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Die San-Diego-Mission

Die San-Diego-Mission

Titel: Die San-Diego-Mission Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Wambaugh
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Brustwarze rechts, zwei Wunden in der Leistengegend. Auch am Arm war er erwischt worden. Sogar sein Arsch war verletzt, weil ihn da eine Kugel getroffen hatte, als er wie ein Wolf auf dem Schießstand hin- und hergeschleudert worden war. Es sah böse aus.
    Und Manny Lopez, den noch nie einer der Gefühlsduselei beschuldigt hatte, zuckte die Achseln und sagte: »Du mußt sterben.«
    »Oh, neeeeiin!« jammerte der Mann. Aber er zog sich selbst das blutige Hemd hoch und untersuchte seine Wunden. Wahr und wahrhaftig, er saß aufrecht. Wahr und wahrhaftig, er versuchte, auf die Beine zu kommen!
    Unabhängig davon kam Joe Castillo, keuchend wie ein Marathonläufer und mit kleinen, runden, finster blickenden Augen wie der Chefayatollah, wütend zum Creekbett zurück und zerrte den mit Handschellen gefesselten, blutenden Partner des gutgekleideter Typs hinter sich her. Er sah den Typ von hinten, wie er da so saß und mit Manny Lopez redete. Und Joe Castillo, dem von den Schüssen immer noch die Ohren dröhnten, dessen Gesicht durch die Schlägerei völlig zerkratzt war und dem der Pulvergeruch von der Nase bis ins Gehirn kroch, glaubte plötzlich, Manny hätte den Mann nicht richtig erwischt. Dieses Schwein hält uns eine geladene und entsicherte 45er ins Gesicht, und wir sind schon so gut wie tot, und Manny erwischt ihn nicht richtig!
    So sah Manny verblüfft, wie der mit Handschellen gefesselte Ausländer durch die Luft flog und nacheinander auf die Füße und auf den Bauch fiel, während Joe Castillo, vor Zorn wie weggetreten, drei schnelle Schritte nach vorn machte und dem gutgekleideten Typ voll in die Rippen trat, wobei er ihn, wie sich herausstellte, mehr verletzte als die Kugel in der Brustwarzengegend, die vom Brustbein abgeprallt und in der Brusthöhle steckengeblieben war und nur sehr geringen Schaden angerichtet hatte.
    »Du Idiot!« schrie Manny. »Das Arschloch stirbt gerade.«
    »Oh«, sagte Joe und guckte sich den mexikanischen Einwanderungsbeamten an, der sich am Boden krümmte und der durch den Fußtritt größere Schmerzen hatte als durch die Kugeln.
    Als die anderen Barfer, die quer durch den Canyon in Richtung Knallerei gerannt waren, keuchend auf der Bildfläche erschienen, sahen sie, wie Joe Castillo einem Mann Notverbände anlegte und sich mehrfach entschuldigte, daß er ihn getreten hatte, währender im Sterben lag.
    Allerdings lag der Mann gar nicht im Sterben. Er stieß Joe zur Seite und kam mit eigener Kraft auf die Beine. Dann verjagte er alle, die ihm helfen wollten, und sagte: »Das schaff ich selber.«
    Und er ging mit ihnen aus den Canyons hinaus zur nächsten unbefestigten Straße, als am Horizont gerade die Ambulanz angerast kam.
    Und er setzte seinen Dialog mit Manny Lopez die ganze Zeit hindurch, in der er dauernd Blut verlor, fort und sagte beispielsweise: »Ja, ich weiß, es war die falsche Art, Schmuggler reinzulegen.« Und: »Ja, es war blöd, amerikanischen Boden zu betreten.« Und: »Es war falsch von mir, die Kanone zu ziehen, nachdem ich bloß dachte, daß ihr Schmuggler seid.« Und: »Ich hab's echt vermasselt, und mir ist es klar, weshalb ihr geschossen habt.«
    Es war ihm in der Tat völlig klar. Sein Körper war voller Löcher, und während er ohne jede Hilfe durch die Canyons marschierte und dabei eine Tropfspur hinter sich her zog, dachte er sich trotzdem noch eine Story aus.
    Die Barfer waren ziemlich von der Rolle. Mittlerweile war auch Carlos Chacon da und versuchte über Funk, den Hubschrauber der Border Patrol zu erreichen. Joe Vasquez stolperte mit einem Kopfhörer herum, zog das Kabel hinter sich her und sagte sich, der neue Job sei ja doch wohl ganz interessant. Die Dunkelheit war hereingebrochen, und sie hatten ziemliche Mühe, mit ihren beiden Gefangenen, von denen einer gerade noch halb tot gewesen war, nicht vom Weg abzukommen. Alle brüllten herum, fluchten, rutschten aus und fielen hin, und zum Schluß sagte der verletzte Mexikaner: »Laßt mich in Ruhe! Ich schaff das wirklich selber!«
    Trotz seiner vielen Schußwunden hatte er anscheinend bloß eine Sorge: daß diese Arschlöcher von Kürbisköpfen ihn zufällig über eine Klippe fallen lassen und umbringen könnten. Und er kletterte tatsächlich besser als sie alle über die Abhänge und schaffte den ganzen Weg.
    Natürlich war auf allen Frequenzen im Polizeifunk der Teufel los. Der Hubschrauber der Border Patrol donnerte über ihre Köpfe. Die mexikanischen judiciales und die Stadtpolizei hatten auf ihren

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