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Die Sanddornkönigin

Die Sanddornkönigin

Titel: Die Sanddornkönigin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Lüpkes
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für einen kurzen Moment den Saal. Felten suchte mit den Fingern in seiner Innentasche und holte ein kleines Blatt hervor. Er musste seine Rede ablesen. Wencke hätte schwören können, dass er es anders geplant hatte. Er räusperte sich. »Seine Musik ist keine gewöhnliche Tafelmusik, genau wie die Sanddornbeere, die wir heute sozusagen adeln möchten, keine gewöhnliche Zutat für Tafelfreuden ist. Doch wer ein bisschen Bitterkeit schätzt und weiß, dass diese die Süße erst zum Glänzen bringen kann, der wird heute sowohl von der Musik als auch von dem Menü begeistert sein.«
    Der schwere Vorhang hinter ihm schob sich auseinander, und Hilke betrat die Bühne. Sie war strahlend und ruhig, Wencke konnte es fast nicht glauben, dass dies dieselbe Frau sein sollte, die man ihr als verängstigt und gebrochen beschrieben hatte. Genau wie bei ihrem ersten Auftritt nahm sie Felten erneut das Mikrophon aus der Hand. Vereinzelte Lacher an den Tischen ließen darauf schließen, dass die Gäste das Ganze für eine originelle Art der Unterhaltung hielten. Im Grunde war es auch nichts weiter als Theater. Wenn es nicht bereits so todernst geworden wäre.
    »Mein Mann ist kein guter Redner, wenn er hungrig ist«, sagte Hilke trocken, und die Lacher wurden lauter. »Was er Ihnen sagen möchte, kann er nicht, da ihm dann das Wasser im Munde zusammenläuft. Wir präsentieren ihnen jetzt die Vorspeise: Carpaccio vom Wild auf Zuckerrohr-Sanddornsorbet! Genießen Sie, liebe Gäste! Anschließend wird unsere Küche Sie mit einem Austernschaumsüppchen mit Sanddorngarnelen begeistern.«
    Ein Raunen schwoll an den Tischen an, die Damen und Herren rückten sich auf ihren Stühlen zurecht, und einige von ihnen entblätterten die kunstvoll geformten Servietten. Hilke verließ das Podest und wurde kurz von ihrem Mann am Ärmel gehalten, es war wieder diese Geste kaum sichtbarer Gewalt, der sie sich flüchtig entzog. Felten schaute sich um, er schien von hinten gerufen worden zu sein, und mit einem heftigen Schrecken sah Wencke, dass ihr Kollege Sanders vor den Behang getreten war. Er musste die ganze Zeit über dort gesteckt haben, er war Zeuge gewesen, alles das, was Hilke ihr nun gleich erzählen würde, hatte er selbst mitangehört. Er war ihr wieder einmal zuvorgekommen. Doch ihr blieb keine Zeit, sich darüber zu ärgern, sie nahm die kleine Treppe, die hinter der Rezeption in den Keller führte, und ging eilig zum Atelier.
    Hilke war schon dort, sie hatte den Weg durch die Küche genommen. Sie saß auf dem Tisch, ihre Miene war versteinert, und Wencke war unfähig, eine Regung darin zu erkennen.
    Sie schloss die Tür. Keiner hatte bemerkt, dass sie sich hier trafen. Hoffentlich.
    Hilke blickte auf und schüttelte kaum merkbar mit dem Kopf.
    »Was glaubst du jetzt?«
    »Er hat es nicht getan.«
    »Was genau hat er gesagt, Hilke, wie hat er reagiert?«
    »Er war zornig, er hat versucht, mir die Sicherheit zu nehmen, wie er es immer getan hat. Damit habe ich auch gerechnet.« Hilke sprach seltsam langsam und stockend, fast klang es, als wäre sie nicht mehr in der Lage, ein klares Wort über die Lippen zu bringen.
    »Und wie hat er auf die Sache mit Gronewoldt reagiert?« Wencke wollte nicht so ungeduldig klingen, doch man konnte ihr anmerken, dass sie es keine Sekunde länger aushielt.
    »Ja, das hat er getan. Er hat es zugegeben, mit seiner unbarmherzig kalten Art hat er mir gesagt, dass er mich nicht mehr sehen wollte, dass er mich entsorgen musste. Er war noch nicht einmal schockiert, dass ich dahinter gekommen bin.«
    Wencke ging auf sie zu und nahm sie sanft bei den Schultern. Hilke zitterte.
    »Ja, aber was ist mit Ronja Polwinski?«
    Hilkes Kopf fiel schwer nach vorn, sie fing ihn mit dem Oberarm auf und ließ ihn dort liegen. Hilkes Worte konnte Wencke kaum verstehen.
    »Er hat so lapidar dahergeredet, dass man meinen könnte, ihm wäre diese schreckliche Tat nicht einen ernsthaften Gedanken wert. Er hat mich sogar glauben lassen, er hätte sie selber verübt.«
    »Aber?«
    »Ich kenne meinen Mann. Ich kenne ihn in und auswendig. Mit dieser Finte wollte er mich nur zur Verzweiflung bringen, aber die Wahrheit ist anders. Ich bin am Ende, ich fühle mich, als hätte er mir mit seiner Eiseskälte die Sinne blockiert. Aber eines weiß ich genau: Er hat es nicht getan! Denn wäre er es gewesen, hätte er Ronja Polwinski das Leben genommen, er hätte es mir niemals gesagt.«
    »Bist du dir sicher? Du weißt, was das bedeutet?« Hilke

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