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Die Sanddornkönigin

Die Sanddornkönigin

Titel: Die Sanddornkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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dass…«
    »… dass Frau Polwinski neues Leben in das Hotel gebracht hat, dass man gern mit ihr gearbeitet hat und sie für jeden Mitarbeiter ein offenes Ohr hatte.«
    »Genau, ist doch toll.« Wencke schüttelte den Kopf.
    »Es kann das heißen, was sie gesagt hat, es kann aber auch genauso gut bedeuten, dass Ronja einen Riesenhaufen Arbeit ins Hotel gebracht hat, den sie am liebsten und am besten selbst erledigen wollte, und wenn jemand nicht mitgekommen ist, dann hat sie ihm eine Standpauke über das Motivationsverständnis gehalten.«
    Meint sagte nichts dazu, er hatte seinen Teller bereits leer gegessen und machte sich nun über den Salat her.
    »Wenn du mich fragst, ich vermute, dass so etwas in der Art dem tatsächlichen Bild von Ronja Polwinski näher ist als dieses weichgespülte Geschwätz.«
    »Und wenn du mich fragst, liebe Wencke, dann bist du schon wieder kurz davor, dich von deinem Bauch in die falsche Richtung manövrieren zu lassen.«
    Wencke legte das Besteck zur Seite, schob den Teller von sich und lehnte sich mit verschränkten Armen zurück. Er hatte ihr den Appetit verdorben. Weil er an ihrem wunden Punkt herumdokterte, weil er diesen väterlichen Unterton in seiner Stimme hatte, den sie schon bei ihren anderen Kollegen hasste, und nicht zuletzt, weil er Recht hatte. Sie hatte eine tiefe Abneigung gegen aufgesetztes Getue, und da man dieser Umgangsform im Hotelgewerbe hoffnungslos ausgeliefert war, vermied sie es schon immer, überhaupt einen Schritt über eine gastronomische Türschwelle zu tun. Sie liebte zu Hause ihren Stammimbiss »Heiß & Fettig«, weil man sich dort gnadenlos selbst um sein Essen bemühen musste und der Wirt sie immer noch so unfreundlich wie am ersten Tag behandelte, da er sie selbst nach zwei Jahren regelmäßigen Essenholens nicht als Stammkundin wahrzunehmen schien. Gut, dieses Essen hier war etwas völlig anderes, aber es war das unangenehme Gefühl in der Magengegend nicht wert. Und doch, und da musste sie Meint insgeheim Recht geben, sie ließ sich von ihrer Abneigung schon wieder viel zu sehr beeinflussen. Sie nahm die Menschen hier nicht ernst, sie misstraute ihnen aus vollem Herzen, nur weil sie höflich und freundlich und Hotelfachleute waren.
    Selbst die Inspektion der persönlichen Räume des Mordopfers hatten für Wencke unterm Strich mehr Fragen als Antworten gebracht: Wie kann sich eine Frau Anfang zwanzig in einem »Appartement Nr. 102« wohl fühlen, in dem nicht ein Stück Leben steckt? Die edel ausgestatteten Räume in der ersten Etage hatten etwas Kulissenhaftes, so als ob sich jemand Gedanken gemacht hatte, wie das Zuhause einer Psychologin auszusehen hat: da Vincis makelloser Hampelmann auf Leinwand gezogen, zwei Reihen Bücher von A wie »Arachnophobie« bis Z wie »Zwangsneurosen«. Eine Couch konnte sie zwar nicht entdecken, doch es hätte sie nicht gewundert, wenn sie als passende Requisite unter der kleinen Lehrbibliothek gestanden hätte. Doch von Ronja Polwinski war in diesen Räumen nichts zu entdecken gewesen. Kein geheimes Tagebuch, obwohl, so etwas fanden die Ermittler auch nur in schlechten Vorabendkrimis, keine Briefe, Akten oder Terminkalender. Es war, als wäre die Person, die hier lebte, schon vor Wochen ausgezogen. Und dies war vielleicht auch das einzig Bemerkenswerte an dem Besuch im Appartement 102.
    »Vielleicht haben wir noch nicht die richtigen Leute gefragt. Bislang waren hier nur die Akteure vor den Kulissen, die Pagen und Empfangsdamen und Kellner, die für ein Trinkgeld ihre Seele verkaufen würden…«
    »Wencke…«, ermahnte er sie eindringlich.
    »Was ich meine, ist, wir sollten die Leute aus der Küche, aus den Waschstuben und so weiter befragen. Das ist ein ganz anderer Schlag, könnte ich mir denken.«
    »Einen davon hast du doch gestern Abend bereits kennen gelernt.«
    Sie grinste, denn bei der Erinnerung an gestern Abend konnte sie nicht ernst gucken, erst recht nicht mit dem guten Nachgeschmack im Mund. Doch Fokke Cromminga würde erst heute Nachmittag seine Aussage zu Protokoll geben. Thore Felten hatte sie darum gebeten, damit der Ablauf in der Küche nicht gestört würde. Doch Wencke hatte gar nichts dagegen gehabt, sich das Gespräch sozusagen als Nachtisch aufzuheben.
    Der Flohwalzer piepte. Meint hatte den Mund voll und sie ging an den Apparat.
    »Riemer hier, Tach, Kollegin. Wir haben nun die inneren Werte der Dünenschönheit kennen gelernt.«
    »Na, nun erzählen Sie mir aber bitte nicht, dass Sie sie

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