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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Bedürfnis.
    Bei diesem ganzen BARF-Experiment war mittlerweile eine andere Gangart eingelegt worden. Es lief gewissermaßen mit eigener Antriebskraft und nach eigenen Gesetzen, und niemand wußte noch, wohin die Reise ging, und niemand würde es, wie die Barfer mehr und mehr glaubten, je stoppen können. Ganze zehn Tage nach der Festnahme von Loco passierte ein weiterer Zwischenfall, in den dann nicht allein die BARF Squad verwickelt war, sondern zugleich die höchsten Justizbeamten beiderseits der Grenze.
    Der Fall sollte die Gerichte von San Diego noch auf Jahre hinaus beschäftigen. Und von allen Erfahrungen sollte es die umstrittenste und bitterste sein und die Zwietracht der Barfer untereinander noch größer machen.

 

    15. KAPITEL
    Der Keller
    F ür die Gesetzeshüter südlich dieser imaginären Linie war la mordida eine Sache, die zum Leben gehörte. Man war auf mordida angewiesen, um eine Familie zu ernähren, und das war immer so gewesen, seit die Weißen die Azteken wie gemeine Verbrecher niedergemacht hatten.
    La ley de fuga gehörte südlich der imaginären Linie ebenso zum Leben. Wer auf die Idee kam, den Justizbeamten stiftenzugehen, besaß völlig unabhängig von ihm zur Last gelegten Verbrechen eine sehr reelle Chance, erschossen zu werden. Die Regeln dieses Spieles, die sich in Jahrhunderten nicht geändert hatten, kannte jeder.
    Im Juli erhielten die Barfer Informationen, die beide Sachen betrafen. Einem der Berichte lagen die Aussagen mehrerer Pollos zugrunde, sie seien von einem Polizistenteam aus Tijuana hopsgenommen worden, als sie in unmittelbarer Nähe von Colonia Libertad gerade den Boden der USA betreten wollten, und man habe sie dann in einem Streifenwagen ein bißchen um Tijuana rumgefahren, bevor die Beamten ihnen verklickert hätten, daß sie unter Umständen davon Abstand nehmen würden, sie ihrem comandante vorzuführen, falls die Pollos entsprechend was springen ließen.
    Die Pollos, so hieß es, hätten dann alles rausgerückt, was sie hatten, nämlich 40 US-Dollar, und die Polizisten hätten sie zum Grenzzaun zurückgefahren und ihnen einen herzlichen Abschiedsgruß entboten.
    Der Zwischenfall, der la ley de fuga betraf, berührte BARF direkt. Gegen elf Uhr abends befand sich das Ensemble, zu dem momentan Joe Castillo gehörte, südlich der Monument Road. Der an dem Abend mit Deckungsaufgaben betraute Ernie Salgado hörte aus der Nähe der Drainageröhre einen Gewehrschuß und meinte per Funk, das Einsatzteam solle mal rüberflitzen und nachgucken, was los war.
    Als Manny und die übrigen eintrafen, sahen sie einen Mann, der eine Gruppe von Pollos mit dem Gewehr in Schach hielt. Er hatte noch einen Partner, und der Partner richtete den Strahl seiner Taschenlampe auf die näher kommenden Barfer und befahl ihnen, sofort auf mexikanisches Territorium zu kommen. Außerdem erklärte er ihnen laut und deutlich, er sei ein Einwanderungsbeamter.
    Die Barfer gaben sich dem mexikanischen Kollegen nicht zu erkennen. Sie gingen in Deckung, zogen ihre Kanonen und beobachteten das Ganze. Die beiden Männer, anscheinend Einwanderungsbeamte in Zivil, nahmen ihren Fang von insgesamt fünfzehn Grenzgängern mit nach Mexiko. Als auch die Barfer das Gelände um die Drainageröhre wieder verlassen wollten, entdeckten sie zufällig einen Mann und eine Frau, die sich in einem Mesquitenest versteckt hatten. Nachdem die Barfer sich als Polizisten aus San Diego ausgewiesen hatten, berichteten ihnen die beiden, daß sie vor den Einwanderungsbeamten, die gerade ihre Genossen festgenommen hatten, geflohen und daraufhin beschossen worden seien.
    Die Empörung in dem von Manny Lopez unterzeichneten BARF-Bericht bezog sich in erster Linie darauf, daß die mexikanischen Einwanderungscops auf US-Territorium tätig geworden waren. In dem Bericht hieß es:
    Es ist davon auszugehen, daß durch die Aktionen der zivilen Einwanderungsbeamten eine extrem gefährliche Situation heraufbeschworen wurde, indem sie, mit Faustfeuerwaffen ausgestattet, US-Territorium betraten und dort mit diesen Waffen wahl- und ziellos herumschossen. Die illegalen Aktionen dieser mexikanischen Einwanderungsbeamten sollten unbedingt den jeweiligen Vorgesetzten zur Kenntnis gebracht werden, um internationalen Konfrontationen vorzubeugen und überflüssige Schießereien zu Lasten unbewaffneter Grenzgänger, die sich bereits auf dem Territorium der Vereinigten Staaten befinden, zu vermeiden.
    Wenn es stimmt, daß der vordere Teil des

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