Die Samuraiprinzessin - Der Spiegel der Göttin: Band 1 (German Edition)
und dass er den Überfall unbeschadet überstanden hat, verwundert nicht. Doch der andere … Ich will keinen falschen Verdacht äußern, aber möglicherweise lebt er nur noch, weil er die Verräter über den Weg, den der Fürst beim Jagen nehmen würde, informiert hat.«
»Und was willst du nun tun?« Ein Schauer rann über meine Arme, denn ich ahnte bereits, wie die Antwort aussehen würde.
»Ich werde mir den Burschen unterwegs einmal zur Brust nehmen. Liege ich mit meinem Verdacht richtig, und als Diener Enmas sollte ich mich nicht täuschen, wird er wohl nicht mehr zu Yoshinaka zurückkehren.«
»Und wenn du dir seinen Körper nimmst?«, fragte ich. »Es wäre doch möglich, dass du an seiner Stelle weitermachst und dann herausfindest, wer die Verräter sind.«
Ein schiefes Lächeln huschte über Hiroshis Gesicht. »Du vergisst dabei etwas Grundlegendes. Wenn ich diesen Körper, in dem ich stecke, verlasse, werde ich ihn nicht wieder betreten können. Wir können von einem Menschen nur unmittelbar nach seinem Tod Besitz ergreifen. Und was wird dann aus Takeshi? Wer befreit ihn aus seiner Geiselhaft?«
»Ich dachte nur … «
»Dass es mir egal wäre, was mit dem Mann passiert? Oh nein, egal ist es mir nicht, denn Takeshi ist ein wichtiger Verbündeter. Eines Tages wirst du vielleicht die Hilfe des Klosters wieder benötigen, bis dahin wird er nicht vergessen haben, dass du dazu beigetragen hast, ihn aus den Fängen der Schattenkrieger zu befreien.«
Irrte ich mich oder zeigte Hiroshi jetzt doch so etwas wie ein Gefühl?
»Du wirst Yoshinaka und Kanehira begleiten und dich gut um die Verletzung des Fürsten kümmern. Und wenn ich gut sage, dann meine ich das auch, denn ich glaube nicht, dass Kanehira lange fackeln wird, wenn er meint, dass seinem Ziehbruder ein Unheil widerfährt. Du darfst dein Leben nicht durch unbedachte Handlungen aufs Spiel setzen.«
»Das werde ich nicht.«
»Gut. In deiner Satteltasche stecken ein paar Tiegel mit Kräutern. Wie du sie zu verwenden hast, weißt du.«
Ich nickte. Immerhin war Kräuter- und Heilkunde das Fach gewesen, in dem ich Hiroshi am wenigsten Ärger gemacht hatte.
»In ein paar Tagen werde ich wieder zurück sein und mithilfe der Götter die Feinde am Wegrand ausgemerzt haben.«
»Und wo finde ich die Hütte? Um Kanehiras Zorn zu vermeiden, werde ich wohl so tun müssen, als würde ich mich auskennen.«
»Reite den Berghang hinauf und halte dich ungefähr in dieser Richtung«, bedeutete er mir. »Halte dich nur geradeaus, egal wie das Gelände aussieht. Die Hütte ist ein alter Rastplatz für Reisende. Aber sei vorsichtig, möglicherweise kommen auch dort Schattenkrieger vorbei. Wenn du ihre Gegenwart spürst, bringe Kanehira dazu, sich mit dir und dem Fürsten zu verstecken.«
Das schien mir eine größere Aufgabe zu sein, als die Hütte selbst zu finden.
»Müssen wir denn in diese Hütte? Wenn es dort vor Schattenkriegern wimmelt, werden sie uns sicher angreifen.«
»Dieses Land gehört ihnen nicht, also werden sie nur angreifen, wenn sie sich provoziert fühlen. Geh ihnen aber trotzdem lieber aus dem Weg. Wenn das Leben des Fürsten verloren geht, ist das für die Minamoto ein herber Schlag, und die Taira werden ihren Triumph ausgiebig feiern. Das ist das Letzte, was wir ihnen gewähren sollten, nicht wahr?«
Ich schüttelte den Kopf. Nein, das wollte ich wirklich nicht.
Hiroshi legte mir seine behandschuhte Hand auf die Schulter. »Du wirst es schaffen, Tomoe, das weiß ich. Wenn der Fürst am Leben bleibt und heil im Palast ankommt, wird er uns auf ewig dankbar sein, da hatte Kanehira recht. Das wird unseren Auftrag und vor allem deine Bestimmung wesentlich erleichtern.«
Damit wandte er sich um und kehrte zu seinem Pferd zurück. Schon wollte ich ihn bitten, auf sich aufzupassen, doch dann fiel mir wieder ein, dass ein Diener Enmas wohl seine Hülle verlieren konnte, nicht aber sein Leben.
Ich kehrte zurück zu Kanehira, der seinen Herrn bereits auf den Sattel gebunden hatte.
»Ich hoffe, du weißt, wo es langgeht, Mädchen«, sagte er grimmig, worauf ich nickte und dann nach Akihiko pfiff, der zwischen den Baumstämmen nach Gras suchte. Sogleich kam er angetrabt, was dem Krieger ein bewunderndes Kopfnicken abrang.
»Du hast dein Pferd wirklich gut erzogen. Und eine Schönheit ist es obendrein.«
»Er ist nur ein einfacher Hengst von unserer Weide«, entgegnete ich und setzte mit einem Lächeln hinzu: »Und er ist mein Freund.«
21
Das
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