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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Finsternis nicht mal ihre eigenen Leute sehen, geschweige denn die Gangster.
    Einer der Task-Force-Männer behauptete, er habe eine Klapperschlange gehört. Ein anderer kam mit der Hand in ein Kakteengebüsch und brauchte Erste Hilfe. Wieder ein anderer war gezwungen, drei Grenzgänger festzunehmen, die in der Finsternis buchstäblich über ihn gestolpert waren. Äußerst widerwillig mußte er sie der Border Patrol übergeben, um sie aus dem Weg zu schaffen.
    Als Dick Snider beweisen wollte, daß er noch ganz gut mithalten konnte, indem er hinter einer Gruppe fliehender Schatten herrannte, endete das Ganze damit, daß er auf der Schnauze lag und mit einem Mund voller Mesquitefrüchte immer wieder sagte: »Ich bin okay!«
    Nach kaum einer Woche redete niemand mehr von Nahkämpfern. Es gab nur noch das höhnische Gejohle ihrer ehemaligen Kollegen, dessen Echo man vom Central Headquarter bis zur mexikanischen Grenze hörte. Alle lachten sich eins und fragten, ob sie ihre sexy Nahkampfausrüstung und die Tarnanzüge denn wenigstens zum Campen gebrauchen könnten.
    Soviel in bezug auf Plan A. Der Eventualplan – nachdem Dick Snider sich nach dem Debakel des Kommandounternehmens wider Erwarten doch nicht in sein Schwert gestürzt hatte – sah vor, einige Mitglieder der Task Force als Grenzgänger zu verkleiden und als Lockvögel für Gangster auftreten zu lassen. Das hatte in der Tat viel eher mit anständiger Polizeiarbeit zu tun, und einige Cops waren mit diesen Methoden auch recht vertraut. Sittencops, Drogencops, Detectives, sie alle müssen ja gelegentlich schwere Jungen spielen, und wo, bitte, liegt der Unterschied, ob man's in der Elften und der Market Street tut oder in einem von Ungeziefer wimmelnden Loch namens Deadman's Canyon?
    Zuerst allerdings testeten sie ihre Verkleidungskünste auf den Straßen von San Diego. Am 11. Oktober schlenderten fünf Cops der neuen Task Force, so gut wie's ging als Grenzgänger zurechtgemacht, so scheu wie möglich über die Straßen von San Ysidro.
    Ungefähr um elf Uhr vormittags gingen die fünf den Kostner Drive hinunter. Sie sahen drei junge Männer neben einem parkenden Auto stehen. Die jungen Männer waren Amerikaner mexikanischer Abstammung. Genau wie sie. Die drei jungen Männer, die sich wohl schon einen Joint oder zwei reingezogen hatten, ließen sich durch die Schauspielerei und die zerlumpte Kleidung voll und ganz täuschen.
    Tony Puente nahm seine Brille ab, weil er sich sagte, daß sich nur sehr wenige Ausländer überhaupt eine Brille leisten konnten, geschweige denn eine Goldrandbrille. Ein junger Mann fragte im Straßenjargon, ob sie ein Stück nach Norden mitgenommen werden wollten, aber die Cops ignorierten die drei und gingen weiter, eben wie Pollos. Dann waren die drei jungen Männer wieder auf gleicher Höhe, und einer von ihnen sagte auf spanisch: »Nun kommt mal mit. Wir schützen euch vor der migra« – wie die Pollos und vor allem die Leute, die hüben und drüben Geschäfte mit Grenzgängern machten, die amerikanische Border Patrol nannten.
    Aber die Cops senkten nur den Blick und gingen ein bißchen schneller. Dann erklärte einer der jungen Männer: »Sie werden euch cabrones verhaften!« – was Schweinehunde bedeutete, wie die Cops wußten.
    Diese blöden Pollos hatten aber anscheinend mehr Angst vor ihnen als vor der migra. Immerhin, der Mann versuchte es nochmals und sagte: »Vengan carnales!«
    Trotzdem, es half ihm auch nichts, daß er sie als Verwandte anredete. Die Pollos gingen noch schneller. Am Ende rannte einer ihrer scheinbaren Wohltäter, der an den Armen und Händen wohl an die hundert typische Gefängnistätowierungen hatte, hinter ihnen her. Eine komische Sache passierte. Als die Cops haste was kannste den Darwin Way hinunterrannten, fingen sie an, sich tatsächlich als Pollos zu fühlen. Sie rannten alle fünf vor drei miesen Typen davon, die sie zwar verfluchten und bedrohten, aber bis dahin noch kein Geld von ihnen verlangt hatten – der springende Punkt für den Tatbestand der räuberischen Erpressung.
    Einer der Straßengangster wollte der ganzen Sache offenbar ein Ende machen und hob, während er sie in eine Sackgasse abdrängte, Steine auf. Dann aber starrten die Ganoven auf ein paar blitzblanke Dienstmarken und sahen spätestens dann ein, wie gründlich sie sich vertan hatten, als die polloähnlichen Cops sie in die Richtung zurückjagten, aus der sie gekommen waren.
    Tony Puente kam es seltsam vor, daß er sich, wenn

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