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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Nichtsdestotrotz war der King, der immer frustrierter wurde, weil er beruflich anscheinend für alle Ewigkeit auf Sparflamme kochen mußte, für ein bißchen Action recht empfänglich. Für die »letzte Erfahrung«, wie Fat Mindy das nannte.
    »Sex, Rauschgift, Rock 'n' Roll!« schrie Ken Kelly, wobei er einen reichlich schwachsinnigen Eindruck machte. »Beee bop a doo bop, a bam bam boo!«
    Ken Kelly trank sich mit Wodka genügend Mut an und kreuzte wie verabredet in Fat Mindys Apartment auf, wo das neue Mädchen natürlich schon auf ihn wartete. Sie aß ein Sandwich mit Erdnußbutter.
    Sie war angezogen wie auf einem Gainsborough-Porträt oder vielleicht auch wie Little Bo Peep, und als sie sagte: »Möchtest du auch etwas Erdnußbutter?«, hörte es sich an, als hätte in dem Film, den er sich im Fernsehen angeschaut hatte, Gregory Peck an Ingrid Bergman die Frage gerichtet, ob sie lieber Schinken oder Leberwurst haben möchte, worauf sie ihm eine Antwort gab, die mindestens ebensogut klang wie eine Symphonie. Leberwurst! Erdnußbutter!
    Und als er sich dann auf dem Sofa ein bißchen ausruhte und überlegte, ob er's mit dem Saufen nicht ein bißchen übertrieben habe, schockte sie ihn mit der Frage: »Glaubst du an Gott?«
    »Na klar«, sagte Ken Kelly achselzuckend. »Ich bin Lutheraner. Wieso?«
    Aber plötzlich begann sie zu zittern und langsam wegzutreten. Sie kriegte schmale Augen und wurde ganz starr. Vor seinen Augen wurde sie kalt wie Eis. Und das sollte die Nummer sein, die angeblich schon kam, wenn man sie nur mit dem Ellbogen berührte?
    Und sie sagte: »Ich bete den Teufel an.«
    »Na, ich bin auch ganz gern mal 'n kleiner Satan!« kicherte Ken Kelly.
    »Nein, ich mein das ernst«, teilte sie ihm mit und leckte mit ihrer blitzschnellen Zunge, die einer Schlange zu gehören schien, die Erdnußbutter ab. »Ich bete den Fürsten der Finsternis an.«
    Mittlerweile machte sich Ken Kelly doch ein paar Gedanken, und vor allem überlegte er sich, ob er nicht besser ein anderes Thema zur Sprache bringen sollte, weil diese Art Blödsinn für ihn nicht ganz so interessant war wie offensichtlich für sie. Sein walroßähnlicher Schnurrbart zuckte wie verrückt auf und ab, und er wußte es.
    Dann schluckte sie eine Kapsel runter, und weil's einem in puncto Drogen sehr rasch passieren konnte, vom Police Department gefeuert zu werden, war er auch davon nicht gerade hemmungslos begeistert. Dann aber sagte sie: »Ich gehör dieser … Gesellschaft an. Wir ficken gern.«
    »Na, da sagste endlich, was Sache ist!« brüllte Ken Kelly. »Meine Freunde tun das meistens auch ganz …«
    »Auf Altären. Möglichst in richtigen Kirchen. In Notfällen bauen wir einen Altar nach.«
    Ken Kelly nahm plötzlich total unabsichtlich sein Jack-Nicholson-Image an, was ihm regelmäßig immer auch dann passierte, wenn er in Panik geriet. Er strich das weiche blonde Haar über die Ohren zurück, und der Schnurrbart flatterte wie verrückt auf und ab.
    »Stehst du auf LSD?« erkundigte sie sich. »Oder mehr auf Meskalin?«
    »Nee, ich trink meistens bloß Bier«, sagte Ken Kelly, und seine Augen huschten blitzschnell zu einer geschlossenen Tür. Inzwischen rechnete er sogar damit, daß dahinter ein Bursche stand, der einen eisernen BH und eine Ledermaske trug! Er ärgerte sich mehr und mehr, daß er die Kanone nicht eingesteckt hatte.
    »An manches müßtest du dich schon gewöhnen, King«, meinte sie. »Vor allem an die Todesfeier.«
    »Die Todesfeier«, sagte er. »Welche Todesfeier?«
    »Hunde. Wir töten Hunde und trinken ihr Blut, wenn es noch warm und frisch ist. Schockiert dich das?«
    »Zum Teufel, nein!« schrie Ken Kelly. »Das ist ja bestimmt auch nur der ganz harmlose Teil, oder? Scheiße, ich bin überhaupt nicht schockiert!« Er heftete den Blick an die Zimmerdecke, und seine blauen Augen wirkten so wahnsinnig, daß sie fragte: »Was guckst du so?«
    Er antwortete nur: »Ach, nix. Ich guck nach gar nichts. ICH WARTE BLOSS AUF EINEN VERDAMMTEN BLITZ AUS HEITEREM HIMMEL!«
    Und das war's dann. Sein Schwanz war so schlapp wie Fetuccini. Ob's ihr in Weltklassemanier kam oder nicht, die Romanze war vorbei, bevor sie angefangen hatte. Die Barfer konnten wahrhaftig nicht immer so verwegen sein, wie manche Leute von ihnen erwarteten.
    Ken Kelly fuhr den Rest der Nacht nur noch rum und überlegte sich, was aus seinem jungen Leben geworden war. Durch die Gerichtssäle geschleift wie ein Schwerkrimineller, bloß weil er ein

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