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Die Salzbaronin

Die Salzbaronin

Titel: Die Salzbaronin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Petra Durst-Benning
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der vielen Sprünge, die Frederick und seine Jagdgesellschaften darüber gemacht hatten, aufgewühlt und tiefgründig war. Fredericks Gewicht drückte Dorothea in den Boden, der Matsch quoll seitlich an ihren Beinen hoch - es sah aus, als wolle der Sumpf sie verschlingen. Ihr Zopf hing vorn auf ihrer Brust, das Ende war ebenfalls mit Erde verschmiert. Wie durch ein Vergrößerungsglas nahm Dorothea jedes noch so unwichtige Detail wahr, ohne das sie das Unfassbare begreifen konnte.
    Sie hatte eigentlich zur Saline gehen wollen, als sie aus einem plötzlichen Impuls heraus statt dessen den Weg in den Wald eingeschlagen hatte. Dort konnte sie immer besonders gut nachdenken.
    Und dann hatte sie ihren Vater gefunden.
    Vielleicht sollte sie etwas tun. Jemanden zu Hilfe holen. Sie konnte das Pferd, das seelenruhig neben Frederick graste, dazu nehmen. Wo war eigentlich Fredericks eigenes Pferd? Und wo der Jagdhelfer? Dorothea schaute hinab in das alte, bekannte Gesicht und blieb reglos sitzen.
    Dunkle Flecken zeichneten sich dort ab, wo Fredericks Kopf auf ihrem Rock lag. Mit ihrem rechten Zeigefinger fuhr sie an seinem Hinterkopf entlang. Dort, wo die Haut aufgeplatzt war, tauchte er ins offene Fleisch. Hastig zog sie ihre Hand zurück. Es war Blut, was da aus seinem Kopf lief - nur mit Mühe machte sie sich diese Tatsache klar.
    Nach einer Ewigkeit tauchte Fredericks Jagdhelfer zwischen den Bäumen auf. Und hinter ihm Rosa, die Heilerin.
    »Er ist tot!« Dorotheas Blick streifte Rosa, blieb dann an dem Jungen haften, der wie angewurzelt und mit vor den Mund geschlagener Hand da stand. »Was ist geschehen? Um Himmels willen, was ist hier passiert?«
    Der Junge schluckte heftig, sein Adamsapfel hüpfte auf und ab.
    Rosa legte ihren Beutel auf den Baumstamm, kniete sich neben den Grafen und hielt dabei soviel Abstand zu Dorothea wie möglich. Als sie mit den Fingern ihrer rechten Hand versuchte, seinen Herzschlag zu ertasten, schob Dorothea sie besitzergreifend weg. »Ich sage doch - er ist tot! Du bist zu spät!«
    Zögernd ließ Rosa den Toten wieder los.
    Endlich regte sich der junge Jagdhelfer. »Als ich losrannte, um Hilfe zu holen, da lebte er noch! Er… sein Kopf …« Er wischte sich mit der flachen Hand übers Gesicht und schaute von einer Frau zur anderen.
    »Warum bist du überhaupt weggelaufen?« herrschte Dorothea den Jungen an. »Wahrscheinlich würde mein Vater noch leben, wenn du ihn nicht im Stich gelassen hättest!« Sie war ungerecht, das wusste sie.
    Der Junge öffnete den Mund zu einer Erwiderung, doch kein Ton kam heraus.
    »Hilfe zu holen hat doch nichts damit zu tun, jemanden im Stich zu lassen«, antwortete Rosa statt dessen.
    Dorothea lachte bitter. »Das mit der Hilfe hat anscheinend nicht geklappt. Vater war ein guter Reiter. Warum ist er gestürzt?« Ein Reitunfall! Auf alles wäre sie gekommen, nur darauf nicht.
    Stockend erzählte der Jagdhelfer, was geschehen war: Sie waren noch nicht lange vom Stall weg gewesen, hatten die Pferde gerade erst warm geritten, als sie den Baumstamm ins Visier genommen hatten. Wie jeden Tag hatten sie auch diesmal darübergesetzt - der Graf war der Ansicht, ein Sprung gleich zu Beginn eines Ausritts würde die Pferde wach machen. Die Stute des Jagdhelfers wie auch Jusuff waren willig gesprungen, doch kaum auf der anderen Seite aufgekommen, hatte Jusuff zu bocken begonnen. Der Junge hatte sein Pferd gerade noch abdrehen können, sonst wäre es von den ausschlagenden Hinterbeinen des Hengstes getroffen worden. Der Graf hatte versucht, das Pferd mit Worten zu beruhigen, und es wieder in den Zaum zu kriegen. Vielleicht hatte er dabei die Zügel zu eng an sich genommen, jedenfalls war der Gaul gestiegen und hatte Frederick aus dem Sattel geworfen. »So schnell ich konnte, bin ich abgestiegen und zu Ihrem Vater gelaufen«, versicherte der Jagdhelfer Dorothea, »aber in der Zwischenzeit ist Jusuff auf und davon!«
    Frederick von Graauw war tot. Dorothea wurde schwindlig.
    Nächtelang hatte sie wachgelegen und überlegt, wie sie Fredericks Zustimmung für den Schacht gewinnen konnte. Tag für Tag hatte sie Worte gesucht, Erklärungen geprobt, Zwiegespräche einstudiert. Doch es war ihr nichts eingefallen, was ihr einen Versuch wert erschienen wäre. Vater war ein alter Sturkopf, faul und manchmal etwas begriffsstutzig obendrein - was hätte sie also sagen sollen, um ihm die Idee mit dem Steinsalzabbau schmackhaft zu machen? Und so hatte sie das Gespräch immer wieder

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