Die San-Diego-Mission
das Recht, diese Abzeichen zu tragen!«
Die Barfer hielten das Ganze zunächst für einen Witz, und Big Ugly fing an, auf dem Jeep einen Trommelwirbel zu schlagen, bis sie merkten, daß der Beamte der Border Patrol Augen hatte, die mindestens zehnmal so verrückt waren wie die Augen von Ken Kelly. Und dann wußten sie, daß der Bursche es bitter ernst meinte.
Der Pollo hatte keine Minute daran gezweifelt, daß der migra es ernst meinte, und er fing am ganzen Körper an zu zittern, als der Beamte der Border Patrol ein Taschenmesser herausnahm und die Messingknöpfe der Jacke abschnitt.
Als der Sommer sich ankündigte, taten sie zwar wie immer ihre Pflicht, auf der anderen Seite aber keinen Handschlag zuviel – will heißen, sie nahmen hier und da ein paar Gangster fest, die zwar den Teilnehmern eines Kiwani-Treffens vielleicht wenig imponiert hätten, andererseits jedoch auch keineswegs nur mit Messern und Eispickeln ausgerüstet waren und ihnen manchmal einen ganz netten Schreck einjagten. Nichts indessen, das unbedingt in den Elfuhrnachrichten gebracht werden mußte. Und an einem ungewöhnlich warmen Abend befahl Manny, in die Canyons zu gehen und effektiv so lange rumzulaufen, bis sie überfallen wurden. Diese Ruhe und dieser Frieden machten ihn ganz krank. Sie stiegen also in den Wagen, alle, wie sie da waren, und wurden von Robbie Hurt und Ken Kelly in unmittelbarer Nähe von Airport Mesa abgesetzt. Sie marschierten in westlicher Richtung los. In Richtung auf den verdammten Ozean! Manny Lopez lief immer weiter.
Natürlich rutschte der alte Fred Gil aus und fiel in einen Scheißhaufen. Nicht anders erging's Renee Camacho, der an dem Abend diese hochhackigen Schuhe trug, die im allgemeinen die Grenzgänger zu tragen pflegten, wenn sie den kläglichen Versuch machten, sich fein anzuziehen. Nach den ersten zwei Meilen schwollen seine Knöchel an. Er humpelte hinter dem dritten Mann her. Sie marschierten durch ausgetrocknete Bachbetten und steile Böschungen hinunter direkt auf die Interstate 5 zu. Gleich nachdem die Dunkelheit hereingebrochen war, hörten sie ein Gerassel.
»Vorsicht! Eine verdammte Schlange!« schrie einer, und sie hätten fast geschossen.
»Verdammt, sag nicht ›Vorsicht!‹« schrie Manny. »Sag's auf spanisch. Sag trucha oder so was.«
Prompt schrie einer: »Trucha! Eine verdammte Schlange!«
Die Moskitos hatten an diesem aromatischen frühen Sommerabend offenbar ihre besondere Freude. Sie griffen in Schwärmen an, und alle schlugen um sich und fluchten. Noch ehe sie die vierte Meile hinter sich gebracht hatten, waren Hände und Gesichter geschwollen. Sie trugen ihre kugelsicheren Westen und schleppten ihre ganze Bewaffnung mit, und Renee Camacho trug zudem noch die Schrotflinte. Manny Lopez legte nicht mal eine Pause ein, um einen zur Brust zu nehmen. Er war ein besessener Mensch.
Irgendwann erklärte er allen, er sei nicht bereit, das Gefluche und Geknurre noch länger zu dulden. Bis zum Ozean waren es acht Meilen von der Stelle aus, wo sie in der nächtlichen Finsternis losmarschiert waren, hin und wieder nicht mal auf ausgetretenen Pfaden, sondern auf steinhartem Lehmboden und mitten durch die Kakteen- und Dornbüsche. Carlos Chacon, der momentan 235 Pfund mit sich herumschleppte, erklärte, daß er gleich sterben würde, und als sie gerade glaubten, Gott und alle Welt habe sie verlassen, vertrat sich Manny den Knöchel und fiel der Länge nach in das faule und stinkende Wasser eines seichten Tümpels.
Manny konnte so laut schreien, wie er wollte, es half ihm nicht das geringste. All die hartgesottenen Scheißkerle, von denen zwei wirklich nach Scheiße rochen, wälzten sich auf dem Boden herum. Sie schnieften, gackerten, quiekten und johlten.
Der abgetakelteste Penner von Tijuana hätte ohne weiteres durch ein Loch im Zaun kriechen und sie allesamt entwaffnen können. Als sie eine Stunde später die Meeresküste erreichten, konnten sie allerdings nur noch keuchen und schnaufen und japsen und waren derart erschöpft, daß sie bei der Vorstellung, wie Manny auf seine pseudoarmenische Nase gefallen war, nicht mal kichern konnten. Sie nannten den Marsch den Todesmarsch.
Manny, immerhin, verlor auch in dieser langweiligen Zeit seinen Humor nicht. Als sie sich am nächsten Abend im Westen ihres Reviers bei Stewart's Barn herumtrieben, einer bei Grenzgängern sehr beliebten Scheune, entdeckten sie, daß sich innen eine Gruppe von fünfzig Menschen versteckt hatte und auf ihre
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