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Die sanfte Hand des Todes

Die sanfte Hand des Todes

Titel: Die sanfte Hand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abbie Taylor
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vom Bengali Star, gratis!«
    »Und Sie haben Dr. Coulton gesehen?«
    »Ja, und ob!«
    Dawn überlegte, drehte die Ampulle zwischen den Fingern hin und her. Das war also der Beweis. Dr. Coulton konnte unmöglich der Erpresser sein. Es war wie beim Sudoku; sie war an einer kniffligen Stelle hängen geblieben, aber nun leuchtete plötzlich die richtige Zahl vor ihrem inneren Auge auf, und der Rest kam wie ein Feuerwerk hinterher, peng, peng, peng. Eine Zahl nach der anderen rutschte wie von selbst an die richtige Stelle.
    »Stinklangweiliger Typ, nicht?«, sagte Pam. »So was Langweiliges habe ich noch nie gehört. Am Ende war die Hälfte der Zuhörer eingeschlafen.«
    »Wirklich?«, fragte Dawn geistesabwesend.
    »O ja! Sogar Professor Kneebone. Clive hat mich in die Seite gestupst und mir gezeigt, wie er vorn in der ersten Reihe eingedöst ist.«

    Dawn fuhr hoch. »Clive?«
    »Ja.«
    »Clive war auch bei dem Vortrag?«
    »Ja. Wir haben ihn beim Reingehen getroffen und ihm von dem Gratismittagessen erzählt, und da ist er mitgekommen, wegen der Pakoras.«
    »Aber …« Verwirrt betrachtete Dawn das Poster. »Aber er kann unmöglich …« Wenn Clive bei Dr. Coultons Vortrag gewesen war, konnte er zum Zeitpunkt von Mrs. Walkers Tod unmöglich auf der Station gewesen sein. Die Sudokuzahl war falsch, das ganze Rätsel ungelöst. Aber wie konnte er es nicht sein? Einen kleinen Vorgeschmack haben Sie schon gekriegt . Was sonst hatte er damit gemeint? Was? Was?
    »Warten Sie mal.« Pam hob den Zeigefinger. »Nein, jetzt, wo ich drüber nachdenke … Clive war beim Essen nicht mehr dabei. Er hat sich rausgeredet und ist nach ein paar Minuten verschwunden.«
    Dawn bemühte sich, Pam zu folgen. »Clive hat Dr. Coultons Vortrag einfach verlassen?«
    »Ja, genau. Er meinte, er hätte seinen Stift auf der Station vergessen. Wie ich schon sagte, eine Ausrede. Und dann hat er sich furchtbar ungeschickt angestellt, ist den Leuten auf die Füße getreten und so …« Pam verstummte. »Dawn? Ist alles in Ordnung?«
    »Ja, Verzeihung. Ich habe nur nachgedacht.«
    Das Sudoku war schließlich doch gelöst, die gesuchte Zahl endlich an ihrem Platz. Auf einmal sah Dawn es deutlich vor sich, so klar, als hätte sie es mit eigenen Augen beobachtet. Wie Clive nach dem Streit wütend davonstampfte. Wie er in der Lobby auf Pam und die anderen stieß und sich zum Mitkommen überreden ließ. Wie er, als Dr. Coulton von Zytokinen und Interleukinen schwafelte, seinen Fehler einsah und nach einer Möglichkeit suchte,
aus der Situation zu entkommen. Wie er sich zum Ausgang durchkämpfte, wütend darüber, noch einmal auf die Station zurückkehren zu müssen. Wahrscheinlich hatte er gehofft, Dawn nicht noch einmal zu begegnen, und sich durch die Flügeltüren geschlichen, und dann … Und dann was? Was genau hatte er gesehen? Den Monitor über Mrs. Walkers Bett, dessen Ausschläge abflachten und den nahenden Tod anzeigten. Und Dawn, die seelenruhig und mit einer Spritze in der Hand am Bett der Patientin stand. Vielleicht hatte er sofort begriffen, was vor sich ging. Vielleicht war er erst später darauf gekommen. So oder so konnte sie sich seine diebische Freude nur zu gut vorstellen, die Genugtuung, die er empfunden haben musste, als er seine Chance sah, Rache zu nehmen.
    Mehr als Rache …
    Dawn betrachtete ihren Schreibtisch. Neben der Computertastatur lag die Liste mit den F-Namen. Etwas fiel ihr auf: Einer der Namen stach heraus, er sprang ihr ganz offensichtlich ins Auge. Die Schrift schien größer, die Buchstaben fetter als bei den anderen Patienten. Seltsam, dass sie es nicht schon früher bemerkt hatte. Offenbar hatte der Name ihr etwas bedeutet, als sie ihn vom Monitor abschrieb. Sie war unbewusst daran hängen geblieben, und nun verstand sie, warum. Nun verfügte sie über die notwendigen Informationen.
    James Franks. Dreißig Jahre alt. Er würde in einer Woche ins St. Iberius kommen, um sich an der Hand operieren zu lassen.
    Fast alle im St. Iberius kannten Franks. Er war ein stadtbekannter Dealer und häufig in der Notaufnahme zu Gast. Mal wegen einer gebrochenen Hand, mal mit punktierter Lunge nach einer Messerstecherei. Einmal mit gebrochenem Kiefer. Und ein anderes Mal war er zusammen mit einer
ganzen Gruppe von verletzten Gangmitgliedern eingeliefert worden, eskortiert von Polizisten. Eine junge Beamtin, kaum älter als achtzehn Jahre, hatte damals sein Bett bewacht; vor dem Vorhang, mit einem riesigen Gewehr auf den Knien.

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