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Die sanfte Hand des Todes

Die sanfte Hand des Todes

Titel: Die sanfte Hand des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Abbie Taylor
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hole Boris ab.«
    »Ah, ich verstehe.« So einfach war das. »Ja, das würde klappen. Milly hält sich tagsüber im Garten auf, du müsstest einfach nur das Tor öffnen.« Sie zögerte. Milly war nicht gern
allein, aber würde sie mit jemandem mitgehen, den sie gar nicht kannte?
    »Sollen wir beim ersten Mal zusammen gehen?«, fragte sie. »Nur damit Milly uns miteinander sieht. Leider arbeite ich den ganzen Tag, deswegen würde es mir abends besser passen.« Sie hielt inne. Sie hatte keine Ahnung, was Will abends machte. Hatte er eine Freundin? Kinder? War er Laienpriester? So persönlich war ihre Unterhaltung im Café nicht gewesen. »Oder morgen«, fügte sie schnell hinzu. »Morgen habe ich einen halben Tag frei. Würde dir das passen?«
    Will antwortete: »Morgen wäre gut.«
    »Wunderbar.« Sie gab ihm ihre Telefonnummer und Adresse. Sie verabredeten sich für den nächsten Nachmittag vor dem Haus.
    »Bis dahin«, sagte sie.
    Sie legte auf und wischte sich über die Stirn. Puh! Will war anstrengend, keine Frage. Er hatte die seltsame Angewohnheit, jeden Satz mit einer längeren Pause einzuleiten, so als müsste er überlegen, was er als Nächstes sagte. Es war, als versuchte man, sich über Satellit mit jemandem zu unterhalten, der Millionen Lichtjahre entfernt wohnte und nicht in Streatham. Immerhin hatte er sich gegen Ende des Telefonats ein wenig entspannt, und Milly schien ihn im Café auf Anhieb gemocht zu haben. Hauptsache, sie musste nicht mehr den ganzen Tag allein auf der Veranda verbringen.
    Nachdem sie zwei Schüsseln Wasser getrunken hatte, sah sie schon viel zufriedener aus. Ihre Nase war feucht, ihre Augen glänzten hellwach. Sie ließ die Zunge heraushängen und schenkte Dawn ein breites Labradorgrinsen. Dawn streichelte ihren Kopf. »Das wäre geklärt«, sagte sie.

Kapitel 8
    »Was, zum Teufel, will der denn hier?«, zischte Mandy.
    Dawn schaute vom Schreibtisch auf. Seit sechs Stunden zerbrach sie sich den Kopf über den Einsatzplan des kommenden Monats. Die Unterbrechung war ihr willkommen.
    »Wer?«, fragte sie.
    »Na, er«, sagte Mandy und nickte in Richtung Tür.
    Vor dem Lagerraum stand Dr. Coulton, die Hände hinter dem Rücken verschränkt. Sein weißer Kittel warf an den Schultern Falten, so dass er aussah wie ein riesiger, bleicher Geier.
    »Er schleicht schon den ganzen Morgen hier herum«, beschwerte sich Mandy. »Scheint sich plötzlich sehr für die Ernährungsschläuche zu interessieren, oder was auch immer. Er geht mir auf die Nerven. Er wartet bestimmt nur darauf, angesprochen zu werden, damit er pampig reagieren kann.«
    Dawn erinnerte sich an ihre letzte Begegnung mit Dr. Coulton, neulich in der Cafeteria, als sie ihr Tablett beiseitegestellt und ihn mitten im Gespräch stehen gelassen hatte. Sie musste einen merkwürdigen Eindruck hinterlassen haben. Es könnte nicht schaden, das Ganze richtigzustellen. Sie erhob sich.
    »Ich werde mit ihm reden«, sagte sie. »Mal sehen, was er will.«
    Dr. Coulton kehrte ihr den Rücken zu, als sie sich näherte. Er schien sich tatsächlich sehr für den Lagerraum zu interessieren, stand mit in den Nacken gelegtem Kopf davor
und ließ den Blick über Regale und Schränke gleiten. Dawn schaute in den Raum, konnte aber nichts erkennen als die neueste Lieferung von Kathetern, die in einer Kiste auf dem Boden standen. Als sie Dr. Coulton fast erreicht hatte, stellte sie fest, dass er nicht den Lagerraum im Auge hatte, sondern den Patienten im Zimmer daneben.
    Sie trat zu ihm. »Guten Morgen.«
    Dr. Coulton drehte sich um. Das unvorteilhafte Oberlicht warf tiefe Schatten auf seine Wangenknochen und Schläfen, so dass sein länglicher Kopf etwas Totenschädelartiges bekam. Als lebte er unter der Erde, hatte Mandy gelästert. So weit wäre Dawn nicht gegangen, aber er sah tatsächlich sehr bleich aus.
    »Sie wirken so«, sagte sie, »als benötigten Sie Hilfe.«
    Dr. Coulton sah sie mit der alten Herablassung an.
    »Ja«, erwiderte er, »die brauche ich tatsächlich. Ich habe mich gefragt …«
    Er unterbrach sich. Dawn hörte Schritte hinter sich. Mandy war im Anmarsch, um das Gespräch mitzuhören.
    Aufmunternd sagte sie zu Dr. Coulton: »Ja? Was wollten Sie sagen?«
    Wieder spähte Dr. Coulton ins Einzelzimmer.
    »Ich habe nur nach dem Patienten gesehen«, gab er zur Antwort. »Sieht so aus, als wäre sein Infusionsbeutel leer. Die Schwestern täten gut daran, seinen Tropf im Auge zu behalten.«
    Mit flatternden Kittelschößen eilte er von

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