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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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den Sonnenuntergang warteten, ging die Quasselei und Blödelei unvermindert weiter. Nachdem sie an Ort und Stelle waren, nahmen sie die Gegend sorgsam in Augenschein, um für die einzelnen Teams diejenigen Standorte zu finden, von denen aus sie nach Einbruch der Dunkelheit am besten ungesehen beobachten konnten. Einige Cops der Southern Division hatten diese steinigen Lehmpfade, die im Winter ein einziger Matsch und im Sommer hart wie Beton waren, hin und wieder zwar schon mal befahren und sich dabei fast die Knochen gebrochen, aber auch sie hatten das Gelände noch nie belebt gesehen und gehört und geschmeckt.
    Geographisch gesehen war ihr Aufgabengebiet nicht mal besonders groß. Gerade ein paar Quadratmeilen mit niedrigen Hügeln und Canyons, in denen es im Altweibersommer nur trockenes Gestrüpp und Kakteen gab. Außerdem abgestorbene Mesquitesträucher, die sich in dorniges Unterholz verwandelt hatten. Die ausgedörrte Vegetation war verkrüppelt, aber widerstandsfähig und ausdauernd wie die Skorpione und Taranteln. Im dürren Gebüsch klapperte der Wind. Jedes Klappern konnte gefährlich sein, denn es gab hier tatsächlich Schlangen.
    Erste Eindrücke: zwei am Himmel kreisende Falken inmitten von Rauchwolken, die von der mexikanischen Stadt nach Norden drifteten. Dann ein Rudel von Coyoten, braune und graue, die in der Dämmerung durch die Gegend schlichen und die Menschen gleichgültig beäugten. Und überall in diesem Zwielicht waren Schatten. Bedrohliche Schatten, zerfließende Schatten, silbrighelle und wolkige Schatten in den Canyons. Mit einemmal gleißendes Licht, als die Sonne den Bergkamm erreichte. Dann wanderten plötzlich Schatten über den Sonnenball am Horizont. Schattenhafte Silhouetten. Menschen.
    Es war eine unglaublich unwirkliche Szene, mit der sie alle erst mal fertig werden mußten. Die bis dahin farbigen Wolken an den Hängen diesseits der imaginären Linie nahmen rasch einen Rauchton an, der von den Lagerfeuern zahlloser Menschen stammte. Rauch im dämmrigen Zwielicht. Da war das »obere Fußballfeld«, ein Hochplateau, das so hieß, weil die Grenzgänger auf ihm während ihrer Wartezeit tatsächlich Fußball spielten. Dann das untere Fußballfeld, ein kleineres Plateau. Außerdem Deadman's Canyon, Spring Canyon sowie Washerwoman's Flat, wo eine uralte Mexikanerin lebte und in dem schmutzigen Rinnsal, das durch die amerikanischen Canyons floß, eine Art Wäscherei betrieb.
    Das unglaubliche Bild im einzelnen: ein einziges Gedränge, ein riesiger Haufen, eine Masse von Menschen! Sie waren überall: drängten sich um die Lagerfeuer, hatten sich hingehockt, spielten, kauften Maiskuchen, verkauften Limonade, zogen sich um, schwatzten, tauschten Geld bei den Führern, sangen, weinten, machten sich fertig zum Aufbruch. Die nächtliche Grenzgängerarmee machte sich abmarschbereit. Das alles auf den wenigen hundert Metern in den diesseitigen Canyons. Alles schon im Norden der unsichtbaren Linie, auf US-Territorium, im Niemandsland, das ihnen von der Regierung der Vereinigten Staaten stillschweigend überlassen worden war, als sie beschlossen hatte, die Border Patrol von diesen paar elenden Quadratmeilen fernzuhalten und weiter nördlich, auf zugänglicherem Gebiet, in Stellung zu bringen.
    Auch noch durch das Fernglas sah es in jeder Hinsicht wie ein riesiges, weit auseinandergezogenes Picknick aus. Ein Baseballspiel war im Gange. Erstaunlich viele Frauen und Kinder waren dabei, sicher nicht, um den Männern auf Wiedersehen zu sagen. Auch sie wollten rüber. Vielleicht hatten sie es schon in der Woche zuvor versucht und waren geschnappt worden? Oder wieder ausgewiesen worden? Oder überfallen worden? Oder vergewaltigt worden? Vielleicht hatten sie es ja schon unzählige Male versucht.
    Es waren auch schwangere Frauen dabei, die nur rüber wollten, um ihr Baby von irgendeiner Hebamme in einer diesseitigen Grenzsiedlung zur Welt bringen zu lassen. Ein als US-Bürger geborenes Kind, das automatisch die damit zusammenhängenden Rechte und Privilegien besaß. Auch wenn man mit dem Kind vorerst nach Mexiko zurückkehrte, war seine Zukunft durch die Geburtseintragung garantiert, falls die Zeiten noch schlechter werden sollten.
    »Ich konnte es einfach nicht glauben, als ich das zum erstenmal sah«, sagte Renee Camacho. »Und ich habe mein Leben lang in San Diego gewohnt. Es war so wie … haben Sie diesen alten Film Exodus gesehen?«
    Jedenfalls zog die Task Force durch die Canyons und bezog Position

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