Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)

Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)

Titel: Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
Vom Netzwerk:
trugen hohe, federgeschmückte Hüte. Mein Herz klopfte wild und schnell, denn ich konnte mir denken, daß diese Teufel wegen meines Vaters gekommen waren. Xiaojia wollte gerade schlachten. Er hatte schon die Messer gewetzt und alle Utensilien zurechtgelegt. Er nahm einen mit weißem Wachs überzogenen Holzstock mit Haken zur Hand und zog damit ein schwarzes Schwein aus dem Koben. Als der gewachste Haken das Schwein am Unterkiefer packte, heulte es fürchterlich auf, und die Borsten auf seinem Nacken sträubten sich. Mit aller Kraft versuchte es, seinem Schicksal zu entgehen und stemmte sich mit den Hinterbeinen gegen den Boden, während ihm das Blut aus den Augen trat. Doch Widerstand war zwecklos. Man mußte nur einmal zusehen, wie Xiaojia sich bückte und mit der Kraft seiner Arme und seiner großen Füße das schwarze Schwein aus dem Koben zog, so daß es mit den Hufen zwei tiefe, frische Furchen in den Boden pflügte. So langsam mein Mann beim Reden war  – hier war er flink, und im Nu hatte er mit seiner Riesenkraft das Schwein zur Schlachtbank gezogen. Den gewachsten Holzstock in der einen Hand und mit der anderen Hand am Schwanz des Schweines ziehend, hievte er mit einem lauten Stöhnen das fette, zweihundert Pfund schwere Schwein auf die Schlachtbank. Das Schwein wußte schon nicht mehr, wie ihm geschah. Es gab den Kampf auf und konnte nur noch, alle vier Beine von sich gestreckt, ein lautes Todesquietschen ausstoßen. Xiaojia riß ihm den Haken aus dem Maul, nahm rasch ein blitzblankes Messer aus der Schale zum Blutauffangen, und setzte es seinem Opfer mit lässiger Leichtigkeit, als ging es um das Schneiden von Tofu, an die Kehle. Dann packte er das Messer mit seiner ganzen Kraft und schlitzte dem Schwein den Leib auf. Dessen schrilles Quietschen ging in ein abgehacktes Grunzen über. Kurz darauf erstarb auch das Grunzen und am Ende blieb nur ein Zittern übrig. Beine, Ohren, Borsten, alles zitterte. Xiaojia zog das lange Messer heraus, drehte den Schweinekörper auf die Seite und ließ aus dem Wundloch im Hals das Blut in das Auffangbecken laufen. Ein leuchtender, heißer Strom wie rote Seide ergoß sich plätschernd in das Gefäß.
    Unser Grundstück war gut einen halben Morgen groß. Wir hatten Hundegatter und Schweinekoben, aber es gab auch Teerosen und Strauchpäonien. Es gab die hohen Holzgerüste, an denen das Fleisch aufgehängt wurde, die großen und kleinen Krüge für den Wein. Im Hof stand ein gemauerter Herd zum Kochen und über allem hing der Geruch von Blut und das Summen der grünköpfigen, blutsaugenden Stechfliegen, die durch die Luft schwirrten, wenn geschlachtet wurde.
    Zwei Schergen mit ihren roten, weichen Mützen, schwarzen Uniformen, ihren breiten Gürteln, niedrigen Stiefeln und ihren seitlich an der Hüfte steckenden Schwertern stießen unser Tor auf. Ich erkannte auf einen Blick, daß es sich um Büttel aus der Eliteschule des Yamen handelte, die so schnell laufen konnten wie Kaninchen. Nur ihre Namen fielen mir gerade nicht ein. Da mein Vater im Gefängnis war, war ich um Freundlichkeit bemüht und schenkte ihnen bereitwillig ein Lächeln. Normalerweise würdigte ich diese gemeinen, unheilbringenden Eselsdärme keines Blickes. Auch sie nickten mir höflich zu und preßten ihren dünnen Lippen fast einen Hauch von Liebenswürdigkeit ab. Doch rasch erstarb ihr Wohlwollen und sie zogen einen beschriebenen Bambusstreifen hervor, mit dem sie aufgeregt herumfuchtelten.
    Mit bitterernster Miene sagten sie: »Wir haben eine Order von Seiner Exzellenz dem Präfekten. Zhao Jia hat sich unverzüglich zur Befragung im Yamen einzufinden.«
    Mein einfältiger Gatte kam mit seinem bluttriefenden Messer hinzu. Er grüßte und fragte höflich: »Was gibt's, die Herren?«
    Die Büttel antworteten frostig: »Bist du Zhao Jia?«
    »Ich bin nur der kleine Zhao, Xiaojia. Zhao Jia ist mein Vater.«
    »Wo ist dein Vater?« fragten sie mit gespielter Freundlichkeit.
    »Er ist im Haus«, antwortete Xiaojia naiv.
    »Sag ihm, er soll herkommen, und zwar sofort!«
    Ich hatte genug von diesen verschlagenen Amtskötern und sagte zornig: »Mein Schwiegervater geht hier weder durch die Vorder-, noch durch die Hintertür hinaus. Was soll er denn verbrochen haben?«
    Die Büttel schlugen angesichts meiner hitzigen Miene einen entgegenkommenden Ton an: »Werte Frau Zhao, wir führen auch nur unsere Befehle aus. Woher sollen wir einfachen Amtsdiener wissen, was deinem Schwiegervater zur Last gelegt wird?«
    Der

Weitere Kostenlose Bücher