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Die sanfte Hand des Todes

Die sanfte Hand des Todes

Titel: Die sanfte Hand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abbie Taylor
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hinter ihr. Dawn teilte die Patienten für die drei Mitarbeiter der Nachtschicht auf.
    »Pam, übernimmst du das hintere Drittel? Clive kümmert sich um die acht mittleren Betten, und ich nehme den vorderen Teil und das Einzelzimmer.«
    »Alles klar.« Pam faltete die Daily Mail zusammen und
rappelte sich auf. Clive nahm die Liste seiner Patienten entgegen und trollte sich wortlos.
    Dawn drehte eine schnelle Runde. Danielle Jones schlief, sie lag auf der Seite und hatte sich die Decke über den Kopf gezogen, so dass nur ihr Haarschopf herausschaute. Dawn überflog die Fieberkurve am Fußende ihres Bettes. Danielles Werte waren stabil, und sie hatte im Lauf der vergangenen Stunde genug Wasser gelassen. Dawn legte eine neue Kurve an und ließ Danielle schlafen.
    Lewis im Einzelzimmer war noch wach; das Licht brannte. Man hatte das käfigartige Drahtgestell von seinem Unterschenkel entfernt. Sein ganzes Bein vom Fuß bis zur Hüfte steckte in einem Gips. Lewis wälzte sich hin und her, stützte sich auf die Hände, stöhnte auf und ließ sich wieder auf die Matratze zurücksinken.
    »Ganz schön unbequem, hm?«, sagte Dawn. »Wie war die Operation?«
    »Ganz okay«, antwortete Lewis und drehte sich noch einmal herum. »Aber jetzt tut es ziemlich weh.«
    »Wirken die Schmerzmittel, die Mandy dir gegeben hat, nicht?«
    »Nichts hat geholfen. Ich habe es heute immer wieder gesagt, aber anscheinend glaubt mir keiner. Ich denke mir das nicht aus, Schwester! Letztes Mal war es längst nicht so schlimm. Ich habe das Gefühl, überhaupt keine Schmerzmittel bekommen zu haben!«
    »Vielleicht braucht die letzte Dosis noch eine Weile, um zu wirken«, beruhigte Dawn ihn. »Versuch einfach, ein bisschen zu schlafen. Ich komme gleich wieder, um nach dir zu sehen, okay?«
    »Okay.«
    Dawn beendete ihre Runde. Die meisten Patienten waren erfreut, sie zu sehen.

    »Sie haben heute Nacht Dienst, Schwester?«, fragten sie. »Sie armes Ding, an einem Freitagabend hier bei uns sein zu müssen!« Eine ältere Dame ergriff ihre Hand und sagte: »Wie schön, Ihr hübsches Gesicht zu sehen. Heute Nacht sind wir in guten Händen, das weiß ich.«
    Später setzte Dawn sich an den Tresen und schrieb ihren Bericht. Die Oberlichter waren ausgeschaltet, und nur noch die Schreibtischlampe auf dem Schwesterntisch und einige wenige Leseleuchten über den Betten erhellten die Station. Einige Patienten hatten den Vorhang um ihr Bett gezogen und ihre Nischen in blau schimmernde Würfel verwandelt.
    Plötzlich war Lewis’ Stimme aus dem Einzelzimmer zu hören. »Schwester! Schwester!«
    Dawn stand auf und ging zu ihm. Lewis war schweißnass, er wälzte sich immer noch im Bett herum.
    »Kann ich nicht bitte irgendwas bekommen?«, flehte er. »Ich habe solche Schmerzen.« Das Haar klebte ihm in der Stirn. Er kniff die geröteten Augen zusammen, als würde er jeden Augenblick zu weinen anfangen.
    »Das Morphium wirkt immer noch nicht?«, fragte Dawn.
    »Nein. Es wird immer schlimmer!«
    Er zitterte am ganzen Leib, sein Bein zuckte im Gips. Es war ungewöhnlich, einen Patienten so leiden zu sehen, selbst kurz nach der Operation. Mandy hatte recht, Lewis nörgelte normalerweise nicht herum. Irgendetwas stimmte nicht. Dawn war unbehaglich zumute.
    Sie untersuchte sein Bein. Soweit sie es beurteilen konnte, bluteten seine Wunden nicht. Sie berührte seine Zehenspitzen.
    »Kannst du das fühlen?«
    »Ja.«
    »Und das?«
    »Ja.«

    Allem Anschein nach waren keine Nerven beschädigt worden. Und seine Zehen waren warm. Dawn steckte einen Finger unter den Gips, um Lewis’ Puls zu fühlen. Er ging schnell. Sie überprüfte den Blutdruck: sehr hoch, was darauf hinwies, dass Schmerzen der Grund für den schnellen Puls waren und nicht etwa Schlimmeres. Dennoch war Lewis’ Zustand beunruhigend. Alle Alarmglocken schrillten. Auf einmal ahnte Dawn, womit sie es hier zu tun hatte: Lewis litt am Kompartmentsyndrom. Sie war der Komplikation, die die Orthopäden mehr fürchteten als alles andere, seit Jahren nicht mehr begegnet. Wenn sie richtiglag, bestand die Gefahr, dass Lewis das Bein verlor.
    Sie ließ sich nichts anmerken. »Ich sag dir was«, erklärte sie, »ich werde den Chirurgen bitten raufzukommen und sich dein Bein anzusehen. Zur Sicherheit. Und in der Zwischenzeit hole ich dir ein Schmerzmittel.«
    »Okay. Aber bitte beeilen Sie sich!«
    Dawn lief zum Tresen und piepte den Arzt an. Heute Nacht war Katherine im Dienst, eine freundliche, unkomplizierte Frau, mit

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