Die San-Diego-Mission
Punkt beneidete. Der Glaube war es, den er in dieser seiner kritischen Lebensphase vermißte. Der Glaube an irgendwas oder an irgendwen. Sie dagegen besaß mindestens eine Tonne davon.
Aber wie konnte er an etwas glauben, das er zugleich verachtete? Und wie konnte er den dringenden Wunsch haben, möglichst schnell wieder raus in die Canyons zu kommen, wenn er seinen Job zur gleichen Zeit haßte? Es war einfach zu schwer, darauf eine Antwort zu finden. Aber obgleich er ein intelligenter Mensch war, nisteten sich solche Fragen in seinem Kopf ein, ohne daß er's wollte.
Eines Nachts, als er mit billigem Schnaps wieder mal voll war bis unter die Schädeldecke, entschloß er sich dann, diese ganze Sache ein für allemal durchzustehen. Er nahm seinen Rivalen frontal auf die Hörner. Sie hatten einen fürchterlichen Krach. Vor lauter Schreierei beschlug sich seine Brille, und es endete damit, daß Dene sich im Wohnzimmer die Augen aus dem Kopf weinte.
Tony Puente wollte es ihr zeigen. Er wollte es der ganzen Welt zeigen. Er wollte einfach was kaputtmachen. Er sammelte sämtliche religiösen Traktate, Bücher und Bibeln ein, die sie besaß. Er hatte zum Schluß ganze Arme voll von dem Zeug. Wenn sein Tun Teufelswerk war, na bitte, dann war's eben Teufelswerk!
Tony schleppte die gesamte religiöse Literatur in die Küche und zündete sämtliche Brenner des Gasherds an. Augenblicke wie diese erfordern große Gesten. Er warf mehrere Traktate auf einmal ins Feuer, um sie zu verbrennen und dabei ihrem verbohrten, beschissenen Gott anheimzustellen, was dagegen zu unternehmen.
Während Dene dann so heftig weinte, daß sie kaum Luft holen konnte, und Tony, der durch den Wohnraum schwankte, verwundert feststellte, daß er betrunkener war, als er geglaubt hatte, machte er zufällig nochmal kehrt. Die verdammte Küche war ein einziges Inferno!
Das Haus wurde nur dadurch gerettet, daß der Ausguß so nahe war. Aber nachdem er schließlich eimerweise Wasser auf das Feuer geschüttet hatte, war er noch längst nicht fertig. Er schnappte sich ihre Klamotten gleich bündelweise. Er schmiß sie aus der Hintertür. Dann schmiß er sie aus der Hintertür und schloß ab.
Er torkelte ins Schlafzimmer und fiel ins Bett. Er erwachte mit einem höllischen Saufkopf und einem massiven Druck auf der Leber und stellte sich natürlich vor, sie liege neben ihm im Bett. Aber er lag allein im Bett. Er ging in den Wohnraum und erwartete, sie schlafend auf dem Sofa zu finden. Sie war aber auch da nicht.
Er geriet in Panik. Er hatte sämtliche Schreckensvorstellungen, die bei Polizisten gang und gäbe sind, wenn sie sich über ein geliebtes Wesen Sorgen machen. Er stellte sich vor, wie sie mitten in der Nacht durch die Straßen irrte und von einem Verrückten aufgegabelt wurde, und zum Schluß sah sie aus wie alle Leichen, die er gesehen hatte. Das Auto! Möglicherweise hatte sie sich ja gerade noch in ein Motel retten können! Er raste in die Garage und sah das Auto. Sie lag auf dem Rücksitz und schlief.
Er war fix und fertig. Die nächsten drei Stunden verbrachte er damit, ihr zu erzählen, wie erleichtert er sei und wie leid ihm das alles tue und was für ein hirnverbrannter Idiot er doch sei und all die anderen Sprüche, die jemand mit überentwickelten Verantwortungs- und Schuldgefühlen in einer Situation wie dieser von sich gibt. Er holte all ihre Klamotten wieder rein. Er wollte sie persönlich waschen und bügeln. Er hatte das Gefühl, vor allem seine verdammte Zunge waschen und bügeln zu müssen.
Ausgerechnet ein sonst so zugeknöpfter Bursche wie er mußte sich dann einfach erleichtern, als er zum Dienst kam. Wenn er es nicht irgendwem erzählte, würde er explodieren wie eine Landmine. Er erzählte jedem, wie er um ein Haar sein Haus abgebrannt hätte.
Die anderen Barfer hörten ihm nur allzugern zu, weil sie dadurch von ihren eigenen häuslichen Problemen abgelenkt wurden. Ken Kelly sagte, das Ganze sei phantastisch, genau wie diese große Szene in dem Film Der Exorzist, aber genau umgekehrt! Ken Kelly war vor allem glücklich darüber, daß ihm bei der Gelegenheit wieder einfiel, wie er es dieser Satansfickerin gegeben hatte. »Da sieht man mal wieder«, sagte er, »Gott läßt Seiner nicht spotten.«
Für Tony Puente, den sowohl seine eigene religiöse Unruhe als auch die seiner Frau völlig auffraß, füllten die Einsätze in den Canyons eine Riesenlücke. Seine einzige Realität, sagte er. Irgendeine Art von rituellem
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