Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)
massierte mir mein Patenonkel die kleinen Brüste, während seine rechte mit dem Kleinod spielte. »Ein schönes Stück, wirklich ein sehr schönes Stück!« murmelte er vor sich hin. Ich sagte ihm, daß ich es ihm gerne schenken würde, wenn es ihm so gut gefiel, doch er wehrte ab. »Nein, nein, das solltest du nicht. Ein Edler, sagt Konfuzius, muß sich die Liebe anderer nicht erkaufen.«
»Was soll ich als Frau mit einem Spielzeug für Bogenschützen?« wandte ich ein. Aber er blieb dabei, es nicht haben zu wollen. »Wenn Ihr es nicht annehmt, schmeiße ich es in Stücke«, sagte ich. Worauf er hastig erwiderte: »Um Himmels willen, mein Liebling, auf keinen Fall. Also gut, ich nehme es.«
Er nahm es in die Hand und betrachtete es immer wieder, so daß er ganz vergaß, meine Brust zu streicheln. Später schenkte er mir einen Buddha aus Jade an einem roten Band, den er mir um den Hals hängte. An meinen leuchtenden Augen sah er gleich, daß dieses Geschenk besser zu mir paßte. »Danke, Onkel«, sagte ich, und strich ihm über den Bart. Er ließ mich nach hinten fallen, und während er mich ritt wie ein Pferd, keuchte er: »Meiniang, Meiniang, ich werde eine gründliche Untersuchung über die Herkunft deines Schwiegervaters anstellen ...«
7.
Wenn mein Schwiegervater sein kaltes und dunkles Lachen lachte, entströmte seinem Sandelholzsessel und den Sandelholzperlen seiner Gebetskette plötzlich ein Geruch, von dem mir ganz schummrig vor den Augen und ganz wirr im Herzen wurde. Er interessierte sich weder für das Schicksal meines Vaters, noch schenkte er meinen Flirtversuchen Beachtung. Auf einmal stand er mit einer heftigen Bewegung vom Stuhl auf und ließ die Gebetskette auf dem Sitz zurück. Seine Augen blitzten, und ich fragte mich, was ihn wohl so aufwühlte. War es etwas Freudiges oder eine Katastrophe? Er streckte seine dämonischen kleinen Hände aus, stöhnend und hilflos sah er mich an. In seinem Blick lag nicht der geringste Zorn. »Die Hände ... ich möchte mir bitte die Hände waschen«, bat er.
Ich schöpfte zwei Kellen kaltes Wasser aus dem Krug ins Kupferbecken. Als ich sah, wie er ungeduldig seine Hände ins Wasser tauchte, und sein heiseres Schnauben vernahm, konnte ich mir keinen Reim darauf machen. Ich bemerkte, wie seine Hände im Wasser glutrot wurden, wie seine klauenartigen Finger sich krümmten. Gerade waren seine Hände in meiner Vorstellung zu rotglühend geschmiedetem Stahl geworden, als sich aus dem Kupferbecken tatsächlich ein zischender Laut vernehmen ließ, und das Wasser zu brodeln und zu dampfen begann. Ich machte große Augen. Der alte Mistkerl hatte also offenbar derart heiße Hände gehabt, daß er ihnen mit einem kalten Wasserbad Linderung verschaffen mußte. Man sehe ihn sich an, diese schwächliche Gestalt, wie er mit zusammengekniffenen Augen durch die Zähne die Luft einsaugt. Seine langen, halb erstickten Atemzüge entlarven ihn als einen Opiumsüchtigen. Stirb nur ruhig, alte Mißgeburt! Daß Ihr Euch diesem Laster hingebt, hätte ich nicht gedacht.
Er hatte sich ausreichend erholt, zog seine tropfenden Hände aus dem Wasser und setzte sich wieder in den großen Lehnstuhl. Doch diesmal schloß er nicht die Augen, sondern stierte auf seine Hände, auf die von seinen Fingerspitzen herabtropfenden Wasserperlen. Er schien vollkommen entspannt, erschöpft und rundum zufrieden, ganz wie mein Patenonkel, wenn er gerade von mir ...
Damals wußte ich noch nicht, daß er ein berühmter Scharfrichter war. Ich war immer noch der festen Überzeugung, daß er unter seinem Rock Geldscheine verbarg. Eilfertig beschwatzte ich ihn: »Schwiegervater, wie ich sehe, habe ich Euch bereits einen guten Dienst erwiesen. So helft bitte auch mir ... das Leben meines Vaters soll nicht erst am Abend, sondern bereits am Morgen ausgelöscht werden! Er ist doch fraglos ein Verwandter Eures Sohnes und Eurer Tochter! Bitte beeilt Euch, eine Lösung für ihn zu finden. Denkt nur in Ruhe darüber nach. Ich koche Euch inzwischen Reissuppe mit Schweineblut.«
Als ich im Brunnen unseres Hofes den Reis wusch, fühlte ich mich innerlich ganz leer. Wenn ich den Kopf hob, nahm ich die hoch aufragenden Dachgesimse des Tempels des Stadtgottes wahr, auf denen eine dichte Schar grauer Tauben gurrte. Wer weiß, was sie zu diskutieren hatten. Von der steingepflasterten Hauptstraße her kam Hufgetrappel. Es waren deutsche Teufel auf ihren Pferden, wie ich mit einem Blick durch die Mauerritzen erkannte. Sie
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