick etwas so Erhabenes, dass Dorotheas Atem nur noch in kurzen Stößen kam. »Und wenn’s mich alles

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