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Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)

Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition)

Titel: Die Sandelholzstrafe: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mo Yan
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Autorität. In großer Panik ging ich deshalb auf die Knie und machte gegenüber dieser Bestie, seinem Stuhl und seiner Gebetskette noch einmal den dreifachen Kniefall und den neunfachen Kotau. Vom Aufschlagen meiner Stirn auf den kalten Ziegelsteinboden der Halle bekam ich Beulen. Während ich dem Drachenstuhl meine Reverenz erwies, bekam ich mit, daß am Kopfende der Halle dieser Bastard Knobel und sein Dolmetscher miteinander flüsterten und ein verächtliches Lächeln zog sich über Knobels ausländische Visage. O du Große Dynastie der Qing, ist das alles, wozu du noch in der Lage bist? Die eigenen Beamten zu demütigen, um diesen Ausländern in jeglicher Weise wohlgefällig zu sein! Dieser Bastard Knobel und ich waren schon häufiger aneinandergeraten. Ich kann mir nicht vorstellen, daß er gegenüber Seiner Exzellenz Yuan auch nur ein gutes Haar an mir läßt. Gut, dann ist das eben mein Schicksal. Ihr Bastarde, ganz gleich, was ihr sagt, die Verhaftung Sun Bings jedoch habt ihr allein mir zu verdanken.
    Dieses Scheusal kniete unverändert auf dem Boden, und obwohl Seine Exzellenz Yuan persönlich ihm die Hand reichte, stand er nicht auf. Mir schwante Übles. Jetzt kam die Revanche der Bestie für meine beiden Ohrfeigen. Wie nicht anders zu erwarten, nahm er die Gebetskette vom Hals, präsentierte sie auf seinen beiden Handflächen und sagte: »Meine Wenigkeit bittet Seine Exzellenz um Beistand.«
    Der Provinzgouverneur räusperte sich, warf mir einen Blick zu und sagte: »Er möge reden!«
    Der verdammte Gauner sagte: »Seine Exzellenz Qian sagt, ich würde Lügen und Gerüchte in die Welt setzen.«
    »Welche Lügen und welche Gerüchte?«
    »Er behauptet, dieser Drachenthron und diese heiligen Perlen seien gewöhnliche Gegenstände, er sagt, meine Wenigkeit schmücke sich mit falschen Ehren.«
    Seine Exzellenz Yuan starrte mich an: »Ungebildeter Ignorant!«
    Ich setzte zu einer Erklärung an: »Exzellenz, Euer ergebener Diener war der Auffassung, daß die Ausführung der Riten gegenüber dem gemeinen Volk nicht angebracht seien, und hohe Amtsträger von den Sanktionen des Gesetzes ausgenommen seien. Er hegte zudem seine Zweifel an der Möglichkeit, daß Ihre Majestät die Kaiserinwitwe und Seine Majestät der Kaiser, Herren der zehntausend Jahre, einem Henker eine Audienz gewähren und ihm Gunstbezeugungen von solcher Erlesenheit haben zuteil werden lassen.«
    Seine Exzellenz erwiderte: »Sein Wissen ist seicht und unzulänglich. Er betet nur seine Klassiker nach, ohne sie kritisch zu reflektieren. Unser gegenwärtiger Kaiser und die Kaiserinwitwe gehen mit der Zeit. Sie opfern all ihre Energie für den Dienst an ihrem Land. Sie lieben das Volk wie ihre eigenen Söhne und verstehen dessen Bedürfnisse. Sie sind wie die Sonne, die alles mit ihrem Glanz erhellt. Die großen Bäume wie die kleinen Gräser erfreuen sich ihrer Gnade. Doch Sein Geist ist beschränkt und engstirnig. Er ist in seiner Routine festgefahren und staunt daher über die kleinste Veränderung.«
    Dieses Scheusal von einem Henker gab sich immer noch nicht zufrieden: »Seine Exzellenz Qian hat Euren ergebenen Diener außerdem zweier Zähne beraubt«, sagte er.
    Seine Exzellenz Yuan stampfte auf und sagte erbost: »Großmutter Zhao diente unter drei Generationen von Herrschern in den Gefängnissen des Strafministeriums. Seit vielen Jahren führt er für den Staat Hinrichtungen aus, er ist ein Meister seines Faches und hat sich besondere Verdienste erworben, so daß selbst die Kaiserinwitwe und der Kaiser ihn belobigt und ausgezeichnet haben. Er, ein kleiner Kreispräfekt, erdreistet sich, ihm die Zähne auszuschlagen! Wo bleibt seine Loyalität gegenüber dem Kaiserhaus?«
    Ich war von Kopf bis Fuß gelähmt, als hätte man mir einen elektrischen Schlag versetzt und war so durchgeschwitzt, als sei ich angezogen in einen Teich gestiegen. Die Beine versagten mir, und ich fiel auf die Knie, und flehte unter zahllosen Kotaus um Gnade: »Euer ergebener Diener war verblendet und intolerant, er hat die Großmutter angegriffen und die Würde des Herrscherhauses geschmäht, sein Verbrechen verdient mit tausend Toden bestraft zu werden, doch hofft er auf Eure Vergebung!«
    Seine Exzellenz räusperte sich lang und vernehmlich, bevor er antwortete: »Er hat den Hof mißachtet und das Volk gedemütigt und verdient eine strenge Bestrafung. Doch wenn wir Seine Unterstützung für Generalgouverneur Knobel in Betracht ziehen, dem Er den Rebellenführer Sun

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