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Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)

Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)

Titel: Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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Sun Bing selbst.
    Nach den typischen Rufen, die in der Oper den Auftritt eines Generals ankündigen, stolzierte Sun Bing auf einen Rosenholzstuhl zu und setzte sich. Mit affektierter, rauher Stimme intonierte er: »Der Gast möge seinen Namen nennen!«
    Qian Ding lächelte spöttisch und sagte: »Sun Bing, um ein lokales Sprichwort zu verwenden  – kannst du denn ›meine Visage nicht an meiner Nase erkennen‹? Du weißt, wer ich bin. Ich bin nicht hier, um deinem Operngesang zu lauschen, und ebensowenig, um eine Rolle in deinem Stück zu übernehmen. Vielmehr bin ich hergekommen, um dich zu fragen, ob es die Asche ist, die brennt, oder das Feuer?«
    »Du unverschämter Papagei, wie kannst du es wagen, in diesem Ton mit unserem General zu reden?« fuhr ihn Zhang Bao an und zeigte mit seinem Stock auf Qian Dings Nase. »Unser General kommandiert ein riesiges Regiment und ist weitaus respektabler als ein dahergelaufener kleiner Präfekt wie du!«
    »Vergiß nicht, Sun Bing«, sagte der Präfekt, indem er sich über den Bart strich und auf das Kinn des anderen starrte, das glatt war wie ein Kinderpopo, »wie du deinen Bart verloren hast.«
    »Ich weiß sehr wohl, daß das die Tat von dir gemeinem Verräter gewesen ist«, sagte Sun Bing wütend. »Und ich weiß auch, daß du lausiger Betrüger dir vor unserem Wettkampf den Bart mit Kohle eingerieben hast, damit ich bloß nicht gewinne. Und damit nicht genug. Erst hast du vor allen Leuten so getan, als ob du mir vergeben hättest, und dann hast du dich heimtückisch an mir gerächt.«
    »Du weißt also, wer es gewesen ist?« fragte lächelnd der Präfekt.
    »Warst du es denn nicht selbst?«
    »Du liegst ganz richtig«, sagte der Präfekt ruhig. »Dein Bart war tatsächlich viel schöner als meiner, und hätte ich mich nicht vorab dafür präpariert, hätte ich ganz bestimmt gegen dich verloren. Mit der öffentlichen Vergebung für dich wollte ich vor den Ältesten meinen Großmut unter Beweis stellen. Daß ich dir nachher doch den Bart ausgerissen habe, geschah nur, um dir deinen Hochmut auszutreiben und dich zu einem rechtschaffenen Menschen zu machen.«
    »Verdammter Höfling!« Sun Bing schlug zornentbrannt auf den Tisch und stand auf. »Diener, geht und fesselt diesen Hund von einem Beamten und reißt ihm den Bart aus! Du hast mir den Bart ausgerissen, so daß mein Kinn aussieht wie ein ausgetrocknetes Flußbett. Dafür mache ich jetzt aus deinem Kinn die Wüste Gobi!«
    Zhang Bao und Wang Heng stürzten mit den Stöcken in der Hand herbei und wollten sogleich zur Tat schreiten. Die acht Kinder begleiteten sie mit wildem Geschrei und martialischen Gesten.
    »Ich bin ein vom Hof bestallter Beamter, ein ehrwürdiger Präfekt. Ich möchte einmal sehen, wer von euch es wagt, mir auch nur ein Haar zu krümmen!« sagte Qian Ding.
    »Seid ohne Mitleid und ohne Gnade,
    Wer in die Falle tappt, um den ist es nicht schade.
    Das Meer aus Haß schlägt hohe Wellen,
    Blut wird aus allen Poren quellen.«
    Sun Bing sang mit seiner Katzenopernstimme und hob seinen Stock. »Du Verräter ...« Er schickte sich an, den Stock auf Qian Dings Kopf niedersausen zu lassen.
    Ohne Hast wich dieser dem Schlag aus, griff nach dem Stock und zog ihn mit Schwung nach vorn, so daß Sun Bing stolperte und hinfiel.
    Nun gingen Zhang Bao und Wang Heng zum Angriff über und wollten auf den Präfekten einschlagen, der aber flink wie ein Wiesel zur Seite sprang. Dann machte er, agil wie ein Panther, einen Satz nach vorn und ließ Zhang Bao und Wang Heng mit den Köpfen gegeneinander rennen. Sie wußten nicht, wie ihnen die Stöcke aus der Hand geglitten waren, die auf einmal der Präfekt in den Händen hielt. Er teilte fleißig aus und schimpfte: »Verdammte Bastarde, macht, daß ihr fortkommt!«
    Die beiden vergruben ihr Gesicht in den Händen und verzogen sich wimmernd aus der Hütte. Qian Ding ließ einen der Stöcke fallen und drohte mit dem anderen in der Hand: »Wollt ihr dreckigen kleinen Rotzlöffel warten, bis ich euch zur Tür hinausprügele, oder schert ihr euch freiwillig raus?«
    Die acht Kinder merkten, daß die Lage brenzlig wurde, und flohen nach draußen.
    Der Präfekt packte Sun Bing am Nacken und hob ihn hoch. »Sun Bing, sag mir die Wahrheit. Wo habt ihr die drei Deutschen?«
    »Werter Herr Qian«, sagte Sun Bing und fing zähneknirschend zu singen an:
    »Das Leben hier ist mir vergällt
    Ich steh allein auf dieser Welt,
    So tötet mich, wie's Euch gefällt ...«
    »Heraus mit der

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