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Die Sanddornkönigin

Die Sanddornkönigin

Titel: Die Sanddornkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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Kopf, dann war sie endlich, endlich eingeschlafen und bewegte sich jenseits der Angst, die nun schon seit mehr als vierundzwanzig Stunden ihre Begleiterin gewesen war.
    Ein lautes Klopfen riss sie kurz aus ihrem traumlosen Schlaf, sie versuchte unter größter Anstrengung, auf die leuchtenden Ziffern des Radioweckers zu schauen, es war 20.45 Uhr. »Frau Kommissarin, haben Sie das Schild im Flur nicht gelesen? Ihre verschmutzten Schuhe haben mir den ganzen Teppich versaut, vom Eingang bis direkt vor Ihre Zimmertür. Frau Kommissarin? Sind Sie da?« Hilke vernahm ein mürrisches »Dann eben nicht«. Gleich darauf entfernten sich die Schritte von ihrer Tür und sie hörte die Stufen knarren.
    Hilke wurde von ihrem rasenden Herzklopfen kurz daran gehindert, doch nach nur wenigen Augenblikken war sie wieder eingeschlafen, noch fester als zuvor.
     
     
    Wencke hasste es, angezogen zu schlafen. Egal, ob Sommer oder Winter, sie brauchte im Bett das Gefühl von uneingeengter Gemütlichkeit, sie liebte das Streicheln der ungebügelten Bettwäsche auf der Haut. Sie zögerte. Zwar war Fokke wie versprochen sofort wieder aus dem Zimmer gegangen, nachdem sie ihre Jacke ausgezogen hatte, doch ein wenig befremdlich war die Situation schon.
    Die Gewohnheit siegte, es war noch nicht sehr spät, gerade kurz nach halb zehn, als sie sich nach einer dürftigen Katzenwäsche nackt unter die frisch bezogene Bettdecke verkroch. Ihre Augen gewöhnten sich an die Dunkelheit, sie erkannte ein Foto an der Wand neben dem Bett, auf dem Fokke vor dem Eingang eines Restaurants stand, stolz lächelnd die Hand an der Kochmütze, neben sich den schlaksigen Kellner von unten. Drei mittelgroße Zimmerpflanzen machte sie in dem Schatten der Ecke gegenüber aus, eine Luftaufnahme der Insel prangte an der Tür. Wencke hatte nicht gewusst, wie schmal und lang dieses Eiland wirklich war, es hob sich vom Wasser rundherum ab wie ein sandiges Versehen.
    Genau wie ich, dachte sie. Ständig musste sie sich beweisen, vor den männlichen Kollegen, den Unkenrufen aus der Heimat und, was am allermeisten an die Substanz ging, vor sich selbst. Es war, als müsse sie jeden Tag aufs Neue eine Rechtfertigung dafür finden, nicht ihrer Begabung, sondern ihren Interessen gefolgt, nicht Schauspielerin oder Graphikerin, sondern Polizistin geworden zu sein. Eigentlich ging es nun schon so viele Jahre gut, bislang hatte niemand sie wirklich einer Nachlässigkeit bezichtigen können. Doch sie war immer noch auf der Hut, und sie war immer noch verdammt verwundbar.
    Heute Nachmittag nach den Telefonaten, da hätte sie wirklich glauben können, auf dem richtigen Weg zu sein: Sie hatte tatsächlich eine fiese, hinterhältige Intrige aufdecken können, an die niemand außer ihr vorher glauben konnte. Doch Sanders’ Verdacht war auf Fokke gefallen, und aus welchem Grund auch immer, sie sah sich dazu verpflichtet, diesen Verdacht auszuräumen, und hatte dafür all ihre Trümpfe in Sanders’ Hand gelegt. Letztlich würde sie dann für die Mithilfe an diesem Fall eine lobende Äußerung von ihrem Vorgesetzten bekommen, doch die Beförderung konnte Sanders nun einstreichen. Warum hatte sie ihre letzte Chance vertan? Wegen Fokke? Sie kannte ihn kaum, er lebte in einer völlig anderen Welt als sie, er sah noch nicht einmal besonders aufregend aus mit seinem harmlosen Jungengesicht. Doch er war da gewesen, als sie sich am Ende geglaubt hatte. Er hatte den Arm um sie gelegt, als sie sich von Gott und der Welt verlassen fühlte. Er hatte irgendetwas in ihr zum Pochen gebracht, was zwar in dieser Situation mehr als unangemessen, aber trotzdem ein wunderbar lebendiges Gefühl war. Er war zurzeit der einzige Mensch, bei dem sie nicht dieses unglückselige Gefühl des Erfolgsdruckes verspürte. Und das dankte sie ihm.
    Egal, wenn das elende Selbstmitleid vorhatte, ausgerechnet hier und heute mal wieder Besitz von ihr zu ergreifen, dann wollte Wencke sich nicht zur Wehr setzten. Sie war zu müde dazu, also ließ sie Rotz und Tränen in das unbekannte Kissen laufen in der Hoffnung, dass die Personalbutzen nicht allzu hellhörig waren und im Zimmer nebenan sich niemand Gedanken um das weibliche Geheul aus Fokkes Zimmer machte.
    Dummerweise fiel der Lichtstrahl ausgerechnet auf ihr verquollenes Gesicht, als Fokke die Tür öffnete. Wencke versuchte sich noch schnell zur Seite zu drehen, doch er hatte sie bereits in ihrem Zustand gesehen.
    »Hey, was ist denn mit meiner sonst so unerschütterlichen

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