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Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)

Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)

Titel: Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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einfältige Xiaojia fragte: »Wollen die beiden Herren meinen Vater vielleicht zu einem Glas Wein einladen?«
    »Wer weiß?«, sagten die Büttel. Sie lächelten verschwörerisch: »Ja, es kann sein, daß wir bloß bei einem Glas Wein einen Schwatz mit ihm halten wollen.«
    Ich verstand natürlich sofort, welcher Natur der Unsinn war, den die beiden von sich gaben. Oft genug hatte ich dieses Geschwätz in der Präfektur mitangehört. Mein Mann aber, dieser fette Trottel, hatte natürlich keinen blassen Schimmer und lief fröhlich ins Haus. Ich ging ihm schnell nach.
    Qian Ding, verdammter Hund, was führt Ihr im Schilde? Sperrt meinen Vater ein und versteckt Euch vor mir, und am frühen Morgen kommen Eure Häscher schon wieder, um meinen Schwiegervater mitzunehmen! Sollen die drei sich zum Ältestenrat in der Stadthalle versammeln? Ich habe schon einmal die Beijingoper »Verhör in den drei Hallen« gesungen, vom »Verhör der drei Väter« habe ich aber noch nichts gehört. Auch wenn ich nicht weiß, was Ihr alter Mistkerl da auskocht und warum Ihr mich nicht mehr sehen wollt: Wartet, bis ich Euch zu Gesicht kriege, dann will ich wissen, was Euch so den Verstand benebelt hat.
    Xiaojia stürmte mit hochgekrempelten Ärmeln vor mir her und rief: »Vater, gute Nachtrichten! Die Leute von der Präfektur sind da und wollen Euch zum Weintrinken und Hundefleischessen abholen!«
    Mein Schwiegervater saß aufrecht in seinem Sandelholzstuhl, die inzwischen nicht mehr so stark geröteten Hände lagen auf den Armlehnen. Er schloß die Augen und sagte kein Wort. Es war unklar, ob er wirklich so gelassen war oder nur so tat als ob.
    »Vater, sagt doch etwas, die beiden Amtsdiener warten im Hof auf Euch«, drängte ihn sein argloser Sohn. »Könnt Ihr mich nicht mitnehmen, damit ich auch einmal die große Halle des Yamen von innen sehe? Eure Schwiegertochter geht da ständig hin, aber so sehr ich sie auch bitte, nie nimmt sie mich mit ...«
    Hastig unterbrach ich das Gerede dieses Idioten: »Schwiegervater, hört nicht auf den Unsinn Eures Sohnes. Warum sollten die Euch zum Weintrinken einladen? Sie wollen Euch festnehmen, sonst nichts! Habt Ihr etwas verbrochen?«
    Mein Schwiegervater öffnete widerstrebend seine Augen und sagte mit einem tiefen Seufzer: »Selbst wenn ich etwas verbrochen hätte  – ich würde ihnen unerschrocken ins Gesicht sehen. Da muß man doch nicht so einen Zirkus veranstalten! Ruft sie herein!«
    Xiaojia wandte sich um und schrie in den Hof hinaus:
    »Habt Ihr gehört? Mein Vater fordert Euch auf, hereinzukommen!«
    Mein Schwiegervater lächelte. »So ist es brav, mein Sohn, bloß keine Skrupel.«
    Xiaojia rannte in den Hof und sagte zu den beiden Amtsdienern: »Wißt Ihr denn nicht, daß meine Frau ein Liebesverhältnis mit Qian Ding hat?«
    »Dieser Trottel!« Mein Schwiegervater schüttelte hilflos den Kopf und heftete seinen bohrenden Blick auf mich.
    Ich mußte mitansehen, wie die Amtsdiener meinen Mann mit hämischem Gelächter in die Seite stießen, sich über die Griffe ihrer Schwerter strichen und gutgelaunt und mit der Dreistigkeit von Banditen unser Empfangszimmer betraten.
    Mein Schwiegervater öffnete nur halb die Augen. Ein kühler Blick streifte verächtlich die beiden Amtsdiener. Dann waren sie nur noch Luft für ihn. Die beiden sahen einander betreten an. Schließlich fragte einer in amtlichem Tonfall: »Sie sind also Zhao Jia?«
    Mein Schwiegervater schien zu schlafen.
    »Mein Vater ist schon etwas älter und hört nicht mehr gut«, schaltete sich Xiaojia ein. »Ihr müßt lauter sprechen.«
    Der Büttel hob seine Stimme: »Zhao Jia, wir haben die Order vom Präfekten Qian Ding, Euch in das Yamen zu bitten.«
    Mein Schwiegervater hob den Kopf und sagte unerschrocken: »Geht und sagt dem Präfekten Qian, daß ich, Zhao Jia, nicht gut zu Fuß bin und seinem Befehl nicht Folge leisten kann.«
    Die beiden tauschten noch einmal einen Blick, und einer brach unvermittelt in ein heiseres Kichern aus, das aber rasch wieder erstarb. Mit spöttischer Miene erwiderte er: »Soll Seine Exzellenz Qian Euch vielleicht eine Sänfte schicken?«
    »Das wäre das Beste«, sagte mein Schwiegervater gelassen.
    Nun hielten die beiden ihr Lachen nicht mehr zurück: »Sehr gut, dann wartet Ihr also zu Hause, bis Euch der Herr Präfekt persönlich abholen kommt!«
    Die Amtsdiener gingen wieder in den Hof hinaus. Man hörte ihr überhebliches Gelächter.
    Xiaojia ging ihnen nach und sagte voller Stolz: »Nicht

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