Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)
Sprache, wo sind die Deutschen?«
»Die Deutschen?« lachte Sun Bing und hob plötzlich wieder mit seinem Gesang an:
»Willst du wissen, wo die deutschen Hunde sind
Na, du machst mir Laune!
Sie sind im Himmel und schlafen
Sie sind von der Erde bedeckt
Sie sind im Lokus verreckt
Sie stecken in den Hundebäuchen
Und den Hunderücken ...«
»Du hast sie umgebracht?!«
»Sie sind fröhlich am Leben. Wenn du so schlau bist, dann finde und befreie sie doch!«
»Sun Bing«, der Präfekt lockerte seinen Griff und setzte eine freundliche Miene auf, »um dir die Wahrheit zu sagen: Die Deutschen haben deine Tochter Meiniang gefangengenommen. Wenn du ihre Leute nicht frei läßt, werden sie sie am Turm vor dem Stadttor aufknüpfen«
»Sollen sie doch«, sagte Sun Bing. »Eine verheiratete Tochter ist wie verschüttetes Wasser, ich habe nichts mehr mit ihr zu schaffen.«
»Sun Bing, Meiniang ist deine einzige Tochter. Du wirst doch nicht etwa vergessen haben, was du ihr in diesem Leben schuldig bist?« sagte Qian Ding. »Wenn du die Deutschen nicht herausgeben willst, gut, dann nehme ich eben dich mit!«
Er bog Sun Bing die Arme auf den Rücken und trat mit ihm vor die Hütte.
Ein großer Tumult brach aus. Hunderte von Männern mit rotgefärbten Gesichtern, angeführt von den kostümierten Männern, die eben noch auf der Bühne gestanden hatten, kamen herbeigestürmt. Der erste Schwurbruder, der eine Schürze aus Tigerfell umgebunden trug und das Gesicht eines Affen aufgemalt hatte, sprang mit einem metallenen Stock in der Hand in die Mitte, zeigte damit auf den Kopf des Präfekten, und sagte mit einer energischen Stimme, im Akzent einer fremden Provinz: »Woher kommst du böser Dämon, der es wagt, unseren General anzugreifen?«
»Ich bin der Präfekt von Gaomi, und ich bin gekommen, um die deutschen Geiseln zu befreien und bei dieser Gelegenheit Sun Bing festzunehmen!«
»Was heißt hier Präfekt – ein böser Dämon in Menschengestalt bist du. Kinder, brecht seinen Zauber!«
Dem Präfekten blieb keine Zeit zu reagieren. Im Nu hatte die Bande ihm Hundeblut über den Kopf geschüttet, und gleich darauf beschmierten sie ihn am ganzen Körper mit Hundekot. Er war ein Mann von äußerster Reinlichkeit, noch nie im Leben hatte er soviel Dreck an sich gehabt. Ihm drehte sich der Magen um und er hatte nur noch das Bedürfnis, sich zu bücken und zu übergeben. Er ließ Sun Bing los.
»Sun Bing, morgen Mittag, am Nordtor der Kreisstadt, werden wir die Geiseln austauschen, sonst wird es deiner Tochter schlecht ergehen«, stieß er hervor. Er rieb sich das Gesicht, um den Dreck abzubekommen, der ihm die Sicht trübte. Auch wenn er eine jämmerliche Figur abgab, lag eine unnachgiebige Entschlossenheit in seiner Stimme, die keinen Widerspruch duldete. »Und das, was ich dir sage, habe ich hoffentlich nicht gegen den Wind gesagt.«
»Schlagt ihn tot! Macht ihn zu Brei, diesen elenden Hofbeamten!« schrien die Männer im Chor.
»Ich tue das alles nur für euch«, rief der Präfekt. »Schafft morgen die Geiseln herbei. Danach könnte ihr eurer Wege gehen. Hört auf mit diesem ganzen Unfug, den Sun Bing hier veranstaltet.« Mit gewisser Ironie wandte er sich dann an die beiden Schwurbrüder der Boxer für Frieden und Gerechtigkeit: »Was euch betrifft, so hat Seine Exzellenz Yuan, Gouverneur dieser Provinz, bereits den Befehl erlassen, eure ganze Bande enthaupten zu lassen, jeden einzelnen ohne jede Gnade. Doch da ihr von weit her kommt, übernehme ich für euch die Verantwortung, wie man es üblicherweise für Gäste von Ferne tut, und lasse euch eine Hintertür offen. Macht euch aus dem Staub, denn wenn erst die Armee der Provinz hier ist, dann habt ihr keine Chance mehr!«
Die beiden Meister, die die Rollen von Sun Wukong und Zhu Bajie spielten, waren für einen Moment sprachlos. Der Präfekt nutzte den Moment des Schweigens, um laut zu wiederholen: »Sun Bing, das Leben deiner Tochter steht auf dem Spiel. Halte Wort, und ich erwarte dich morgen Mittag am Fuß der Brücke über den Sanli vor dem Nordtor.«
Dann drängte er sich durch die Menge und ging mit großen Schritten davon. Die Träger nahmen eilig die Sänfte auf und trabten ihm hinterher. Hinter sich vernahm Qian Ding die Stimme Sun Wukongs, der, mit nicht ganz korrekter Intonation, zu einer Katzenstimmenarie anhob:
»Wir Boxer werden beschützt
Von dem gerechten Himmel,
Wir vertreiben die Barbaren,
Wir verteidigen das Reich der Mitte,
Wir haben
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